Niki de Saint Phalle und Jean Tinguely in der Galerie Stihl
Waiblingen. Rund und bunt, prall und sinnlich, vor allem unbeschreiblich weiblich. Die Nanas von Niki de Saint Phalle sind Großskulpur gewordene Missverständnisse, die dann auch legionenhaft in VHS-Werkstätten von Frauenhänden nachgeformt wurden. Eine Schau mit Künstlerplakaten zum Werk von Niki de Saint Phalle und ihrem Weggefährten Jean Tinguely thematisiert diese Verniedlichung nicht direkt. Aber sie lässt sich ablesen.
Video: Silke Schluck, Leiterin der Galerie Stihl Waiblingen.
Ein Schlüsselwerk zum Verständnis findet sich hinten links in der Schau. Wer es sich näher anschaut, der kann sich halbe Bände der Literatur sparen zum Leben und Wirken der 1930 in Paris geborenen Tochter eines von der Gesellschaft hoch angesehenen Mannes, eines Bankiers. Das Plakat trägt die Schrift „Nikis böses erotisches Spiel gegen Daddy“. Wir sehen eine Männerfigur, durchaus in den typischen grellen Nana-Farben gehalten, deren Augenpartie verdeckt ist mit einem gelben Streifen. Oder sind die Augen gar ganz ausgelöscht?
Die Umstände ins Auge fassen
Die Waiblinger Ausstellungmacherin Silke Schuck sieht sich mal wieder bestätigt. Es reicht nicht, schöne bunte Werke an die Wand zu hängen. Wer die Zeitbezogenheit, das Diagnostische, die Umstände einer Produktion nicht ins Auge fasst, der produziert selber nur glänzende Oberflächen. Also sollte der Besucher möglichst vorinformiert in die Schau gehen, um dann zu erleben, wie eine Künstlerin, ein Künstler, Zumutungen verarbeiten. Und da ist es für Silke Schuck eindeutig, und an der schieren Masse der Beweise auch gut ablesbar, dass eine Niki de Saint Phalle eben nicht auf die Nanas reduziert werden darf.
Mehr zur neuen Ausstellung in der Galerie Stihl lesen Sie in unseren gedruckten Donnerstagsausgaben und im ePAPER.
Öffnungszeiten
„Furiose Plakate“, die Ausstellung, ist zu sehen in der Galerie Stihl Waiblingen, Weingärtner Vorstadt, vom 5. November bis zum 22. Januar, dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr. Geführt wird immer sonn- und feiertags von 11.30 bis 15 Uhr.
Eröffnet wird die Schau am Freitag, 4. November, 18 Uhr.
Am 24. November diskutiert Dr. Karoline Künkler das Phänomen der Künstlerpaare. Am 17. November referiert Dr. Beate Kempfert von ihren Recherchen in Kalifornien zu Phalles Werk.
Die benachbarte Kunstschule hat wieder ein umfangreiches Programm der Vermittlung und des Selbermachens aufgelegt für Kindergarten-Kinder, Schüler und Familien.