Künkelinhalle: Veranstaltungen nur unter strengen Auflagen

In der Künkelinhalle, in die seit 20 Jahren das Publikum strömt und eigentlich eine Veranstaltung auf die nächste folgt, ist Ruhe, genauer: gespenstische Corona-Stille eingekehrt. Bis auf Gerichtsverhandlungen, Gemeinderatssitzungen, Mitglieder- und Mitarbeiterversammlungen sowie Integrationskurse der Volkshochschule ist seit der Schließung vor dreieinhalb Monaten nichts los. Konzerte, Theateraufführungen, Lesungen, Abi- und Tanz-Bälle, IHK-Ehrungen und Messen wurden allesamt gestrichen. Mit einem Fest für die Abonnenten konnte – unter strengen Hygieneauflagen – am 24. Juni die erste größere Veranstaltung mit 99 Menschen stattfinden. Und jetzt erlaubt es die aktuelle Corona-Verordnung, dass vom 1. Juli an wieder Veranstaltungen mit bis zu 250 Personen möglich sind, vorausgesetzt, dem Publikum sind für die gesamte Dauer der Veranstaltung feste Sitzplätze zugewiesen, die Veranstaltung folgt einem im Vorhinein festgelegten Programm und es gibt ein Hygienekonzept. Ab 1. August sind Veranstaltungen sogar wieder mit bis zu 499 Personen erlaubt.
Bei Hallenmanager Sven Pflug hält sich die Begeisterung dennoch in Grenzen: Veranstaltungen, zu denen das Publikum in der Vergangenheit einfach in die Halle strömte, sich im dicht gedrängten Saal von Musik, Tanz und Theater mitreißen ließ und in der Pause noch launig bei einem Glas Sekt zusammenstand, wird es erst einmal nicht mehr geben. Schon im Eingangsbereich der Barbara-Künkelin-Halle sind mit grünen und roten Klebebändern auf dem Boden Laufrichtung und Abstände markiert. Aus Übersichtsgründen ist der Zugang vom Parkhaus geschlossen. In den Sälen darf nur nach Anweisung des Veranstalters auf den Stühlen Platz genommen werden, die nicht mit roten Zetteln gesperrt sind. Die Garderobe kann ebenfalls nicht genutzt werden: Auch hier ließen sich bei einem Ansturm vor und nach der Veranstaltung Sicherheitsabstände nicht einhalten. Damit sich vor und in den Toilettenräumen das Gedränge in Grenzen hält, sind auch dort Wege und Abstände markiert, außerdem dürfen nicht mehr als sechs Personen die Räume betreten, pro Spiegelseite kann nur ein Waschbecken genutzt werden.
Ist die Lust auf Veranstaltungen größer oder die Angst vor Corona?
Doch Veranstaltungen sind nicht nur kompliziert geworden, die Frage ist im Moment auch: Rechnen sie sich? Mit 220 zahlenden Gästen, die derzeit eingelassen werden dürfen, lassen sich keine Top-Acts finanzieren. Fraglich ist für Hallenmanager Pflug auch, ob bei den Menschen der Hunger nach Veranstaltungen oder die Angst vor Ansteckung größer ist. Sprich: Wird das Publikum überhaupt wieder strömen? Kopfzerbrechen macht ihm auch, wie er mit Veranstaltungen wie dem Kabarettabend mit Willy Astor am 11. September und der „Schwoba Komede“ am 14. September umgehen soll, für die bereits jeweils 740 Karten verkauft sind. Drei Möglichkeiten bietet die Situation in Deutschland aus Pflugs Sicht im Moment: Die Veranstaltungen fallen aus, die Karten werden zurückerstattet, die Künstler bekommen kein Geld – und die Agentur, mit der der Veranstalter zusammenarbeitet, geht pleite. Es könnten, das ist die zweite Möglichkeit, auch 220 Glückliche ausgelost werden, die die Veranstaltung besuchen können, der große Rest bekommt sein Geld zurück und die Agentur geht trotzdem pleite. Darum favorisiert Pflug Szenario Nummer drei: Die Veranstaltungen werden in eine Zeit verschoben, in der rentable Events wieder möglich sind. Darum hat er allein für die „Schwoba Komede“, die er schon im Frühjahr verschieben musste, bis Herbst 2021 zwei weitere Ersatztermine im Auge. Und obwohl das Programm für 2021/21 steht, Pflug weiß nicht, „wie und ob die Veranstaltungen stattfinden können“. Immer wieder gibt es Absagen, und nicht nur deshalb, weil Proben in den vergangenen Monaten zum Teil gar nicht möglich waren, es könnte im Herbst ja durchaus eine zweite Corona-Welle geben.
Als Landesgruppenvorsitzender des Inthega-Verbands bekommt Pflug jeden Tag auch mindestens zwei Anrufe von Kollegen, die nicht wissen, wie sie mit diesem Dilemma umgehen sollen. „Da ist große Hilflosigkeit, Verzweiflung und Existenzangst unter den Veranstaltern“, sagt Pflug und erinnert an die dramatische Situation, in der sich Künstler und Veranstaltungstechniker befinden: „Die stehen alle mit dem Rücken zur Wand.“ Immer wieder bekommt Pflug, der sich mit seinen Mitarbeitern auch in Kurzarbeit befindet, Anfragen von Künstlern, die verzweifelt nach einem Job suchen, weil ihnen alle Einnahmen weggebrochen sind. Und das in einer Branche, die vor der Coronakrise von den Umsätzen die fünftgrößte in Deutschland war.