Wohnraum ist begehrt wie lange nicht
Schorndorf. Bau- und Kaufwillige sowie Verkäufer trafen bei der Immo-Messe des Zeitungsverlags Waiblingen auf gebündelten Sachverstand. Vermittler, Bauträger, Finanzdienstleister und Interessenten haben es mit knappem Angebot und steigenden Preisen zu tun.
Wohnraum ist begehrt und nahe der Zentren knapp. Trotz baulicher und wohnräumlicher Engpässe gibt es Lücken, die mit neuen Wohnanlagen und Wohnparks geschlossen werden. Erwartungsgemäß großen Zulauf haben Stände, an denen ein „Verkaufsstart“ angekündigt ist. Bei Riker Wohnbau + Immobilien können sich Interessenten am Modell eine von 21 Wohnungen, die 2019 in „zentrumsnaher Lage“ bezugsfertig sein sollen, anschauen und ein Exposé mitnehmen. Viele Besucher schauen sich die Angebote an, informieren sich über Miet- und Verkaufspreise, nehmen einen Gutschein für eine Gebäudewertschätzung mit und ergänzen bei Fachvorträgen ihr Wissen über Baufinanzierung oder Einbruchschutz.
Eigenheimträume auf angespanntem Markt
Die überall in der Halle gezeigten Grundrisse von Wohn- und Gewerbeimmobilien beflügeln Eigenheimträume, auf einem unverändert angespannten Markt. Die Nachfrage im Rems-Murr-Kreis reiche inzwischen deutlich über die beiden S-Bahn-Grenzen hinaus, bis in den Schwäbischen Wald, sagt Herbert Zäpf, Leiter des Immobiliengeschäfts der Kreissparkasse Waiblingen. Für eine bezahlbare Wohnung oder das Häuschen im Grünen werde eine Viertelstunde länger im Zug oder Auto bereitwillig in Kauf genommen. Dank zunehmender Home-Office-Arbeitsplätze sei die Nähe zum Arbeitgeber ohnehin nicht mehr das einzig ausschlaggebende Kriterium bei der Eigenheimsuche.
Kaufpreise in den letzten zehn Jahren verdoppelt
Gute Zeiten für Verkäufer und Gemeinden, die von einem Preisanstieg profitieren. Weniger prickelnd ist die Lage für Käufer, die für eine Immobilie im Großraum Stuttgart tief in die Tasche greifen müssen. Die Kaufpreise hätten sich in den letzten zehn Jahren nahezu verdoppelt, so Zäpf. Damals hatte die Einwohnerentwicklung anders geklungen. Statistiker seien von einem Rückgang der Bevölkerung bis ins Jahr 2020 um zehn und 15 Prozent ausgegangen, doch das Gegenteil ist eingetroffen: „Der Rems-Murr-Kreis verzeichnet einen deutlichen Zuzug, das merken wir in den ländlichen Bereichen, in denen die Nachfrage steigt“, so Zäpf. Sofern jemand an Neubau denkt, werde es „richtig schwierig“. Denn Bauplätze gebe es am ehesten noch in den strukturschwächeren ländlichen Gegenden. Um die hohe Nachfrage nach Wohnraum bedienen zu können, boome das Gebraucht-immobiliengeschäft. Flächen mit alten Gebäuden, die von der Substanz her nicht mehr erhaltenswert seien und die Nachverdichtung - beispielweise von Gewerbebrachen - stehen hoch im Kurs.
Verkauf leidet unter leerem Wohnungsmarkt
Auch Bauträger sind auf der Suche nach Bauplätzen und Bestandsimmobilien für die kaufwillige Kundschaft: An manchem Stand wird versucht, mit Provisionen von bis zu 3 000 Euro das Verkäufer-Gen von Immobilieneigentümern zu mobilisieren. Doch auch der Verkauf leide letztlich unter dem leeren Wohnungsmarkt: „Viele denken an Verkauf ihres Hauses, würden aber an ihrem Wohnort keine adäquate Wohnung finden“, so Zäpf. Betreute Seniorenwohnungen seien rasch verkauft. „Die Senioren wechseln nur, wenn sie an ihrem Lebensmittelpunkt, wo sie Familie und Freundeskreis haben, fündig werden, sie wollen oft nicht wegziehen.“
Flächen und Investoren sind vorhanden
Der schwäbische Häuslesbauer – aufgrund Bauplatzknappheit ein Auslaufmodell? „In keinster Weise“, öffnet Claus Falkenberg, Geschäftsführer von Riker Wohnbau + Immobilien eine weitere Sichtweise auf den Immobilienmarkt. „Angespannt“ daran ist aus seiner Sicht der Einsatz seitens der Behörden für Baugesuche. „Wir brauchen heute Wohnraum und nicht erst nach dreijähriger Genehmigungsphase“, wünscht er sich schnellere Verfahren. Fläche sei ausreichend vorhanden, an Investoren herrsche ebenfalls kein Mangel – „ich suche keine Schuldigen, aber wir Bauträger sind nicht die Bremser“, sagt er. Zur „angespannten“ Lage trägt aus seiner Sicht auch die Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen bei: Bei 30 neuen Wohnungen sehe die Landesbauordnung neben Autostellplätzen 60 Fahrradabstellplätze, 30 Rollatorstellplätze und Kinderwagenabstellplätze vor. Der steigende Platzbedarf kommt dazu: Dickere Wände aufgrund von Wärmedämmung und Aufzüge verringerten die nutzbare Fläche zusätzlich. „Dann werden wir gefragt, warum die Wohnungen so teuer sind“, moniert Falkenberg.
Hohe Qualität
Jens Wichering, der beim Zeitungsverlag Waiblingen fürs Messemanagement zuständig ist, zog am Sonntagabend eine positive Bilanz des Messeverlaufs. Die Aussteller hatten es mit einem „qualitativ hochwertigen“ Publikum zu tun, so dass viele Fachgespräche und Terminvereinbarungen zustande gekommen sind.