Von der Nachbarin bedroht: Selbst beim Prozess vor dem Amtsgericht Waiblingen hatte sie noch Angst

Wegen Bedrohung mit einem Verbrechen an einer Nachbarin in einem Mietshaus in der Waiblinger Innenstadt hat die Strafabteilung des Waiblinger Amtsgerichts eine 49-Jährige zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen à zehn Euro verurteilt. Die Angeschuldigte bestritt von Anfang bis Ende des Strafprozesses, ihre mit zwei minderjährigen Kindern alleine wohnende Nachbarin mit dem Tode bedroht zu haben.
Auf den genauen Wortlaut, ob sie der Nachbarin das „Fleisch aus dem Körper“ oder ihr die „Gedärme aus dem Körper schneiden“ wolle, kam es in diesem Fall für das Gericht nach der Beweisaufnahme nicht mehr wirklich an: Streit im Vorfeld der Tat am späten Abend im September vergangenen Jahres, als die Nachbarin und ihre Kinder schon schliefen, hatte es in diesem Haus noch keinen gegeben, als die ledige Angeklagte bei der Nachbarin an die Wohnungstüre hämmerte und nach Überzeugung des Gerichts lautstark mörderische Drohungen von sich stieß.
Angeklagte bestreitet die Vorwürfe
„Niemals“, wehrte sich die Angeklagte gegen die Tatvorwürfe der Stuttgarter Staatsanwaltschaft vor Gericht, habe sie der Nachbarin damit gedroht, ihr das „Fleisch oder die Gedärme aus dem Körper zu schneiden“, nur weil die Nachbarin ihren Sohn bei der Polizei „verpetzt“ hätte. Das Gericht kannte aus vielen Ermittlungsakten bereits den Hintergrund für das vermeintliche „Verpetzen“ bei der Polizei. Das Jugendamt hatte der ebenfalls alleinerziehenden Angeklagten nicht lange vorher den Sohn im Grundschulalter entzogen, wofür diese nun die Nachbarin verantwortlich machen wollte.
Die Nachbarin konnte sich im Zeugenstand erst einmal nicht erklären, warum die Beschuldigte gegen 22 Uhr abends an ihre Wohnungstüre „gehämmert“ hat. Mit Hilfe einer Dolmetscherin ließ die Frau im Zeugenstand übersetzen, die Angeklagte habe ihr gedroht, sie werde ihr den Kopf abreißen und sie zu Boden schlagen.
Nachbarin berichtet von „schrecklicher Angst“
Fast ein halbes Jahr nach dem Vorfall konnte sich die Zeugin zwar nicht mehr an jedes gegen sie ausgesprochene Wort erinnern, doch bei der gleich nach der Tat von ihr per E-Mail verständigten Polizei Waiblingen hatte sie noch zeitnah und frisch berichten können, was sie und ihre Kinder am Tatabend in Todesfurcht versetzt hat. Nämlich, dass ihr die Angeklagte die Schuld an der Inobhutnahme deren Sohnes durch das Jugendamt des Rems-Murr-Kreises gebe.
„War irgendwas davon die Rede, dass Ihnen das Fleisch aus dem Körper genommen werden soll?“, fragte Strafrichterin Figen Basoglu-Waselzada die bedrohte Nachbarin. „Ja“, so die Zeugin. Weshalb sie „so eine schreckliche Angst“ bekam, dass sie sich hilfesuchend an die Polizei wandte. Auch wegen ihrer Kinder.
„Die kann kein Deutsch“, schimpfte die Angeklagte in die Zeugenaussage der bedrohten Nachbarin im Gerichtssaal nicht nur einmal ohne Rederecht hinein. „Ich liebe Kinder, ich bin kein böser Mensch“, versicherte die Angeschuldigte. Die Kinder der Nachbarin begrüße sie immer mit einem freundlichen „Hallo“.
Die Nachbarin sehe sie höchstens mal in der Waschküche des Waiblinger Mietshauses. Denn sie selbst sei mit Mietzahlung durch das Jobcenter und dann nur noch 500 Euro Bürgergeld für sich selbst finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet, seit das Kindergeld und der Unterhalt für den vom Jugendamt in Obhut gebrachten Sohn fehle. Deshalb habe sie eine Arbeit aufgenommen und mache darüber hinaus eine Weiterbildung im sozialen Bereich.
Gericht überzeugt, dass die Frau Drohungen ausgesprochen hat
Mit alledem konnte die Angeklagte nach so einer und auch noch so detailliert auf innere Organe ausgesprochenen Todesdrohung gegenüber ihrer Nachbarin weder vor der Staatsanwaltschaft noch vor Gericht punkten.
Der Ankläger ging schon alleine aus Erfahrung davon aus, dass er seitens der bedrohten Nachbarin, die bei der Polizei im Übrigen gut Deutsch sprach und sicherheitshalber nur für den Strafprozess um eine Dolmetscherin bat, nichts falsch verstanden haben konnte: „Wenn man jemanden etwas in die Schuhe schieben will“, so der Staatsanwalt in seinem Plädoyer auf 900 Euro Geldstrafe, dann lasse man sich etwas Einfaches einfallen wie zum Beispiel „Ich stech’ dich ab!“
Richterin Figen Basoglu-Waselzada sah das aus ihrer Gerichtserfahrung heraus – und aktuell geschult auf Aussage-Psychologie von Zeugen – genauso.
Opfer will aus Angst sogar von Strafverfolgung absehen
„Die Zeugin hatte Angst“, folgte die Richterin bei der Verurteilung der Bedroherin mit einem Vokabular wie aus einem Schlachthaus dem Strafantrag der Staatsanwaltschaft auf 900 Euro Geldstrafe. Die „Angst“ der bedrohten Nachbarin manifestierte sich für das Gericht auch direkt im Saal, als sich die beiden Frauen von Angesicht zu Angesicht gegenübersaßen, wobei das Opfer vor lauter Angst sogar von einer Strafverfolgung der Täterin absehen wollte.