Liebe, Krieg und Leidenschaft: Die Buocher Bühnenfreunde führen "Helden" auf

Die Buocher Bühnenfreunde sind startklar: An diesem Samstag öffnen sie erstmals den Vorhang für das aktuelle Stück „Helden“. Es basiert auf dem gleichnamigen Roman von George Bernard Shaw, der auf heitere Weise die „Pseudohelden“ des Krieges demaskiert.
Ein kleiner Strahler im Hintergrund lässt Mondlicht seitlich einfließen. Vor dem geöffneten Fenster ihres Schlafzimmers genießt Raina, die wohlerzogene Tochter einer hochgestellten bulgarischen Offiziersfamilie, die Abendluft und den Blick auf die Bergkulisse. Dann bricht Knall auf Fall die Realität des draußen tobenden Kriegs über das Idyll herein.
Schon die ersten Szenen sind rasant
Ein Soldat dringt über den Balkon in das Schlafgemach ein, um seinen Verfolgern der bulgarischen Armee zu entkommen. Schreckmoment für Raina, doch sie bewahrt einen kühlen Kopf, versteckt den „Feind“ hinter dem Vorhang. Er mit dreckiger Kleidung, sie standesgemäß im edlen Pyjama – so begegnen sich der aus der Schweiz stammende Hauptmann Bluntschli (lebendig und gestenreich dargestellt von Andreas Dietrich) und Raina zum ersten Mal. Daraus wird eine mit unterhaltsamer, auch tiefgreifender Dramatik ausstaffierte Dreiecksliebelei. Sie hin- und hergerissen zwischen ihrem Verlobten Major Sergius Saranoff alias Alexander Erhardt – dem vermeintlichen „Helden“ – und dem in ihr Leben gestolperten Schweizer „Antihelden“, der aus seiner Kriegsverachtung kein Geheimnis macht. Sehr präzise spielt Nicole Stockburger, die zum zweiten Mal mit den Bühnenfreunden im Scheinwerferlicht steht, das Wechselbad ihrer Gefühle.
„Beim Schweizer kann ich so sein, wie ich bin, mit meinem Verlobten ist das Verhalten arrangiert“, beschreibt sie. Ihre überzeugende Körpersprache, mit der sie die feinen Manieren aus gutem Hause einsetzt, zeigt gut, was ihre Rolle vorsieht: Sie soll ihren Verlobten kindlich-naiv anbeten für den auf ihn zurückzuführenden „Sieg“, zugleich wird anhand ihrer Figur das schwärmerische Bild vom Soldatentum desillusioniert. Ihre Rolle beinhalte wenig Monologe, dafür müsse sie oft reagieren auf ihre Mitspieler. „Für mich ist die größte Herausforderung, mich zu echauffieren und überzeugend zu hyperventilieren“, sagt sie.
Erste Probe im Kostüm
Die Generalprobe ist für alle eine neue Situation, erstmals begegnen sie sich in Kostümen und mit kompletter Maske. „Heute sind wir voll aufgebrezelt“, witzelt Konrad Mahler. Letztmals standen die Buocher Bühnenfreunde 2019 auf der Bühne, es ist ihr erstes Stück seit der Pandemiepause. Weil ihnen ein paar Mitspieler abhandengekommen seien, hätten sie sich vom ursprünglich vorgesehenen Stück „Der Lampenschirm“ verabschiedet, das für zwölf Schauspieler vorgesehen gewesen sei.
Heute feiern sie mit einer personell ideal besetzten Antikriegskomödie Premiere, in einer Zeit, die von Krieg in Europa geprägt ist. Der Dreiakter „Helden“ des irisch-britischen Dramatikers George Bernard Shaw ist angesiedelt zur Zeit des serbisch-bulgarischen Kriegs im Jahr 1885. Thema und Botschaft des Stücks lassen es an Aktualität nicht fehlen. „Wenn nur die armen Flüchtlinge nicht wären“, lautet ein Satz von Raina. Oder: „Krieg ist immer ein Geschäft.“
Wöchentliche Proben seit Januar
Aus Sicht von Akteurin Barbara Teichmann in der Rolle von Rainas Mutter Katharina bringt das Stück zum Ausdruck, „wie sinnlos Krieg und falscher Patriotismus sind“. Die Entscheidung für das Stück sei vergangenen Herbst gefallen. Nach Weihnachten seien textlich so weit alle sattelfest gewesen, seit Januar hätten sie wöchentlich geprobt. Während der Proben dauert es seine Zeit, bis jeder sich ungehemmt und ohne Genieren in seiner Rolle zeigen und öffnen kann. Zum ersten Mal macht Markus Rommel diese Erfahrung, eingesetzt in der Rolle des ältlichen Dieners Nikola.
Als aktiver Chorsänger sei er angesprochen und relativ schnell überredet worden, was er nicht bereue. „Mir gefällt es gut, mit anderen zusammen etwas zu erarbeiten.“ Was er in der kurzen Zeit schon alles über die Bühnenarbeit mitbekommen habe, vergleicht er mit einem „Puzzle, in dem jedes Teil passen muss“. Er lobt die Regiearbeit von Daniel Klumpp: „Er zeigt uns, was der Text an der Stelle bedeutet und was die Figur in dem Moment denkt und fühlt.“
Vor und hinter den Kulissen packen alle mit an, sie geben sich Mühe mit der Ausstattung, jeder Griff sitzt, sie sind ein eingespieltes Team. Am aufwendigsten sei das Kulisseschieben nach dem ersten Akt, wenn das Schlafzimmer von Raina zum Garten wird, da werden Blättervorhang, Pflanzen und Gartenmöbel platziert. Die vorgesehene Verwandlung der Kulisse in eine Bibliothek für den letzten Akt sei schneller über die Bühne zu bringen.
Wann können Interessierte das Stück sehen?
Die Premiere findet statt diesen Samstag, 18. März, um 19.30 Uhr. Es gibt noch Restkarten. Weitere Aufführungen folgen am Sonntag, 19. März, um 19.30 Uhr und am Montag, 20. März, um 15.30 Uhr, ebenso Freitag bis Sonntag, 24. bis 26. März, um 19.30 Uhr.
Info
Die Kostüme stammen aus dem Fundus des Staatstheaters. Zu sehen ist unter anderem ein mehr als 100 Jahre altes Kleid. Zum zweiten Mal führt Daniel Klumpp die Regie. „Helden“ ist das neunte Stück der Buocher Bühnenfreunde.