Autonomes Fahren in Waiblingen: Mit dem fahrerlosen Bus in die Schule

Noch klingt es wie eine Utopie, doch schon bald sollen in Waiblingen fahrerlose Busse rollen. Zwischen dem Waiblinger Bahnhof und dem Ameisenbühl sollen die Kleinbusse im Halbstunden-Takt unterwegs sein, zunächst einmal im Probebetrieb aber nur ausgewählte Personen befördern. Wer sind diese Fahrgäste und wie funktioniert das Projekt, das für die Mobilität der Zukunft weichenstellend sein könnte?
Eine Lösung für Verkehrsärm und Abgase
Verstopfte Straßen, genervte Menschen, Verkehrslärm, Feinstaub und Abgase: Neue Mobilitätsformen braucht das Land – darüber besteht große Einigkeit. Eine Lösung für die Mobilitätswende könnten der Ausbau der Elektromobilität und das autonome Fahren werden, verbunden auch mit ganz neuen Möglichkeiten für den Busverkehr. Im Zuge der Daimler-Ansiedlung auf dem Hess-Areal werden nun auch in Waiblingen neue Mobilitätskonzepte erarbeitet. Zunächst einmal: Auch wenn die Busse wie von Zauberhand ohne das Eingreifen eines Fahrers gesteuert werden: Ein Busfahrer wird schon noch an Bord sein. Sollte die Technik versagen, muss der Fahrer innerhalb von 15 Sekunden eingreifen können. „Rechtlich gibt es weltweit noch keine Möglichkeit, ohne Fahrer auf die Straße zu gehen“, erklärt der Esslinger Professor Ralf Wörner. Die Hochschule Esslingen ist Trägerin des Projekts und für die Technik des autonom fahrenden Busses zuständig. Gefördert wird das Projekt vom Land, das darin große Chancen für die Entwicklung neuer Mobilitätsformen sieht.
Starten soll der Bus am Bahnhof
Starten soll der Bus am Bahnhof und die Daimler-Hallen auf dem ehemaligen Hess-Areal und die Schulen im Ameisenbühl anfahren. Unter der Woche sollen die Busse zwischen 7.30 Uhr und 18.30 Uhr lautlos durch das Ameisenbühl rollen, am Wochenende soll es einen Sonderbetrieb geben. Die ersten Fahrgäste werden während des Probebetriebs Schüler und Schülerinnen des BBW sein, Gespräche mit dem Berufsbildungswerk laufen.
Sensoren checken die Umgebung ab
Und so funktioniert das autonome Busfahren: Statt eines aufmerksamen Fahrers checken Sensoren im Fahrzeug ständig die Umgebung ab. „Radarsensoren, Lidarsensoren und Kamerasensoren können unterschiedliche Formen von Objekten wahrnehmen“, erklärt Ralf Wörner. Anders als das menschliche Auge sind die Sensoren in alle Richtungen ausgerichtet. Um auch Gefahren in toten Winkeln zu erkennen - zum Beispiel ein Kind, das zwischen geparkten Autos auf die Straße rennt - sollen zusätzlich an Straßenlampen und Gebäudedächern Kameras installiert werden, deren Daten über Mobilfunk in den Bus übermittelt werden. Erfasst werden damit keine identifizierbaren Personen, sondern nur Körper, auf die die Technik im Fahrzeug gegebenenfalls reagieren kann.
Sensoren, Mobilfunk: Es gibt noch einiges zu tun
Ende kommenden Jahres soll der fahrerlose Bus frühestens in Betrieb gehen, doch zuvor gibt es viel zu tun. Unter anderem muss das Mobilfunknetz eingerichtet, die Strecke muss digitalisiert werden. Die Sensoren müssen angebracht, grünes Licht muss vom Regierungspräsidium eingeholt werden.
Bereits vor einem Jahr hatte Professor Ralf Wörner das Projekt im Gemeinderat vorgestellt. Dass Waiblingen tatsächlich Teststrecke wird, wurde nun im Landesverkehrsministerium empfohlen. „Drei Projekte wurden vom Ministerium nominiert, Sie gehören dazu“, erklärte der Professor den erfreuten Räten. Auch der Verband Region Stuttgart will sich am Projekt beteiligen. Ob Waiblingen überhaupt infrage kommt, hat die Esslinger Hochschule im vergangenen Jahr geprüft. In einer ersten Phase waren unterschiedliche Streckenprofile in der Innenstadt untersucht worden, die Rückschlüsse für den automatisierten, leistungsfähigen und emissionsfreien Verkehrsbetrieb erlauben sollten. Abgefragt wurden von der Hochschule auch die Akzeptanz des Projekts bei den Bürgern und die rechtlichen Möglichkeiten. Die Kosten für das gesamte Projekt liegen bei rund 4,2 Millionen Euro.Die Stadt beteiligt sich mit 796 000 Euro. Davon werden 70 Prozent an Fördermitteln erwartet, womit der Stadt unterm Strich Kosten von 239 000 Euro bleiben.
Was wird aus den Busfahrern?
Im Gemeinderat stieß das Projekt überwiegend auf Begeisterung. „Zukunftsweisend“ nannten es SPD-Chef Roland Wied und Daniel Bok (Grünt), „wunderbar“ Agtif-Sprecher Alfonso Fazio „Wir sind froh, dass wir als einer von drei Standorten gefördert werden“, meinte CDU-Chef Peter Abele. Bernd Mergenthaler (FDP) hofft auf Synergieeffekte. Nur Volker Escher (FW-DFB) zeigte sich kritisch. Er sehe dadurch die Arbeitsplätze von Busfahrern gefährdet, sagte er.