Schorndorf: Zu große Meinungsunterschiede - Kirsten Katz kehrt Grünen den Rücken

Es wird nicht langweilig im Schorndorfer Gemeinderat. Nach dem angekündigten Rückzug von Andreas Schneider, der sich der Pflege seiner Eltern widmen will, gibt es nun erneut Bewegung im Gremium. Kirsten Katz (63), seit 2019 für die Grünen im Gemeinderat, verlässt ihre Fraktion und wechselt als Hospitantin in die CDU-Fraktion.
Für Beobachter des Gemeinderats kommt das angesichts ebenso großer wie offener Meinungsunterschiede nicht überraschend. „Mein Abstimmungsverhalten hat zur Trennung von der Grünen-Fraktion geführt“, schreibt Kirsten Katz nun auch in ihrer Stellungnahme: Die politischen Inhalte hätten nicht mehr zusammengepasst. Tatsächlich waren es grundlegende politische Überzeugungen wie etwa zur Mobilitätswende, Familien- und Wirtschaftspolitik, die letztlich zu der Trennung geführt haben.
Eine 50-Stunden-Kinderbetreuung beispielsweise sah Katz ebenso kritisch wie eine annähernd autofreie Innenstadt in Schorndorf. „Ich bin liberal, wertkonservativ und mir der klimapolitischen Fragen bewusst“, sagt sie. „Für mich driften die Grünen zu sehr nach links.“
Debatte um Kulturförderung gab den Ausschlag
Ein Einschnitt war für sie im November 2022 die emotional geführte Debatte um die finanzielle Förderung des Kulturforums. Bei der Abstimmung wurde Kirsten Katz, die selbst ehrenamtlich im Kulturforum mitarbeitet, das Zünglein an der Waage.
Sie enthielt sie sich der Stimme und sorgte so unfreiwillig für ein unglückliches Patt. Dass sie mit ihrer Enthaltung eigentlich mehr Geld fürs Kulturforum erreichen wollte, hatte sie damals nicht klargemacht, räumt sie heute ein. Dass sie aber derartig angegriffen und sogar körperlich attackiert worden sei, das habe ihr so sehr zugesetzt, dass es den Ausschlag gab, über einen Wechsel nachzudenken.
Politische Schnittmenge liegt eher bei der CDU
So sieht sie nach vier Jahren in der Fraktion der Grünen die „Werte des Lebens und politische Schnittmenge bei Sachthemen“ eher bei der CDU verortet. Ihre Entscheidungen im Gemeinderat habe sie nach reiflicher Abwägung aller Argumente gefällt. Dabei sei sie jederzeit offen und transparent, gründlich und themenorientiert gewesen.
„Sachliche Argumente, bestmöglich faktenbasiert, sind für mich immer entscheidend, wenn ich abstimme. Wenn ich eine Meinung zu einem Thema habe, bleibe ich dabei. Es sei denn, die objektiven Umstände oder die Informationslage ändern sich.“ Ihrem Eid als Gemeinderätin, sich zum öffentlichen Wohl der gesamten Stadtbevölkerung einzusetzen, fühle sie sich verpflichtet.
Aus diesem Grund habe sie sich nie dem Druck einzelner Interessengruppen, Emotionen oder einer Ideologie gebeugt. Und: „Deshalb verlasse ich die Fraktion der Grünen, um in freier Entscheidung meinem Amt als Stadträtin zu dienen.“
Kirsten Katz: Das eigene Gewissen sehr wichtig
Bei den Grünen ist diese Entwicklung keine Überraschung. „Wir akzeptieren die Entscheidung und finden sie konsequent. Wir gehen nicht im Streit auseinander“, sagt die stellvertretende Fraktionschefin Friederike Köstlin. Zumal Kirsten Katz immer offen gewesen sei und gesagt habe, was sie vorhat.
Für Katz sei das eigene Gewissen sehr wichtig, für die Grünen gebe es aber auch die Fraktion und mehr als lauter Einzelstadträte: „Wir stehen gemeinsam für eine bestimmte Linie in einer Fraktion, in der man sich beheimatet fühlt.“ Dies sei bei Kirsten Katz nicht mehr der Fall gewesen.
CDU-Fraktion erneut Zufluchtsort eines ehemaligen Grünen-Stadtrats
Und die CDU-Fraktion? Die wird nach dem Wechsel von Stadtrat Andreas Schneider nun erneut Zufluchtsort eines ehemaligen Grünen-Stadtrats. „Offensichtlich haben die Grünen Probleme mit Leuten, die einen eigenen Kopf haben“, kommentiert Fraktionschef Hermann Beutel denn auch ein wenig süffisant den Wechsel.
Nach der Abstimmung über die Kulturförderung und die Reaktionen darauf habe er damit gerechnet, dass Kirsten Katz auf die CDU zugehen würde, sagt Beutel, betont aber auch, dass die CDU nicht von sich aus auf sie zugegangen sei: „Wir sind schon länger im Gespräch mit ihr, haben sie aber nicht abgeworben.“ Die CDU habe die Hospitation einstimmig befürwortet. Damit nehme sie an den Fraktionssitzungen teil.
Als studierte Betriebswirtin will Kirsten Katz die CDU künftig vor allem bei wirtschaftspolitischen Themen unterstützen. Ein Aspekt, der ihr bei den Grünen zu kurz kam, wie sie sagt. Denn tolle Ideen zu haben, sei das eine, diese Ideen auch finanzieren zu können, das andere.