Nach dem Mord mit Ausbeinmesser: War anschließender Unfall ein Selbstmordversuch?

War der Verkehrsunfall des mutmaßlichen Backnanger Mörders ein Selbstmordversuch? Im Prozess gegen diesen sagte jetzt einer seiner Kumpels vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts aus, dass der 29-Jährige nach der Tat einen seltsamen Eindruck gemacht habe. „Es könnte sein, dass ich einen Unfall baue und sterbe, verzeiht mir“, habe dieser per Handy mitgeteilt.
Der vorsitzende Richter, Norbert Winkelmann, hatte auch Polizeibeamte geladen, um herauszufinden, ob der Angeklagte und seine 25-jährige Frau telefoniert haben, bevor diese laut Anklage am 4. Mai 2021 nach fünf wuchtigen Messerstichen mit einem Ausbeinmesser, wovon einer das Rückenmark durchtrennte, in der gemeinsamen Backnanger Wohnung innerlich verblutete. Es blieb beim Versuch.
Mord „im Affekt“ hat der Angeklagte bereits gestanden
Dass er die Frau, mit welcher er nach islamischem Recht verheiratet war, „im Affekt“ getötet habe, hat der Angeklagte bereits gestanden (wir berichteten). Das Gericht hat nun einen Kumpel aus dem Fitnessstudio des Angeschuldigten gehört. „Kennen Sie den Herrn mit der grünen Maske?“, empfing der Richter den Kumpel im Zeugenstand. „Ja“, sagte der Zeuge mit Blick auf den Angeklagten. „Ich bin am 1. Dezember 2018 nach Backnang gezogen und habe ihn drei oder vier Wochen später im Fitnessstudio kennengelernt.“ Allerdings als Syrer und nicht als Türke, bestätigte der Zeuge das Ergebnis der bisherigen Beweisaufnahme, dass der Angeklagte unter Falschpersonalien in Deutschland Asyl beantragt hat und bis in das Ermittlungsverfahren hinein samt Aufenthaltserlaubnis auch als Syrer unter falschem Namen gelaufen ist.
Die getötete 25-Jährige kenne er nicht und habe sie auch nie gesehen, fuhr der Kumpel des Angeklagten fort. Letzterer habe ihm nur erzählt, dass er mit seiner Cousine verlobt sei und dass er öfter Stress mit seinen Schwiegereltern habe. Nach der Tat habe der Angeklagte ihn mit trauriger Stimme angerufen und seltsame Sachen gesagt wie: „Leben ist leben und sterben. Ich bin jetzt mit dem Auto unterwegs. Wenn ich einen Unfall baue, tot bin und wir uns nicht mehr sehen, verzeiht mir.“
Der Unfall, bei welchem der Angeklagte bei Großbottwar auf schnurgerader Strecke sein Auto auf den Kopf gestellt hat, passierte dann auch noch am Tag nach der Tat. Dass nach dem Mann gefahndet wird, „weil er seine Frau abgeschlachtet“ hat, bekam der Kumpel aus dem Fitnessstudio noch mit.
Hat die Getötete die falsche Identität ihres Mannes auffliegen lassen?
Wurde die Frau erstochen, weil sie die falsche Identität ihres Mannes auffliegen lassen und diesen bei der Polizei angezeigt hat? Das vermutet Staatsanwalt Wolfgang Friedrich bislang als Tatmotiv. Daran, dass die Frau dabei war, als sich der Beschuldigte bei einem Rechtsanwalt danach erkundigte, ob er durch eine Eheschließung eine Abschiebung verhindern kann, konnte sich der Anwalt als Zeuge vor Gericht nicht erinnern. Er habe sich lediglich ihre Handynummer aufgeschrieben. Der Kontakt sei über einen Kollegen aus dem Ausländerrecht zustande gekommen und der Angeklagte habe ihn gefragt, ob er verhindern kann, dass er zur Polizei nach Backnang muss. „Es ging um die Richtigstellung von Personalien“, erklärte der Anwalt. Zielrichtung sei gewesen, dass der Angeklagte, welcher auch in der Türkei der Strafverfolgung ausgesetzt gewesen sei, in Deutschland bleiben kann.
Über die Getötete kam im Backnanger Mordprozess bisher wenig zutage. Ihr Vater, der als Nebenkläger auftritt, war nicht gerade einverstanden mit dem Mann seiner Tochter, eine Schwester gab an, sie habe sich gerne geschminkt, und Arbeitskollegen kannten sie kaum. Keiner der Zeugen konnte Angaben zum Umgang des ehemaligen Paares miteinander machen außer einer Nachbarin, die meinte, der Mann sei der Übergeordnete gewesen.