Buoch Spitze bei der Wahlbeteiligung
Remshalden. Weniger als die Hälfte der Remshaldener Wahlberechtigten haben am Sonntag bei der Bürgermeisterwahl ihr Wahlrecht wahrgenommen. Im Sinne der Demokratie ist das für sich genommen erschreckend wenig – aber es ist kein Ausreißer. Die Zahl liegt in dem Bereich der üblichen Beteiligung bei Bürgermeisterwahlen in Baden-Württemberg. Eine Ausnahme ist der Teilort Buoch, wo zwei ortsansässige Kandidaten offenbar mobilisiert haben.
„Ich glaube einfach, die Bürgerschaft wollte mal ein neues Gesicht“, das ist Stefan Breiters Fazit zur Wahl – allerdings nicht zu der in Remshalden, wo am Sonntag Reinhard Molt als Breiters Nachfolger erkoren wurde, sondern zur Oberbürgermeisterwahl in Freiburg. Dort ist Breiter seit 1. April Finanzbürgermeister. Und sein Chef, Amtsinhaber Dieter Salomon, ging am Sonntag krachend im zweiten Wahlgang unter. Wegen der parallel stattfindenden Wahl konnte Breiter nicht nach Remshalden kommen, verfolgte aber die Entwicklungen dort auf dem Handy.
So bekam er mit, dass in Remshalden etwas ganz anderes als in Freiburg passierte: Das bekannte Gesicht Reinhard Molt, der bereits von 2000 bis 2012 Technischer Beigeordneter in Remshalden war, setzte sich klar durch. Das Ergebnis war auch für Breiter nicht überraschend, er sagt aber: „Ich fand die Kandidatur von Herrn Schäufele toll, dass er mit seiner natürlichen Art sagte, er könnte ein Angebot sein.“
Dieses Angebot kam bei fast 20 Prozent der Wähler gut an. Wobei Schäufeles Wohnort Buoch ein Ausreißer nach oben war. Im neben Rohrbronn kleinsten Wahlbezirk holte Reinhard Molt weniger als 46 Prozent der Stimmen, während Schäufele auf fast 35 Prozent kam und der zweite Lokalmatador, Axel Fischer, 17 Prozent erhielt (insgesamt 6,24 Prozent). In Buoch lag auch die Wahlbeteiligung mit fast 60 Prozent (ohne Briefwähler) deutlich über den anderen Wahllokalen, bei denen manche nicht einmal auf 40 Prozent kamen. Schlusslicht ist Grunbach-Südost im IHK-Bildungshaus mit gerade mal 33 Prozent Wahlbeteiligung (auch hier jeweils die Briefwahlstimmen nicht eingerechnet).
Es fehlten polarisierende Themen und Mitbewerber auf Augenhöhe
Durch einen Fehler bei der Übertragung der Daten ins System im Kommunalen Rechenzentrum gab es am Sonntagabend noch etwas Verwirrung um die Wahlbeteiligung. Im System stand für längere Zeit noch die Zahl 43,69 Prozent. Richtig ist, das hat die Gemeinde Remshalden am Montag bestätigt: 48,89 Prozent. Unabhängig von den Zahlen fanden viele Remshaldener die Wahlbeteiligung „zu niedrig“ und „traurig“. Es ist allerdings keine ungewöhnliche Größenordnung. Laut Statistischem Landesamt lag zwischen 2010 und 2015 die durchschnittliche Wahlbeteiligung in Baden-Württemberg nur knapp über der 50-Prozent-Marke. In Urbach waren es bei der Wahl vor zwei Wochen knapp 61 Prozent. Dort gab es mit Dieter Schienmann und Martina Fehrlen aber auch zwei Kandidaten auf Augenhöhe, mit deutlich unterschiedlichem Profil und mit dem Waldhaus ein polarisierendes Thema, über das gleichzeitig mit der Bürgermeisterwahl in einem Bürgerentscheid abgestimmt wurde.
Wahlsieger Reinhard Molt meint zur Wahlbeteiligung: „Ich hätte mich bei einer Zahl über 50 Prozent mehr gefreut. Aber ich denke, der Situation ist es gerecht, das passt.“ Angesichts der klaren Stimmenzahlen für ihn – am Ende waren es knapp 72 Prozent und damit rund 52 Prozentpunkte Abstand zum Zweitplatzierten Klaus Schäufele – sei er allerdings „etwas sprachlos“ gewesen am Sonntagabend, sagt Molt. „Ich habe nicht damit gerechnet. Das gibt mir natürlich auch Rückenwind.“
Am 1. Juli will Molt sein Amt antreten
Ansonsten gibt sich Molt gewohnt nüchtern: „Bei mir bricht jetzt kein neues Zeitalter an“, sagt er auf die Frage nach seiner Gefühlslage. „Ich freue mich auf die interessanten neuen Aufgaben.“ Ein bisschen Zeit für Vorfreude hat er noch. Bis zum 1. Juli, so ist sein Ziel, will er in Remshalden sein Amt antreten. Genaueres muss er noch mit seinem bisherigen Arbeitgeber, der Stadt Filderstadt, verhandeln, wo er Baubürgermeister ist. Wegen dieses Jobs fiel die Feier seines Wahlsiegs auch eher kurz aus. Gegen halb zwölf habe er sich mit seiner Familie auf den Heimweg nach Lorch gemacht, erzählt Molt. Seine 19-jährige Tochter Lara saß am Steuer, so dass er sich ein paar Gläschen Sekt genehmigen konnte. Doch um 6 Uhr morgens stand der 53-Jährige schon wieder auf und machte sich wieder auf den Weg ins Filderstädter Rathaus.
Einen Nachtrag zum Wahlabend hat Reinhard Molt allerdings auch noch: „Ich hätte mir gewünscht, dass am Sonntag die anderen Kandidaten mit dabei gewesen wären. Dann hätte ich mich noch mal ausdrücklich für den fairen Wahlkampf bedankt.“ Außer ihm hat sich jedoch kein Mitbewerber im Rathaus gezeigt.
Wo waren die anderen Kandidaten?
Wo waren eigentlich die anderen Kandidaten? Nun, Thomas Hornauer, weilt in Thailand in seinem „Paradise Valley“, wie man am Montag einer Video-Botschaft von ihm entnehmen konnte. Klaus Schäufele sagt auf Anfrage: „Das war für mich von vornherein klar, dass ich bei dem Ergebnis auch nicht anstandshalber komme.“ Herrn Molt habe er per E-Mail gratuliert. Seine knapp 20 Prozent sieht Schäufele zwar als „beachtlichen Erfolg“, etwas enttäuscht sei er aber schon: „Dass das Ergebnis in dieser Eindeutigkeit ausfällt, war für mich doch überraschend.“ In der Kürze der Zeit habe er leider seinen mangelnden Bekanntheitsgrad nicht wettmachen und seine Themen nicht überzeugend genug aufbereiten können. Möglicherweise haben die Remshaldener aber nicht das letzte Mal von Klaus Schäufele gehört. Es könnte sein, dass er im kommenden Jahr für den Gemeinderat kandidiere, eröffnet der 56-Jährige.
Die ganze Berichterstattung zur Wahl in Remshalden gibt es auf www.zvw.de/wahl-check-remshalden
Die „Sonstigen“: Wer noch Stimmen bekam
28 Stimmen (0,7 Prozent) entfielen bei der Wahl in Remshalden auf Bewerber, die nicht auf dem Stimmzettel standen und die Wähler in die freie Zeile am Ende eingetragen haben.
Stimmenkönig der „Sonstigen“ ist mit sechs Nennungen Boris Palmer, der Tübinger OB, der als Sohn des legendären Helmut Palmer aus Remshalden stammt.
Neben bekannteren und weniger bekannten Namen aus Remshalden hat auch Jupp Heynckes, Trainer der Fußballmanschaft des FC Bayern München, eine Stimme erhalten.