"Gewalt nimmt zu": S.C. Kampfsportschule Weinstadt bietet Seminare für Polizei

Am Samstag waren die Räume der S.C. Kampfsportschule in Weinstadt voll besetzt. Auf fast 400 Quadratmetern trainierten rund 60 Polizisten, Spezialeinsatztrainer und Justizangestellte aus ganz Deutschland und Österreich miteinander. In theoretischen und praktischen Übungen lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wie man beispielsweise eine Person auf dem Boden fixiert oder kontrolliert mit seinem Gegenüber umgeht. Methoden und spezielle Kampftechniken, die den Polizeibeamten und Justizangestellten im Alltag helfen sollen.
„Es muss leicht zu lernen und schnell umsetzbar sein“, erklärt Peter Weckauf. Der Kampfsporttrainer und sein Team entwerfen für jede Klientel aufs Neue ein angepasstes Programm. Für den Kampfsporttrainer ist dabei die Realitätsnähe ein wichtiger Faktor: „Es ist wichtig, dass man die Konzepte immer anwenden kann, egal ob allein, im Team oder mit einer Waffe.“
Dass das Seminar in der Weinstädter Kampfschule stattfindet, ist keinesfalls Zufall. Der Leiter der Taekwondo-Akademie, Salvatore Ciaramitaro, organisiert gemeinsam mit dem Kampfsporttrainer Dominik Oppold und Justizbeamten Axel Hempel Seminare speziell für Behördengruppen.
Teilnehmer kommen von weit her: Das Interesse an dem Seminar ist groß
Salvatore Ciaramitaro ist nicht nur der Leiter der Kampfschule, sondern hauptberuflich Justizbeamter im Landesgericht Stuttgart. Daher weiß er auch, dass man während des Dienstes wenig Zeit hat, neue Kampf- und Selbstverteidigungstechniken zu lernen. Laut dem 35-Jährigen sei die eigene Ausbildung nie zu Ende: „Man lernt nie aus und man kann seine eigenen Grenzen immer erweitern.“
Darum überlegen die Veranstalter, dieses Seminar jährlich anzubieten – das sei auch im Interesse der Teilnehmer gewesen. Sein Kollege und Mitveranstalter Dominik Oppold ist überrascht, wie hoch die Anfrage für das Seminar gewesen sei. Viele der Mitmachenden kommen zwar aus Baden-Württemberg, jedoch sind auch einige aus Berlin und sogar Österreich angereist.
Die Gewaltbereitschaft nehme zu
Eine Vermutung, weshalb die Nachfrage hoch ist, hat Kerstin Horvath: „Es gibt von der Behörde aus nur einen Auffrischungskurs im Jahr, aber das reicht nicht.“ Sie arbeitet beim Amtsgericht Böblingen und erklärt, dass man die Techniken regelmäßig üben und „am Ball bleiben“ müsse, um tatsächlich auf brenzlige Situationen vorbereitet zu sein. Die 34-Jährige habe auch das Gefühl, dass die Gewaltbereitschaft in den letzten Monaten zugenommen hat. Vor allem nehme die verbale Gewalt zu, so Kerstin Horvath. Sie werde bei normalen Gesprächen schneller angeschrien. Es komme auch häufiger zu direkten Konfrontationen. „Ich denke, jeder hier im Raum würde mit „Ja“ antworten, wenn man fragt, ob die Gewaltbereitschaft zugenommen hat.“
Jenny Mikl arbeitet für das Amtsgericht Stuttgart und nimmt ebenso freiwillig an dem Spezialseminar teil. Es sei wichtig, „seinen Horizont zu erweitern“ und vor allem die Anwendung der neuen Zugriffstechniken zu lernen. „Man muss wissen, wie man reagieren wird, noch bevor es zu der Situation kommt“, so die 29-Jährige.
Sie erhofft sich aber auch, mit den anderen Teilnehmern ins Gespräch zu kommen, um Erfahrungen und Tipps auszutauschen. Ihr sei es wichtig, präventive Maßnahmen zu lernen und deeskalierend reagieren zu können.