Schorndorf: Schwimmen Frauen im Oskar-Frech-Bad bald „oben ohne“?

Frei oder bedeckt? Das ist hier die Frage. Was ist angenehm, was erlaubt und wen stört das überhaupt? Die Rede ist vom Oben-ohne-Baden in Schwimmbädern. Für Männer ist es selbstverständlich, nur mit der Badehose ins Becken zu steigen, für Frauen nicht unbedingt. Wie sieht es beim Oskar-Frech-Bad in Schorndorf aus? Dürfen hier Frauen „oben ohne“ schwimmen?
Das Thema machte in den vergangenen Tagen Schlagzeilen: In Berlin wurde eine Frau eines Schwimmbads verwiesen, weil sie ihre Brüste nicht bedecken wollte. Die 33-Jährige hatte sich im Sommer 2021 an einem Kinderplanschbereich im Plänterwald oben ohne gesonnt. Es folgte ein Polizeieinsatz. Doch die Frau wehrte sich – mit Erfolg: Nach ihrer Diskriminierungsbeschwerde bei der Ombudsstelle für das Landesantidiskriminierungsgesetz werden die Berliner Bäder-Betriebe in Zukunft ihre Haus- und Badeordnung geschlechtergerecht anwenden, so die Senatsverwaltung für Justiz und Antidiskriminierung.
Wie sind die nackten Tatsachen in der Daimlerstadt?
Und wie sieht es in Schorndorf im Vergleich zu anderen Städten aus? Im vergangenen Jahr hatten bereits mehrere Orte oberkörperfreies Schwimmen für alle Geschlechter in städtischen Bädern eingeführt – etwa Siegen in Nordrhein-Westfalen oder Göttingen in Niedersachsen. Auch die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover änderte Ende 2022 ihre Badeordnung. Demnach müssen „im Nassbereich“ städtischer Bäder nur noch die „primären Geschlechtsorgane“ bedeckt sein.
Von weiteren Nachahmern ist bislang nichts bekannt, aber die Frage hat wohl einen gewissen Reiz: Wenn eine Frau hüllenlos durchs Wasser im Schorndorfer Oskar-Frech-Bad kraulen würde, wäre das erlaubt? Wenn nein, wäre es denn möglicherweise erwünscht? Würde es Getuschel geben? Oder würde gar die Polizei gerufen?
Oben ohne ja, aber nicht am Kiosk oder beim Spaziergang durchs Bad
Fakt ist: Das Oben-ohne-Baden ist in den Schorndorfer Bädern generell nicht verboten, so lautet die Auskunft der Pressestelle. Vorfälle, bei denen sich die Frauen nur mit Badehose im Wasser bewegen, sind nicht bekannt. Bäderbetriebsleiter Jörg Bay lässt wissen, auch wenn die eine oder andere Frau „oben ohne“ schwimmen würde, achte das Badpersonal selbstverständlich darauf, dass die „guten Sitten sowie die Aufrechterhaltung der Sicherheit, Ruhe und Ordnung“ eingehalten werden. So steht es in der Haus- und Badeordnung.
Konkret heißt das zum Beispiel: Schwimmen „oben ohne“ wird toleriert, barbusig spazieren gehen und am Kiosk anstehen ist nicht gestattet.
Berliner Entscheidung stößt im Ausland auf Interesse
Die Entscheidung in Berlin ist auch im Ausland auf Interesse gestoßen. So berichtete der US-Sender CNN auf seiner Website darüber – und verweist auf eine lange FKK-Tradition in Deutschland, die ermögliche, was in angelsächsischen Ländern undenkbar erscheint. Die Deutschen würden ihre „Freikörperkultur“ lieben, heißt es. In der Tat ist die FKK-Bewegung oder auch Nudismus im ausgehenden 19. Jahrhundert in Deutschland entstanden. Die größte Verbreitung findet sich nach wie vor im deutschsprachigen Raum sowie in Skandinavien. Hintergrund der Bewegung ist, dass der nackte menschliche Körper nicht sexualisiert wird, sondern die Natürlichkeit und gesundheitlichen Vorteile des Nacktseins im Freien im Vordergrund stehen.
CNN zitierte sogar einen britischen Sozialpsychologen, der sagt, Deutsche gingen mit Nacktheit viel entspannter um als Amerikaner oder Briten. Menschen, die in Deutschland im öffentlichen Raum nackt seien, würden „nicht automatisch als gefährlich oder abweichend angesehen“, so Keon West von der Londoner Goldsmith-University.
Was sagen Umfrageergebnisse? Oben ohne im Schwimmbad - ja oder nein?
Wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur 2022 ergeben hatte, befürworten viele Erwachsene, Frauen das Oberteiltragen nicht unbedingt vorzuschreiben. 37 Prozent finden es demnach positiv, wenn etwa im Freibad der klare Dresscode – Frauen müssen Bikini oder Badeanzug tragen, Höschen reicht nicht – aufgehoben wird. Allerdings fanden bundesweit 28 Prozent das Oben-ohne-Baden von Frauen „nicht gut“.
Schorndorfs Oberbürgermeister Bernd Hornikel sagt zu der Entscheidung in Berlin: „Ich gehe nicht davon aus, dass die Entscheidung in Berlin zu einem extrem anderen Verhalten in den Schorndorfer Bädern führen wird.“