Das verschollene Weihnachtspaket
Waiblingen. Liebevoll hatten Rosemarie Lambrecht und ihre Tochter ein Paket geschnürt mit Weihnachtsgeschenken für den norddeutschen Teil der Familie in Buxtehude. Doch die Weihnachtsfreude wurde getrübt, denn die Geschenke kamen nie an, und das Paket ist bis heute verschollen. Auf Umwegen kam die 70-jährige Waiblingerin jetzt immerhin zu einer Erstattung.
Die Enttäuschung zum Fest war groß. Nicht nur bei der Verwandtschaft im hohen Norden, sondern erst recht bei der Absenderin in Waiblingen, die sich so viel Mühe gemacht hatte, um ihren fernen Lieben eine Freude zu machen. Sieben Personen sollten in den Genuss der Präsente kommen. Bücher, hochwertiges Parfüm, eine Lichterkette mit Stern, Süßigkeiten vom Waiblinger Gummibärenland – alles individuell verpackt. Rosemarie Lambrechts in Neustadt lebende Tochter tat ihre Geschenke an die Verwandten mit hinein, an Verpackungsmaterial sparten die beiden nicht, legten zur Sicherheit die Ziel-Adresse mehrfach mit hinein. „Ich habe alles vorschriftsgemäß gemacht“, sagt die WKZ-Abonnentin, „wissen Sie, ich bin immer sehr akkurat.“
Täglich bis zu acht Millionen Pakete in der Vorweihnachtszeit
Doch das in der Post-Niederlassung aufgegebene Paket kam nicht an. Rosemarie Lambrecht stellte einen Nachforschungsantrag, suchte dafür alle noch vorhandenen Belege zusammen und schrieb alles haarklein auf. Den Gesamtwert bezifferte sie auf etwa 300 Euro, immerhin mehr als 200 Euro konnte sie mit Belegen nachweisen, aber wer bewahrt schon den Beleg für jede Schokolade, für jedes hochwertige Geschenkpapier auf? Mühe und Liebe, die in einem Paket stecken, der ideelle Wert, lässt sich sowieso nicht in Euro und Cent bemessen. Die Nachforschung erbrachte: Nachweislich ist das Paket im Zielzentrum Hamburg angekommen, danach verliert sich die Spur. Mehrere Telefonate mit dem Call-Center der Post – „Immer hat man jemand anders am Apparat“ – erbrachten nichts, zu einem Ansprechpartner vor Ort wurde sie nie durchgestellt. Und schließlich bekam Rosemarie Lambrecht die Aufforderung, alles exakt zu dokumentieren – was sie ja schon getan hatte.
Aus Wettbewerbsgründen verrät die Post nicht, wie viele Pakete verloren gehen. „Die Verlustquote ist jedoch äußerst gering“, so Pressesprecher Gerold Beck. Zwischen 3,6 und 3,8 Millionen Pakete stellt die Deutsche Post DHL pro Tag zu, in der Hauptsaison vor Weihnachten sogar bis zu acht Millionen. Pakete sind der Wachstumszweig der Branche, denn der Online-Versandhandel über Plattformen wie Amazon, Zalando und Ebay beschert ihr ein gewaltiges Auftragsaufkommen. „Deshalb haben wir 2015 in Waiblingen eine mechanisierte Zustellbasis in Betrieb genommen.“ Die Kapazität beträgt 5500 Sendungen pro Stunde.
Die zerstörte Geige und die Irrfahrt eines Gebisses
Angesichts der genannten Mengen ist nie völlig auszuschließen, dass durch Diebstahl etwas wegkommt, doch meistens liegen die Ursachen woanders. Sie können lauten: unvollständige Adressen, abgefallene Etiketten, veraltete Strichcodes oder unsachgemäße Verpackung. Faktoren, die im Fall von Rosemarie Lambrecht wahrscheinlich nicht zutreffen. Jedenfalls wurde voriges Jahr ein Gebiss zigmal von einem Verteilzentrum ins andere geschickt, weil sich außer dem aktuellen Barcode noch ein alter auf der Rückseite befand. Es sind auch schon Briefe ohne den darin transportierten USB-Stick oder Fotochip zugestellt worden, weil die bloße „Verpackung“ im Briefumschlag den immensen Sortiergeschwindigkeiten nicht standhält – der Stick oder Chip schießt durchs Papier zur Seite raus. Wer eine Geige verschickt, sollte sie nicht einfach ungepuffert in einen 08/15-Karton aus dem Supermarkt legen: Auch das kam wirklich vor, das filigrane Instrument klang danach eher dissonant.
Wegen Rosemarie Lambrechts Paket hat die WKZ bei der Post noch einmal nachgehakt. Derzeit wird weiter gefahndet. Ende der Woche fällt die Entscheidung: Entweder das Paket findet sich noch und in Buxtehude gibt’s noch eine Bescherung, oder die Waiblingerin bekommt 300 Euro Entschädigung. Womit sie laut eigenem Bekunden auch zufriedengestellt wäre. Ihre Lehre aus der Geschichte: „Ich werde in Zukunft alle Belege aufbewahren.“ Denn die Post müsse gründlich prüfen, ob die Angaben der Ersatz fordernden Kunden glaubhaft sind, bittet Pressesprecher Gerold Beck um Verständnis. Nur dann kann bei Verlust eines Pakets ausgezahlt werden.
Sieben Tipps für den sicheren Versand
1. Bei wertvollen und begehrten Waren wie Smartphones, Tablets oder auch Designerkleidung sollte eine neutrale Verpackung gewählt werden, die keinen Rückschluss auf den Inhalt zulässt.
2. Schwere Gegenstände sollten in den unteren Bereich des Paketes gepackt werden, leichtere eher nach oben. Das Gewicht der Waren sollte auf dem Verpackungsboden möglichst gleichmäßig verteilt sein.
3. Fürs Verpacken von zerbrechlichen Gegenständen gibt es die Faustregel: Einen Sturz aus einem halben Meter Höhe sollte das Paket halten, ohne dass der Inhalt Schaden nimmt. Ausprobieren sollte man das im Zweifel freilich nicht.
4. Der Transport von Bargeld in Briefen ist nach den Beförderungsbedingungen der Deutschen Post nicht erlaubt. Bei Verlust ist der Inhalt somit weder im Standardbrief noch im Einschreiben versichert. Mit dem Service Wert National können Privatkunden Bargeld und Wertsachen innerhalb Deutschlands als versicherten Brief versenden.
5. Pakete bei DHL sind standardmäßig bis 500 Euro versichert. Wenn der Kunde eine Höherversicherung wünscht, ist dies bis 2500 Euro Haftung für 4,50 Euro Portoaufpreis möglich. Eine Höherversicherung bis 25 000 Euro kostet 18 Euro Aufpreis. Wichtig zu wissen: DHL-Päckchen sind unversichert.
6. Es kann sich lohnen, Kaufbelege des Inhalts aufzubewahren, bei wertvollem Inhalt sogar Fotos zu machen.
7. Sinnvoll ist es außerdem, die Ziel-Adresse zusätzlich im Innern des Pakets zu hinterlegen. Weitere Tipps auf www.dhl.de, dort gibt es eine Verpackungsbroschüre zum Herunterladen.