Waiblingen

Schulschwänzer: Debatte um Polizeiaktion

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"Sommer, Sonne, Schule schwänzen" lautet das Motto einiger Eltern zum Ferienbeginn. © Hardy Zürn

Waiblingen. 20 Familien hat die bayrische Polizei beim Schulschwänzen erwischt und den Eltern ein Ordnungsgeld aufgebrummt. Das Thema erregt auch hierzulande die Gemüter. Ein paar Tage früher in Urlaub zu fahren und das Kind krankzumelden, ist für den einen oder die andere eine lässliche Sünde. „Na, schau an“, schrieb Thomas Schneider indes auf unserer Facebook-Seite: „Der deutsche Staat kann ja kontrollieren ... wenn er will.“

Die festen Ferientermine sind für viele Eltern ein Graus. Geht es auf die Ferien zu, steigen die Flugpreise – und auf den Autobahnen gen Süden drohen Staus. Warum nicht ein paar Tage früher verreisen und sich den Stress und bares Geld sparen, denken sich so manche Eltern. Auf den bayrischen Flughäfen kontrollierte die Polizei vor Pfingsten Familien, die mit Kindern unterwegs waren. Schwänzereien vor den Ferien ist an Schulen durchaus ein Thema. In einer Elternbeiratssitzung warnte kürzlich der Rektor einer Schule die Elternvertreter zum wiederholten Mal vom Fernbleiben ihrer Kinder vor oder nach den Ferien. Laut Anweisung des Kultusministeriums dürften keine Abmeldungen genehmigt werden.

Schulschwänzer vor und nach den Ferien „gibt es immer mal wieder“, sagt Schulrätin Claudia Dippon vom Staatlichen Schulamt Backnang. Sie erinnert sich an einen Schulleiter im Rems-Murr-Kreis, dem entsprechende Urlaubspläne von Eltern zu Ohren kamen. Er drohte diesen mit einem Bußgeld, oder, wie sich Claudia Dippon, ausdrückte, habe die „Eltern offensiv informiert“, was auf sie zukommen könnte.

Schulschwänzern mit Ordungsgeld drohen - ein pädagogischer Offenbarungseid

Zuständig für die Bußgelder sind die Ordnungsämter, die auf Initiative der Schulleitungen aktiv werden. Nicole Marquardt-Lindauer, der Fachbereichsleiterin Schulen und Vereine bei der Stadt Schorndorf, sind keine solchen Bußgelder bekannt. Die weitaus größere Herausforderung als Ferienschwänzer seien Schüler, die sich das ganze Jahr über um die Schule herumdrücken. Mit einem Ordnungsgeld zu drohen, sei für Schulleiter nur ein letztes Mittel – und ein pädagogischer Offenbarungseid.

Bei Fehltagen um den Ferienbeginn oder das -ende herum sei es zudem schwierig, den Beweis zu erbringen, dass gegen die Schulpflicht verstoßen wurde. Werden die Familien mit quietschvergnügten Kindern hingegen beim Abflug in die Ferien in flagranti erwischt, liegt der Verstoß auf der Hand, wie die bayrische Polizei bei Kontrollen auf den Flughäfen Memmingen, Nürnberg und München zeigte.

Das Ordnungsamt des Landratsamtes, die zuständige Behörde für die kleineren Gemeinden im Kreis, führt über Schulschwänzer keine Statistik. Die Höhe des Bußgeldes hänge von verschiedenen Faktoren ab, wie Häufigkeit und Länge der Fehlzeiten. Nicht untypisch seien 150 Euro, sagt ein Landratsamtssprecher und betont, dass die Bußgelder stark nach unten und oben abweichen könnten.

Artikel auf Facebook löst viele Reaktionen aus

„Das gibt’s wohl auch nur in Bayern, oder?“, schrieb Oliver Marc Dürr auf Facebook: „Ist das nicht etwas überzogen? Schulpflicht schön und gut, aber wegen einem oder zwei Tagen, damit man gemeinsam in den Urlaub fahren kann? Eine solch krasse Anwendung des Gesetzes hatten wir doch schon mal vor etwa 70 Jahren, oder?“

André Thumm zeigt sich verblüfft: „Ich hoffe, ich habe Sie hier falsch verstanden. Aber haben Sie gerade die Durchsetzung der Schulpflicht mit den Verbrechen in der NS-Zeit verglichen?“

Und auch Susanne Kehrer widerspricht: „Nein, weil die, die sich an die Regeln halten, ja dann die Doofen sind!“ Nicky Unicorn meint: „Es besteht eben Schulpflicht. Und man kann auch günstigeren Urlaub nehmen und nicht immer das 5-Sterne-Hotel.“ Man solle auch an die Lehrer denken, die in der Pflicht stehen, den Stoff zu vermitteln. „Am Ende werden meistens die Lehrer dargestellt als ,unfähig’, obwohl es auch oft an den Eltern und Schülern liegt.“

Oli Gütler nennt die Kontrollen „Schwachsinn hoch sieben. Da gibt’s wirklich Vernünftigeres, das die Polizei machen kann.“ Auch Vendula Ostapcukova verteidigt das Schwänzen: „Und außerdem haben meine Kinder viel mehr an diesem Tag erfahren, als sie in den vier Stunden in der Schule lernen könnten.“

Sylvia Mi fragt: „Warum regen sich hier so viele auf? Es gibt doch genug Ferientage im Jahr, um in Urlaub zu gehen. Wenn man rechtzeitig bucht, warum dann nicht einfach die zwei Tage warten? Das sollte wohl machbar sein.“ Sie vergleicht das Schulschwänzen mit Blaumachen bei der Arbeit: „Schließlich können die Eltern ja auch nicht einfach zwei Tage vor ihrem genehmigten Urlaub durchstarten.“ – Lars Rittmann schreibt über die Kontrollen „Richtig so!“ und fragt sich: „Welchen Wert vermittele ich meinen Kindern damit?“

Claudia Zürn schrieb: „Das nimmt leider überhand. Bei meiner Tochter war grundsätzlich vor den Ferien nur die Hälfte anwesend. Ich find’s richtig, wenn kontrolliert wird. Es besteht Schulpflicht.“ Christian Kollmer findet das Ordnungsgeld schlicht super: „Hoffentlich wird der Urlaub richtig teuer dadurch. Schließlich wird so den Blagen beigebracht, dass man sich an gewisse Regeln nicht zu halten braucht.“