Waiblingen

Kitagebühren sollen gerechter werden

1/3
Symbolbild Kindergarten_0
Symbolbild. © ZVW/Sarah Utz
2/3
_1
Wer zahlt wie viel?
3/3
_2
Neue Kita-Gebührenordnung.

Waiblingen. Die Kindergartengebühren steigen – doch viele Familien werden entlastet. Genau das ist die Folge eines neuen Gebührenmodells, das Vertreter des Gesamtelternbeirats und der Stadtverwaltung gemeinsam erarbeitet haben. Am Donnerstagabend wurde die neue Gebührenordnung in den Gemeinderat eingebracht. Entscheiden wird der Rat darüber am 21. Juni.

Seit Jahren arbeitet sich der Gemeinderat erbittert an den Kindergartengebühren ab. Eine Einigung war nicht in Sicht. Nun haben Elternvertreter und Stadtverwaltung ein gemeinsames Gebührenmodell vorgelegt, das die Kosten gerechter verteilen soll. Der Clou: Anders als bisher werden den Gebühren keine groben Einkommensgruppen mehr zugrunde gelegt.

Stattdessen zahlen die Eltern je nach Betreuungsangebot einen bestimmten Prozentsatz ihres individuellen Familieneinkommens (siehe unten stehende Tabelle). Obwohl der Kostendeckungsgrad auf zehn Prozent steigen soll, werden Geringverdiener und Familien mit mittlerem Einkommen entlastet.

Teurer wird es für die Eltern bei den meisten Angeboten erst ab einem Familieneinkommen ab 85 000 Euro jährlich. Die Obergrenze liegt bei 120 000 Euro, ab da gilt der Höchstsatz. Das zweite Kind soll mit der Hälfte der vollen Kosten zu Buche schlagen. Für das dritte und vierte Kind sollen 25 beziehungsweise 12,5 Prozent bezahlt werden. Für sie war der Kindergartenbesuch bisher gratis. Das Mittagessen ist in den Kosten enthalten.

„Die sechs bisherigen Einkommensgruppen, die seit 1997 galten, haben die Einkommensentwicklung nicht mehr abgedeckt“, erklärte Erste Bürgermeisterin Christiane Dürr. Mit der neuen Gebührenordnung steigen die Einnahmen der Stadt voraussichtlich um rund 250 000 Euro jährlich. Um drastische Sprünge bei den Gebührenerhöhungen künftig zu vermeiden, sollen die Kindergartengebühren regelmäßig überprüft werden. „Uns Eltern hat es letztes Jahr sehr getroffen, als wir über Erhöhungen von 20 Prozent gesprochen haben“, sagte Gesamtelternbeiratsmitglied Christian Bieg. Waiblingen habe die Gebühren lange nicht erhöht. Besser seien aber regelmäßige Erhöhungen.

Als sozial und familienfreundlich lobte Wilfried Jasper, Sprecher der Demokratischen Freien Bürger (DFB), das neue Modell. „Respekt vor dieser Leistung. Das ist dem Gemeinderat nicht gelungen.“ Michael Stumpp (CDU) gab allerdings zu bedenken, dass die Bruttoeinkommen von Beamten, Angestellten und Selbstständigen nicht vergleichbar seien. Stattdessen solle den Gebühren das zu versteuernde Einkommen zugrunde gelegt werden: „Sonst wäre es wieder nicht gerecht.“

Alte Denkstrukturen wurden aufgebrochen

Für SPD-Sprecher Roland Wied ist die vorgeschlagene Gebührenordnung ein „brauchbares Ergebnis“. Die Diskussion mit dem Gesamtelternbeirat habe dazu geführt, dass alte Denkstrukturen aufgebrochen worden seien. „Das hätten wir nicht hingekriegt“, bekannte er selbstkritisch. Seine Fraktion werde der neuen Struktur zustimmen, obwohl aus Sicht der SPD wenigstens die Regelbetreuung gebührenfrei sein sollte.

Bedenken meldete Wied ebenso wie ALi-Chef Alfonso Fazio auch wegen der neuen Gebühren für das dritte und vierte Kind an: Dies belastete Mehrkindfamilien über Gebühr. Für die Alternative Liste kündigte Fazio kategorisch an, keiner Gebührenerhöhung zuzustimmen. Andrea Rieger (FDP) erinnerte an die verhärteten Fronten im Gemeinderat. Sie fand es allerdings befremdlich, dass die Stadträte bei den Gesprächen mit den Eltern außen vor blieben. Zum Prozedere wollte sie wissen: „Legen die Eltern ihren Steuerbescheid vor? Ist sich die Verwaltung über den Aufwand im Klaren?“

Ja, sagt Bürgermeisterin Christiane Dürr. Schon jetzt sei der Verwaltungsaufwand bei der Gebührenerhebung hoch, und schon jetzt werde das Bruttoeinkommen zugrunde gelegt. Klar ist für Oberbürgermeister Andreas Hesky, dass Waiblingen an der Diskussion über die Gebühren nicht vorbei- komme, solange Kindergärten vom Land nicht als Bildungseinrichtungen gesehen werden. Bei den Eltern sei die von der SPD ins Spiel gebrachte Regelbetreuung kaum noch gefragt. Die neue Gebührenordnung sei das erste Modell, das von den Waiblinger Eltern mitgetragen werde, und eine einmalige Chance, warb der Oberbürgermeister: „Diese sollte sich der Gemeinderat nicht verbauen.“


Ein zukunftsfähiges Modell

„Der Gemeinderat hat die Verwaltung beauftragt, mit uns über ein Gebührenmodell zu verhandeln“, sagt Gesamtelternbeiratsmitglied (GEB) Christian Bieg. Diesem Auftrag seien die Eltern nachgekommen. Das Modell spiegle nicht die grundsätzliche Meinung der Elternvertreter zu Kindergartengebühren wider.

Angesichts der allgemeinen Preissteigerungen hätten die Eltern signalisiert, dass sie die Erhöhungen mittragen werden, so GEB-Mitglied Martin Weller.

In der bisherigen Gebührenordnung seien Schieflagen erkennbar gewesen: „Wir wollten ein gerechteres Modell“, sagt Weller. Und eins, das laut GEB-Mitglied Lissy Theurer der heutigen Zeit entspreche. „Wir glauben, das ist uns super gelungen“, so Christian Bieg. Das Modell müsse in Summe betrachtet werden: Eltern mit einem Jahreseinkommen bis zu 84 000 Euro würden bei den meisten Angeboten entlastet.

Offen sind die Eltern für die Kritikpunkte des Gemeinderats. Selbstverständlich müssten die Gebühren nicht vom Bruttoeinkommen, sondern könnten auch vom zu versteuernden Einkommen aus berechnet werden. Das dritte und vierte Kind könnte auch gebührenfrei bleiben. Das Modell selbst sei aber zukunftsfähig, ist Bieg überzeugt: „Unser Wunsch ist, dass es vom Gemeinderat auch angenommen wird.“