Räume leer, HNO-Praxis in Schorndorf geschlossen: Kein Nachfolger für Dr. Kroker in Sicht

Er hat Schwerhörigkeit und Schwindel behandelt, Nebenhöhlenentzündungen und Allergien: Am 3. Januar war die Praxis von HNO-Arzt Dr. Gunnar Kroker für seine Patienten zum letzten Mal geöffnet. Nun hat er die Räume am Marktplatz nach 30 Jahren ausgeräumt und abgeschlossen – für den 67-Jährigen hat der Ruhestand offiziell begonnen. „Ich hatte eine gute Zeit in Schorndorf“, resümiert der Mediziner. Doch ein bitterer Wermutstropfen bleibt: Trotz mehrfacher Versuche konnte er seine Praxis nicht verkaufen. Einen Nachfolger hat er nicht gefunden.
Ein medizinisches Versorgungszentrum hatte zunächst Interesse
Zweieinhalb Jahre hat Gunnar Kroker vergeblich nach Interessenten gesucht, Inserate geschaltet, die Kassenärztliche Vereinigung kontaktiert. Eine Zeit lang sah es aus, als würde ein medizinisches Versorgungszentrum einziehen, doch die Hoffnung zerschlug sich. Als ein Problem bei der Suche nach einem Nachfolger hat er die angespannte Wohnungssituation im Rems-Murr-Kreis ausgemacht. Viele junge Mediziner gingen am Ende lieber in den Norden, in den Osten oder ins Ruhrgebiet, weil dort Häuser und Wohnungen günstiger seien.
Mittlerweile sagt er aber auch: „Ich habe bei meiner Suche ein ungünstiges Zeitfenster erwischt.“ Noch vor zehn Jahren hatte Kroker eigenen Angaben zufolge für seine Einzelpraxis mit einem Erlös von 100 000 Euro gerechnet. Diese Erwartung hat er begraben müssen. Verkaufen konnte er wenig, fast alles hat er mittlerweile entsorgt. „Das ist Usus unter den HNO-Kollegen“, sagt er. Der Trend bei den Ärzten gehe zu größeren Praxisverbünden.
1988 kam Dr. Kroker aus Dresden nach Schwäbisch Hall
Als Gunner Kroker Anfang der 90er Jahre nach Schorndorf kam, war das noch anders. Studiert hatte er in Dresden. 1988 war er ein Jahr vor der Wende nach langem Warten aus der DDR ausgereist und hatte dann als Assistenzarzt an einer Klinik in Schwäbisch Hall gearbeitet. Als er sich als HNO-Arzt niederlassen wollte, fiel seine Wahl unter mehreren Optionen auf Schorndorf. Noch gut kann er sich an seine erste Fahrt ins Remstal erinnern, als er von Welzheim kommend Richtung Schorndorf fuhr. „Es war Anfang Mai, es war Kirschblüte im Remstal. Das war faszinierend.“ Auch die Fachwerkhäuser am Marktplatz hätten ihn sehr beeindruckt.
Seine erste Praxis eröffnete er in der Römmelgasse – die habe er aber nur auf Umwegen und durch Beziehungen gefunden. „Als ich kam, war es schwierig, Praxisräume zu finden“, erzählt der 67-Jährige. Mit drei Arzthelferinnen fing er an, arbeitete als Belegarzt im Krankenhaus oft auch am Wochenende. „Samstags und manchmal auch sonntags hat man Visite gemacht“, erinnert er sich. Anfangs wohnte er mit seiner Familie in Schorndorf. Später kauften sie ein Haus in Urbach. „25 Jahre lang bin ich von Urbach nach Schorndorf gefahren.“ In dieser Zeit habe der Verkehr enorm zugenommen.
Von der Römmelgasse an den Marktplatz
Im Laufe der Jahre kamen neue Kollegen hinzu. „Es war eine komfortable Situation, wir waren vier HNO-Ärzte in der Stadt.“ Anfang 2000 zog er mit seiner Praxis an den Marktplatz in Räume im Eigentum der Palm-Stiftung. „Ich habe mich extrem wohlgefühlt“, sagt er. Nur die Parksituation sei nicht optimal gewesen für einen Belegarzt, der öfter mal während der Sprechstunde rausmusste ins Krankenhaus. Zum 31. Januar ist sein Mietvertrag mit der Palm-Stiftung geendet, nun ist er also wirklich im Ruhestand. „Ich habe mir bewusst nichts vorgenommen“, sagt er. Mit seiner Frau, ebenfalls Ärztin im Ruhestand, will er erst mal Urlaub machen, den neuen Lebensabschnitt langsam angehen lassen.
Dass er seine Praxis nicht verkaufen konnte, bedauert er. Enttäuscht ist er auch von der Kassenärztlichen Vereinigung, von der er mehr Unterstützung erwartet hatte. Aber, sagt er, „ich beklage mich nicht“.
Ein Privileg, Medizin studieren zu können
Als Privileg empfindet er es, dass er Medizin studieren konnte. „Ich hatte eine gute Zeit, habe drei Kinder großgezogen.“ Die Zusammenarbeit mit den anderen Ärzten in Schorndorf sei sehr gut gewesen, ebenso die Nähe zu den großen Kliniken wie dem Katharinenhospital und dem Marienhospital in Stuttgart. Auch für die Patienten sei die Situation sehr gut gewesen. „Es war“, sagt er rückblickend zufrieden, „eine tolle Zeit.“