Eine Autobahn für Fahrräder
Waiblingen. Freie Fahrt für Fahrräder verspricht die Idee der Radschnellwege. Kreuzungsfrei und auf größere Entfernungen angelegt, ähneln sie im Prinzip den Autobahnen – nur eben für Fahrräder. In Göttingen und im Ruhrgebiet gibt es die Schnellstraßen für Radler schon – bald auch zwischen Waiblingen und Ludwigsburg?
In einer guten halben Stunde mit dem Fahrrad oder Pedelec von Waiblingen nach Ludwigsburg – das muss keine Utopie bleiben. Unter der Federführung der Stadt Ludwigsburg wird gerade eine Machbarkeitsstudie erstellt, die den genauen Verlauf und die Realisierbarkeit an sich prüft. Nutzen dürfen die Schnellverbindung grundsätzlich alle Radfahrer, also auch Freizeitradler im eher gemütlichen Tempo. Gedacht ist sie jedoch vor allem für Berufspendler. Die sichere, rasche und klimaschonende Verbindung der beiden nur 15 Kilometer entfernt liegenden Wirtschaftsräume könnte Autofahrer zum Umsteigen bewegen, so die Hoffnung der Planer.
Freie Fahrt vorbei am täglichen Stau in Remseck
Ausreichend breit und kreuzungsfrei, frei von weiteren Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern oder landwirtschaftlichem Verkehr soll der Radschnellweg zügiges Fortkommen erlauben. „Er soll zudem die beiden Landesstraßen entlasten und freie Fahrt für den Radfahrer am täglichen Stau in Remseck vorbei garantieren“, erklärt Dr. Andreas Fritz, Pressereferent beim Landratsamt Ludwigsburg. Wegen der Steigung zwischen Neckarrems und Hegnach gelten insbesondere Pedelec-Fahrer und E-Bike-Nutzer als Zielgruppe. Auch für Radler ohne elektrische Unterstützung soll die Route interessant sein, zumal bei radelnden Berufspendlern eine gute Fitness vorausgesetzt werden kann.
Steigungen werden akzeptiert, Umleitungen nicht
Zuständig als Baulastträger sind die Stadt Ludwigsburg für die Flächen im eigenen Ortsbereich, das Land für den Bereich entlang der Landesstraßen 1140 und 1142 sowie die Stadt Waiblingen in ihrem Ortsbereich. Die Stadt Remseck und der Landkreis Ludwigsburg sowie der Rems-Murr-Kreis sind als Interessensvertreter beteiligt. Die Städte Ludwigsburg, Waiblingen und Remseck sowie der Landkreis Ludwigsburg haben eine Arbeitsgruppe gebildet, welche die Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben hat. Ergebnisse liegen noch nicht vor. Das Ziel lautet, eine Lösung für die Streckenführung und eine Kostenschätzung zu erhalten. „Alle Beteiligten haben Interesse, das Projekt zügig umzusetzen“, sagt Andreas Fritz, „Aussagen zu einem Zeitplan sind derzeit noch nicht möglich.“ Ganz billig wird die Realisierung nicht: Der Landkreis Ludwigsburg geht anhand niederländischer Erfahrungen im Neubau von 500 000 bis zwei Millionen Euro pro einem Kilometer Strecke aus.
Für die Verbindung Waiblingen-Ludwigsburg wird zunächst die kürzeste und direkte Verbindung anvisiert – also entlang der Landesstraßen. Denn: Während Steigungen für elektrounterstützte Räder heute kein Problem mehr darstellen, werden größere Umwege, die Steigungen umfahren sollen, von Alltagsradfahrer meistens nicht akzeptiert. Die Machbarkeitsstudie soll auch dazu Aussagen treffen. Ganz ohne Umwege wird es freilich kaum gehen, so mangelt es etwa entlang der Neckarstraße in Hegnach schlicht am Platz. Ein Knackpunkt wird die Verfügbarkeit der benötigten Flächen sein, meint Radwegeplaner Frank Röpke von der Stadt Waiblingen. Den Radverkehr auf diese Art zu stärken, sei auf jeden Fall sinnvoll. Deshalb beteiligt sich die Stadt finanziell an der Machbarkeitsstudie, die zu 80 Prozent vom Land gefördert wird.
1,1 Millionen Radler pro Jahr
Bis der Radschnellweg Waiblingen-Ludwigsburg Realität wird, ziehen gewiss noch einige Jahre ins Land. In der Radfahrer-Stadt Göttingen wurde 2015 einer eröffnet. Zunächst mit 4,2 Kilometern Länge – jetzt vom Bahnhof in südliche Richtung in eine Vorortgemeinde weitergeführt. „Bei uns geht es um Pendler und Studierende“, sagt Rathaus-Pressesprecher Detlef Johannson, „die kann man nur aufs Rad holen, wenn die Strecken zügige Fahrt erlauben, Begegnungsverkehr zulassen und je nach Verkehrsaufkommen den Radverkehr auch an beampelten Kreuzungen gegebenenfalls bevorzugen.“ Genutzt wird die Strecke pro Jahr von etwa 1,1 Millionen Radlern. Das Projekt habe das „Klima“ für den Radverkehr sehr positiv beeinflusst. Ohnehin verzeichnet Göttingen einen Radverkehrsanteil von 28 Prozent. Derzeit untersucht die Universität Göttingen, wie viele Pendler tatsächlich umgestiegen sind.
Anforderungen
In der Machbarkeitsstudie für den Radschnellweg zwischen Ludwigsburg und Waiblingen sind mehrere Anforderungen an die mögliche Trasse gestellt:
- Mindestbreite von vier Metern mit Mittelmarkierung für Zweirichtungsverkehr.
- Möglichst Vorfahrt an Knotenpunkten.
- Möglichst niveaufreie Führung bei Querung von Hauptverkehrsstraßen.
- Möglichst unabhängig vom Kfz-Verkehr.
- Trennung vom Fußgängerverkehr.
- Beleuchtung (innerorts, gegebenenfalls auch außerorts).
- Winterdienst.