Weinstadt

Aufregung in Schnait: Ölspur-Anschlag auf Motorradfahrer oder doch nur Traubensaft?

Ölspur
Die Strecke zwischen Schnait und Manolzweiler ist bei Motorradfahrern sehr beliebt. Am Dienstag stand hier ein Schild und warnte vor einer Ölspur, die gar keine war – in einer Facebookgruppe aber große Emotionen ausgelöst hat. © Gabriel Habermann

Hat es in der Weinstraße einen lebensgefährlichen Ölspur-Anschlag auf Motorradfahrer gegeben? Das legt ein Facebook-Beitrag in der größten Weinstädter Gruppe des sozialen Netzwerks nahe. Die Empörung ist groß, lärmgeplagte Anwohner geraten als Tatverdächtige ins Visier. Doch die Polizei sagt: Es ist nichts dran, es war kein Öl und keine Absicht. Am Ende könnte es sich um die harmlose Traubensaft-Spur eines Vollernters aus den Weinbergen gehandelt haben.

Das Foto, das am Montagabend aufgenommen und bei Facebook eingestellt wurde, zeigt die recht breite Spur einer Flüssigkeit in einer Kurve vor dem Ortseingang von Schnait. Die Strecke zwischen Schnait und Manolzweiler ist bei Motorradfahrern sehr beliebt. Darunter leiden jedoch die Anwohner der Weinstraße. Seit vielen Jahren kämpfen sie gegen den Motorradlärm.

Manche Biker werfen ihnen im Gegenzug vor, übersensibel und aggressiv zu reagieren und sogar vor gefährlichen Eingriffen in den Straßenverkehr nicht zurückzuschrecken. Der Ärger zwischen den beiden Lagern reicht also weit zurück – und ist jetzt neu entbrannt.

Empörung über das vermeintliche Attentat auf Motorradfahrer bei Facebook

Mehr als 100 überwiegend wütende Reaktionen hat der Beitrag mit der vermeintlichen Ölspur in der fast 6000 Mitglieder starken Facebook-Gruppe „Wenn du aus Weinstadt kommst und das deine Heimat ist“ gesammelt. Für den jungen Mann, der das Foto geteilt hat, steht fest, dass es sich bei der Spur um eine böswillige Aktion handelt: „Eine Ölspur in dieser Breite und nur in den Kurven ist schon bisschen offensichtlich“, schreibt er. „Und wehe mir kommt jetzt einer mit der Lärmbelästigung.“

Die Reaktionen unter dem Beitrag: Empörung, Wut und Gewaltfantasien gegen den unbekannten Täter. Nur: Den hat es höchstwahrscheinlich gar nicht gegeben.

Jedenfalls ist das die Einschätzung des Polizeisprechers Holger Bienert vom Polizeipräsidium Aalen. Die Verunreinigung auf der Straße sei „unabsichtlich“ passiert, „davon gehen wir aus“. Für Ermittlungen wegen einer Straftat gebe es keinen Anlass.

Holger Bienert bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion zwar, dass die Polizei am Abend in der Weinstraße im Einsatz war, um die verunreinigte Straße zu sichern. Am Dienstagvormittag warnte auch sicherheitshalber noch ein Schild vor der vermeintlichen Ölspur, die da schon gar nicht mehr zu sehen war. Was aber die bei Facebook kolportierte Version eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr angeht, so sei das nicht mehr als „eine Behauptung, die in den Raum gestellt wird“, sagt Bienert.

Polizeisprecher: Solche Verschmutzungen werden tagtäglich gemeldet

Es habe sich bei der Spur auch gar nicht um Öl, sondern um „eine andere Substanz“ gehandelt. Diese kann die Polizei auf Nachfrage nicht eindeutig benennen. Derlei Verschmutzungen, ob durch Öl, Bremsflüssigkeit oder verunreinigtes Wasser, das zum Beispiel von einem Kieslaster fließe, würden aber „tagtäglich im ganzen Präsidiumsgebiet“ gemeldet. Seit eine Motorradzeitschrift das Thema aufgegriffen habe, würde vermehrt über vermeintlich mutwillig gelegte Ölspuren diskutiert. Der Polizeisprecher sagt: „Dann recherchiere ich diese Einsätze und stelle fest, dass es gemeine Ölspuren oder Verunreinigungen sind, die nicht den Schluss zulassen, dass etwas vorsätzlich aufgebracht worden ist.“

Junger Motorradfahrer berichtet von Laserpointer und Kies

Der junge Mann, der den Facebook-Post abgesetzt hat, zweifelt an dieser Version. Er wohnt ihn Schnait und bezeichnet sich als „leidenschaftlicher Motorradfahrer“. Sein Vorwurf: Über die Jahre seien die Aktionen der Anwohner in der Weinstraße immer extremer geworden. „Wir wurden schon aus Autos heraus mit Laserpointer geblendet, in den Kurven lag zufälligerweise Kies in großen Mengen.“ Er habe mit seinem Beitrag aber keine „Hetze“ gegen die Anwohner lostreten wollen.

Viele der Menschen, die am Ortsausgang von Schnait an der kurvenreichen Strecke wohnen, kämpfen schon seit 20 Jahren gegen den Verkehrslärm insbesondere durch Motorradfahrer. Erst im vergangenen Jahr hat eine Bürgerinitiative Tempo 30 auf der Weinstraße gefordert – ohne Erfolg. Auf der Kreisstraße seien die Voraussetzungen dafür nicht gegeben, hieß es damals.

Anwohner Christof Oesterle: „Gestern war hier der Traubenvollernter unterwegs“

Den Vorwurf, dass die Anwohner auch vor Straftaten nicht zurückschreckten, weist Christof Oesterle aber entschieden zurück. Der GOL-Gemeinderat wohnt an der Weinstraße und kennt die Mitglieder der Bürgerinitiative gegen den Lärm gut. Er sagt: „Mit Sicherheit niemand, der in dieser Initiative dabei ist, würde so etwas machen.“

Seine Vermutung, was hinter der Spur steckt, ist eine andere, ziemlich plausible und wenig spektakuläre: „Gestern war hier der Traubenvollernter unterwegs. Wenn der da runterfährt und bremst, läuft immer wieder Traubensaft raus.“

Hat es in der Weinstraße einen lebensgefährlichen Ölspur-Anschlag auf Motorradfahrer gegeben? Das legt ein Facebook-Beitrag in der größten Weinstädter Gruppe des sozialen Netzwerks nahe. Die Empörung ist groß, lärmgeplagte Anwohner geraten als Tatverdächtige ins Visier. Doch die Polizei sagt: Es ist nichts dran, es war kein Öl und keine Absicht. Am Ende könnte es sich um die harmlose Traubensaft-Spur eines Vollernters aus den Weinbergen gehandelt haben.

Das Foto, das am Montagabend

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