Unser täglich Brot backen wir heute
Waiblingen. Wer das gesehen hat, der kriegt’s auch selber hin. Na ja, mit ein bisschen Übung. Müller Ulrich Stietz von der Hegnacher Mühle walkt die Hefeteigbollen fürs Bauernbrot rechts und links gleichzeitig rund. Ganz sanft und locker aus den Handgelenken. Selber probieren konnten danach all jene, die auf Einladung von AOK und Zeitungsverlag bei Ulrich Stietz zu Gast waren.
Mit den Fingern unter den Teig rutschen, hochformen, mit dem Daumenballen nach innen drücken, weiterrutschen, hochformen, nach innen drücken. Rum und rum und nochmals rum. So macht’s Müller Ulrich Stietz von der Hegnacher Mühle. Ganz einfach. Wenn man’s halt kann. Tät doch der Teig bloß nicht so kleben!
Klebriger Teig? Das darf doch nicht sein. Doch, muss es sogar. Wer saftiges Brot will, bei dem muss der Teig sogar fast fließen. Beim Dinkelmehl mehr, beim Weizen- und Roggenvollkorn ein bisschen weniger. Keinesfalls aber löst sich der Bollen so schön glatt und weich von der Schüssel wie beim Hefeteig für Hefezopf. Dort nämlich macht das die Butter. Beim Brot aber gibt’s natürlich „koi Budder ned“. Dafür aber Sauerteig und hübsche Körbe fürs Gehenlassen.
Sauerteig braucht’s unbedingt bei Roggenmehl, erfuhren die Glücklichen, die unter den vielen, vielen, die so gerne beim Brotbacken in der Hegnacher Mühle hatten mitmachen wollen, ausgelost worden waren. AOK und Zeitungsverlag Waiblingen hatten eingeladen, Müller Ulrich Stietz war der Gastgeber und Lehrmeister vor Ort. Der Sauerteig nämlich macht, dass das dank der Hefe fluffig-luftig Aufgegangene nicht gleich wieder in sich zusammenfällt. Weizenmehl braucht diese Unterstützung nicht. Man kann da also auch Sauerteig verwenden, zwecks Geschmack, muss aber nicht. Dinkelmehl birgt andere Herausforderungen: Dinkelteig fließt davon. Drum muss er in Körbchen gehen. Dann sanft aufs Blech kippen und zackizacki rein in den ganz heißen Ofen. 250 Grad mindestens. Dann bleibt das Bauernbrot bilderbuchmäßig rund – die Hitze macht’s Krüstle fest. Nach zehn Minuten runter mit der Temperatur auf 180 Grad und dann in aller Ruhe backen lassen. Eine Stunde, sagt Ulrich Stietz, braucht so ein Kilolaib mindestens. Fertig ist das Bauernbrot, wenn’s hohl klingt, wenn man auf den Boden klopft. Vorsicht, heiß! Wenn’s noch nicht hohl klingt, darf der Laib wieder zurück in den Ofen. Es können nämlich auch eineinhalb Stunden Backzeit sein.
Wie sagt der Schwabe so schön? „So ohgfähr.“ Also genau so ungefähr halt müsse es beim Backen zugehen, sagt Ulrich Stietz. Es komme nicht aufs Gramm an. Nicht bei den verschiedenen Mehlanteilen, nicht bei der Flüssigkeit, nicht beim Salz. Spüren muss man, ob der Teig passt. Hinfassen heißt’s. Und drum muss ein Hefeteig auch am besten von Hand geknetet werden. Das allerdings gerne 20 Minuten lang. Das ist anstrengend. Aber dann wird’s gut.
Feinheiten des Faltens und Drückens
Noch besser wird’s, wenn der Hefeteig zum Gehen rundgewirkt wird. Und das war die artistische Einlage von Ulrich Stietz ganz zu Anfang des Artikels: Er hat den Teig rings rum nach innen gefaltet und gedrückt. So lange, bis ein runder Kloß da liegt, auf dessen einer Seite die eingefalteten Kanten quasi ein Näbelchen bilden. Wie’s dann weitergeht, da scheiden sich die Geister: Wer ein rundes, geschlossenes Bauernbrot will, der legt den Nabel nach oben ins Körbchen und kippt dann den Klops mit der geschlossenen Seite aufs Blech. Wer eine gebrochene Kruste will, macht’s gerade andersrum.
Und noch ein paar Tipps? Na klar: Zum Vollkornmehl fürs Vollkornbrot, das übrigens im Kästchen gebacken werden sollte, sonst wird’s nix mit der schönen Form, gibt der Könner ein bisschen feines Mehl. Damit wird der Teig feinporiger. Und sowohl Vollkorn- als auch Bauernbrot mögen’s in der ersten, heißen Backofenphase gerne ganz dämpfig. Dann geht der Teig viel besser auf. Bloß ein Tässchen Wasser unten reinzustellen, bringe aber nicht so viel, sagt Ulrich Stietz. Er empfiehlt ein Blech ganz unten im Ofen, auf das einfach eine Tasse Wasser geschüttet wird. Und zisch! Wenn die Temperatur nach zehn Minuten runter soll, sollte der Dampf aber kurz rausgelassen werden. Und dann? Geduld und guten Hunger!
Rezepte
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Die Hegnacher Mühle
Ulrich Stietz ist Müller aus Leidenschaft und mit Tradition. Seine Familie betrieb schon zu Reformationszeiten das Handwerk. Die Hegnacher Mühle wurde 1874 erbaut. Damals gab es auf Waiblinger Gebiet noch neun Mühlen an der Rems, Papier- und Sägemühlen mitgezählt.
Die Hegnacher Mühle liefert an drei Bäckereien im Kreis, Gastronomen, teilweise an Supermärkte, die Regionales unterstützen, und verkauft an Privatleute. Der Mühlenladen ist von Montag bis Freitag von 8 bis 12 und 13.30 bis 17 Uhr geöffnet, samstags von 8 bis 12.30 Uhr.