Weindorf in Weinstadt 2023: Welche Weingüter mitmachen und was wo geboten wird

Auch ein Jahr nachdem die letzten Corona-Regeln für Veranstaltungen aufgehoben worden sind, kehrt das traditionsreiche Weinstädter Weindorf nicht auf den Marktplatz in Beutelsbach zurück. Vielmehr hält der Weindorf-Verein an dem dezentralen Konzept fest, mit dem das Weindorf 2022 - damals aus Planungsunsicherheit wegen der Pandemie - stattgefunden hat. Die Winzer verraten: Vielleicht ersetzt das „Weindorf auf Achse“ zukünftig ganz die ehemalige Großveranstaltung.
Das Weinstadt-Weindorf hat lange Tradition: Sie seien in Weinstadt die Ersten gewesen mit so einem Format, erinnert sich Armin Zimmerle. Erst dann seien Städte wie zum Beispiel Winnenden und Schorndorf mit ähnlichen Festen nachgezogen. Beim Weindorf in Weinstadt handelt es sich nicht um eine städtische Veranstaltung, sie wurde jedes Jahr von den teilnehmenden Weingütern und Betrieben eigenständig geplant und umgesetzt - das habe alles eingeschlossen von der Organisation bis zum Spülmaschinendienst, so Zimmerle. Jeder packte an, wo es eben nötig war.
Anforderungen an Großveranstaltungen wurden jedes Jahr größer
Das Fest auf dem Beutelsbacher Marktplatz erfreute sich jedes Jahr großer Beliebtheit. Nicht selten habe der Weindorf-Verein mal eben so 10.000 Menschen nach Weinstadt gelockt, erinnert sich Jörg Schwegler. Doch in den Jahren vor der Pandemie wurden die bürokratischen Hürden und die Anforderungen an so eine Großveranstaltung immer höher. Da keiner der teilnehmenden Betriebe hauptberuflich Feste ausrichte, sei das immer mehr zum Problem geworden, sagt Peter Jung, Geschäftsführer der Remstalkellerei: „Das funktioniert nicht, wenn man die Daumenschrauben immer mehr anzieht.“ 2020 und 2021 musste das Weindorf wegen Corona ganz ausfallen. Dieses Jahr könnte es eigentlich wieder in alter Pracht stattfinden - aber so wie früher auf dem Marktplatz sei das schlicht nicht mehr zu stemmen, sagt Jörg Schwegler.
Deswegen findet das Weinstadt-Weindorf auch dieses Jahr dezentral bei den teilnehmenden Betrieben statt, außerdem wird die Aussichtsplattform auf der Luitenbächer Höhe beschickt. Damit Besucher die Möglichkeit haben, möglichst viele Stationen in den verschiedenen Weinstädter Ortsteilen zu besuchen, wird das „Weindorf auf Achse“ an vier Tagen, von Freitag, 28. April, bis einschließlich Montag, 1. Mai, stattfinden.
Großveranstaltung wäre dieses Jahr noch einmal teurer geworden
Die dezentrale Lösung bringt für die Weingüter rein logistisch schon viele Vorteile mit sich: Die meisten haben ohnehin Toiletten, Sitzgarnituren und auch Parkplätze bei sich. Es braucht keine Security und auch Wasser und Stromanschlüsse sind schon vorhanden. Gerade der Strom sei beim Veranstaltungsort Marktplatz immer exorbitant teuer gewesen, erzählt Yvonne Ellwanger.
Das wäre dieses Jahr noch teurer geworden: Denn in allen Bereichen seien die Preise extrem nach oben geschnellt. Diese Preissteigerungen eins zu eins an die Besucher weiterzugeben, sei keine Option gewesen: Sonst hätte man plötzlich in Weinstadt Stuttgarter Verhältnisse, sagt Jörg Schwegler.
Einige Betriebe sind mittlerweile nicht mehr dabei
Die Entscheidung für die dezentrale Version hänge aber auch vor allem damit zusammen, dass es nur noch acht Parteien statt wie früher zwölf sind, die das Fest ausrichten, sagt Jörg Schwegler. Vor der Pandemie schied zunächst das Weingut Klopfer aus betrieblichen Gründen aus, ein plötzlicher Todesfall kostete einen weiteren Betrieb. Während der Pandemie seien zwei weitere Weingüter ausgestiegen und bisher auch nicht mehr zurückgekommen, berichten die Organisatoren.
Jetzt sind noch die Weingüter Schwegler (Endersbach), Kuhnle (Strümpfelbach), Wilhelm (Strümpfelbach), Ellwanger (Großheppach), das Weingut im Hof von Armin Zimmerle (Großheppach), die Remstalkellerei in Beutelsbach sowie die beiden Gastronomen Weinstube Anker (Schnait) und der Landgasthof „Zum Löwen“ in Beutelsbach dabei. So dezimiert seien sie schlicht zu wenige, um eine solche mehrtägige Großveranstaltung finanziell und personell stemmen zu können, sagt Jörg Schwegler.
Verein bittet Stadt um Hilfe, Stadt lehnt ab
Der Weindorf-Verein hat auch die Stadt um Hilfe gebeten: Mit etwas finanzieller Zuwendung und Unterstützung von Bauhof und Ordnungsamt hätte das Weindorf weiterhin auf dem Marktplatz umgesetzt werden können, glauben die Organisatoren. Von der Stadt sei die Anfrage aber abgelehnt worden: „Mit der Begründung, wir müssen alle Vereine gleich behandeln“, berichtet Daniel Kuhnle.
Oberbürgermeister Michael Scharmann bestätigt das auf Nachfrage unserer Redaktion: „Da nicht die Stadt, sondern ein Verein aus wirtschaftlich tätigen Unternehmen aus dem Weinbau und der Gastronomie Veranstalter ist, ist eine finanzielle Beteiligung der öffentlichen Hand rechtlich leider schwierig darstellbar“, schreibt der OB in einer Stellungnahme. Persönlich bedauere er ebenfalls, dass das Weindorf aktuell nicht mehr in gewohnter Art und Weise - zentral auf dem Beutelsbacher Marktplatz - stattfinden werde: „Für mich war es tatsächlich eines der schönsten Feste in Weinstadt.“
Stadt hofft, dass das Weindorf irgendwann auf den Marktplatz zurückkehrt
Es sei jedoch nachvollziehbar, dass für die Veranstalter das Weindorf einen riesigen Aufwand darstelle und entsprechende Weinfeste auf den eigenen Weingütern viel besser umzusetzen seien. „Ich würde mir wünschen, dass wir für die kommenden Jahre eine Lösung finden, wie ein zentrales Weindorf wieder veranstaltet werden kann. Ich freue mich jedoch auch auf die vielen dezentralen Weinfeste hier in Weinstadt, die sehr zu unserem Charme und zu unserer positiven Ausstrahlung beitragen“, so Michael Scharmann.
Die acht Betriebe sind optimistisch, dass das Weindorf 2023 auch in seiner dezentralen Variante als „Weindorf auf Achse“ wieder ein voller Erfolg werden wird - Marktplatz hin oder her. Das Konzept habe auch im vergangenen Jahr gut funktioniert. „Wir sind nicht diejenigen, die etwas verlieren“, sagt Daniel Kuhnle in Bezug auf die Stadtverwaltung. Alle Betriebe hoffen, dass das Wetter dieses Jahr mitspielt und die Menschen nach draußen und auf die Weingüter lockt. Die meisten Besucher kämen nämlich mit dem Fahrrad oder zu Fuß, berichtet Yvonne Ellwanger aus Erfahrung. Und auch bei den Stationen selbst ist das „Weindorf auf Achse“ als Open-Air-Veranstaltung auf gutes Wetter angewiesen.