Waldrundgang mit dem Schorndorfer Gemeinderat: Wie der Wald umgebaut und gepflegt wird

Der Wald leidet – und mit ihm leidet auch die Stadtkasse. Finanzbürgermeister Thorsten Englert machte bei „einem der schönsten Termine des Jahres“, dem Waldrundgang des Gemeinderats mit Stadtförster Julian Schmitt, im Stadtwald bei Mannshaupten deutlich, dass fallende Preise auf dem Holzmarkt und große Mengen von schlecht zu vermarktendem Schadholz – bedingt durch den Klimawandel ganz allgemein sowie durch lange Trockenperioden im Besonderen und durch Borkenkäuferbefall – dazu geführt haben, dass der Schorndorfer Stadtwald im vergangenen Jahr erstmals rote Zahlen geschrieben hat (mit einem Minus von 75 000 Euro) und dass sich dieser Trend im laufenden Forstwirtschaftsjahr mit einem zu erwartenden Minus von 100 000 Euro noch einmal fortsetzen wird. Was aber auch – und auf diesen Aspekt wies auch Julian Schmitt im Lauf des etwa zweistündigen Waldrundgangs eindringlich hin – auch damit zu tun hat, dass derzeit viel Geld in die Pflege, in die Verjüngung und in die bessere Durchmischung des Waldbestandes investiert werden muss. Es müsse also der Spagat zwischen dem betriebswirtschaftlichen und dem ökologischen Anspruch geschafft werden, sagte Thorsten Englert, der für 2021 wieder ein leichtes Plus von rund 20 000 Euro in Aussicht stellte, nachdem etwas weniger Neupflanzungen erforderlich würden, weil der Stadtwald im Zuge der Rekultivierung der Deponie um zwei Hektar Eichenwald erweitert werden könne. „Die Eiche wird in Zukunft ein großes Thema sein, weil sie die längeren Trockenperioden besser aushält, was wir allerdings von der Buche auch einmal angenommen hatten“, sagte in diesem Zusammenhang der Stadtförster und lobte noch einmal ausdrücklich das aus seiner Sicht unerwartet große Engagement der Bürger bei der Eiche(l)n-Pflanzaktion, für die in den vergangenen Tagen 350 Pflanzcontainer mit jeweils 15 Pflanzgefäßen ausgegeben worden sind.
Richtiges Maß zwischen Nutzwald und stillgelegten Flächen
„Man merkt, wie wichtig den Bürgern der Wald ist“, sagte Julian Schmitt. Völlig zu Recht aus seiner Sicht, weil der Wald, von den jetzt forcierten Pflege- und Umbaumaßnahmen, „nichts verlangt, sondern nur gibt“. Was der Stadtförster an den Funktionen Quellfassungen, Hang- und Bodenschutz, Klimaschutz ganz allgemein und forstwirtschaftlichem Nutzen deutlich machte. Letzteres nicht nur mit Blick auf die Erlöse aus dem Verkauf von Holz, sondern auch mit Blick darauf, dass in Deutschland immer noch 1,1 Millionen und in 120 Unternehmen beschäftigte Menschen von der Forstwirtschaft leben. So auch die Mitarbeiter der Holzbaufirma Schwegler in Börtlingen, die extra eine Samstagvormittagsschicht eingelegt hatten, um dem Gemeinderat mit Oberbürgermeister Matthias Klopfer an der Spitze einen Einblick in ihre Arbeit zu gewähren. Er arbeite auch deshalb so gerne mit dieser Firma zusammen, weil sie ihre Mitarbeiter nicht nur anständig behandle, sondern auch anständig bezahle, sagte Julian Schmitt, der bei dieser Gelegenheit deutlich machte, dass in den nächsten Jahren noch 80 bis 90 Hektar Stadtwald mit einem finanziellen Aufwand von 1000 bis 1400 Euro je Hektar gepflegt und aufgepäppelt werden müssten. Dabei dürften aber auch die Jungbestände nicht vernachlässigt werden, weil sonst das Geld, das derzeit investiert werde, schlichtweg verbrannt würde, sagte der Stadtförster, der künftig verstärkt auf Mischwaldbestände und nicht etwa auf eine radikale Umkehr weg von Nadel- und hin zu Laubwaldbeständen setzt. Und gleichzeitig gelte es, das richtige Maß zwischen Nutzwald und stillgelegten Flächen zu finden, auf denen der Wald sich selbst überlassen bleibe. Im Stadtwald liegt dieser Anteil laut Schmitt bei 31 Prozent.
Bäume und Rückegassen werden mit Hilfe einer App markiert
„Holz ist der einzige nachwachsende wertvolle Rohstoff, den wir in Deutschland haben, und wir haben es selber in der Hand, mit welchen Standards er produziert wird“, sagte der Stadtförster, der anhand einer App deutlich machte, dass die Digitalisierung mittlerweile auch in der Forstwirtschaft angekommen und die Kommunikation etwa zwischen ihm und dem Forstunternehmen Schwegler auf ein ganz neues Level gehoben worden ist. Musste der Förster früher jeden zur Fällung vorgesehenen Baum von Hand markieren und den Unternehmen die Wege zu den Einsatzorten umständlich aufzeigen, so werden die betreffenden Einzelbäume und Baumgruppen heutzutage mittels einer App gekennzeichnet und sind dann für das Unternehmen auffindbar, ohne dass der Stadtförster oder ein Mitarbeiter zwingend vor Ort sein muss. Gleichwohl werden die Bäume, wo möglich und zugänglich, immer noch auch mit Farbe markiert. Umgekehrt bekommt der Stadtförster über die App auch wieder Rückmeldung, welche Maßnahmen durchgeführt worden sind und in welchem Stadium sich die Holzaufbereitung befindet. Und noch etwas leistet die App: In ihr werden einmal benutzte Rückegassen markiert, die auch dann wieder aufgefunden werden könne, wenn sie über die Jahre hinweg zugewachsen sind. „So können wir vermeiden, dass immer wieder neue Gassen befahren werden“, sagt der Stadtförster, der es wieder einmal geschafft hat, den Stadträtinnen und Stadträten sowie den wenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus der Verwaltung einen gleichermaßen informativen wie erfrischenden Vormittag in bester coronagemäßer Waldluft anzubieten. Mit der sonst oft fehlenden Gelegenheit im Übrigen, sich unterwegs und anschließend bei einer Grillwurst auch noch interfraktionell über das eine oder andere sonstige kommunalpolitische Thema auszutauschen.