18. Winnender Weintage
Winnenden. Der Himmel schickt Weißweinwetter auf den Marktplatz. Dort schicken an den Schattenplätzen unter Schirmen und in den Lauben Winzer und Weingenießer Wünsche zurück, es möge bloß die Kühlung nicht ausfallen. Denn alles stürzt sich auf die Weißen und Roséweine.
Die Stunden vor dem großen Gewusel: Der Marktplatz ist gut besetzt, an den Weinlauben ist Ruhe vor dem Sturm, das erste ersehnte Lüftchen streift die Gesichter. „Die Hitze bis jetzt war schon recht kompakt und drückend“, meint Winzer Hartmut Luckert und fächert sich mit der Weinkarte Luft ins Gesicht. Mit der anderen Hand schenkt er einen Riesling Kabinett und einen Muskateller ein. Eine Frau bringt ihre leeren, noch beschlagenen Gläser: „Als Nächstes probiere ich mal den Zweigelt Rosé.“ Ein Mann bekommt eine Flasche Chardonnay mit einem Weinkühler aus dem Kühlschrank überreicht. „Klar, bei dem Wetter gehen zu 90 Prozent Weiß- und Roséweine“, sagt Luckert. Sauvignon Blanc, Kerner, Weißburgunder sind die gefragten Dämmerschoppen, sie kühlen runter auf normale Betriebstemperatur.
Ein Fest, das auf geruhsamen Genuss ausgerichtet ist
Bei 30 Grad im Schatten ist die Frage zweitrangig, welchen Weißwein man wählt, sondern wie man ihn kühl hält. „Schneller trinken“, gibt eine Frau einen nicht ganz ernst gemeinten Tipp bei diesem entspannten, nur vom Trachten nach geruhsamem Genuss getakteten Weinfest.
Bei der traditionellen Blindverkostung und Wahl des Weintageweins waren die Winzer angehalten, einen „Top-Weißwein“ auszuwählen. Was „top“ bedeutet, darin war jeder frei. Aus Weinbausicht betrachtet sei das Mostgewicht ausschlaggebend, doch Luckerts setzten andere Kriterien an: „Er muss uns schmecken, sich gut verkaufen und ein hochwertiger Wein sein.“ Klarer war der Fall für das Weingut Siegloch: „Wir führen eine eigene Premiumlinie und haben aus dieser „Vogelfrei“-Sparte den Weintags-Weißen genommen“, verrät David Siegloch, der mit Kühl-Tonnen für den Schnellzugriff auf den erwarteten Weißwein- und Roséansturm vorbereitet ist.
Blindverkoster testen Weine
Wein ist immer eine Frage des Geschmacks, wie sich an unterschiedlich kolorierten „Mmmmhhh“-Lauten und an abwägenden Gesichtsausdrücken der Blindverkoster am Stand des WWKV heraushören und ablesen lässt. Bei Wein werde über „schmeckt mir“ und „schmeckt mir nicht“ zugegriffen, beobachtet Bernd Kutter, der die streng geheim gehaltenen Flascheninhalte nach dem Nummernsystem ausschenkt. „Nicht so alkoholisch, natürlich, leicht“ wirkt der Weintagswein mit der Nummer eins auf einen Herrn aus Marbach-Rielingshausen. Die Weintesterin zur Linken mag am selben Wein das „würzige, intensive Beerenaroma“.
"Besser hätten wir es nicht treffen können"
Ehepaar Hoffmann aus Höfen hat Besuch aus der Schweiz. Auch ihnen schmeckt der Einser, wenn auch die Geschmackseindrücke so weit auseinanderliegen wie die Wohnorte: „Zitronig“, sagen die Hoffmanns. Urban Wenk und seine Frau Annette Hagoort finden ihn „intensiv fruchtig, herb, zum Käse und als Apéro würde er gut passen“. Jörg und sein Cousin Bernd aus Stuttgart schwanken „zwischen dem Dreier und dem Fünfer“. Es habe sie zufällig nach Winnenden verschlagen. „Weil ein anderes Weinfest noch nicht geöffnet war, sind wir hierher, besser hätten wir es nicht treffen können.“ Beide mögen die Weine, der eine preist die „Würzigkeit“, der andere schmeckt „sehr viel Frucht“ heraus. Nadine aus Winnenden labt sich an ihrem Favoriten, ein Blanc de noir, und wägt pragmatisch ab: „Sehr fruchtig und fürs Wetter erfrischend, aber ich glaube, das ist heute jeder Weißwein oder Rosé.“
Der letzteTag
Bloß, weil das Wochenende vorüber ist, brauchen die Weintage doch nicht aufzuhören. Erst heute, am Montag, ist der letzte der Winnender Weintage. Um 11 Uhr geht’s los. Um 20 Uhr werden der Weintagswein 2017 und die Gewinner der Auslosung bekanntgegeben.
Donnergrollen
Die Betriebstemperatur der Weintage blieb auch am Sonntag hoch.
Kurz vor zwölf Uhr verdunkelte sich der Himmel und man hörte ein einmaliges Donnergrollen. Aber es blieb trocken und viele Gäste saßen auch zu Mittag beim Fest.