Diskussion um den sozialen Wohnungsbau
Winnenden. „Wir sehen es trotzdem für sinnvoll an, Grundstücke mit Sozialwohnungen zu bebauen“, sagte SPD-Stadtrat Hans-Dieter Baumgärtner. „Wir auch“, betonte FWV-Stadtrat Hans-Peter Luckert. Er beantragte dennoch, mit dem Grundstück Gerberstraße noch zu warten und die Kollegen im Gemeinderat zu fragen. Der Antrag ging einstimmig durch. Die Scheu vor dem Bauen ist groß, das Thema vertagt.
Unterschiedlichste Bedenken und Erinnerungen an eine Diskussion vor einem Jahr führten am Dienstagabend im Technischen Ausschuss dazu, dass das Thema an den Gemeinderat vertagt wird. „Wir gingen damals nicht von Vergaben aus und dass die Stadtbau als Bauherr auftritt“, behaupteten Hans-Peter Luckert, Robin Benz, Uwe Voral und Frank Rommel. „Und der Verwaltung war das nicht bewusst, dass Sie so denken“, so Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth. Er stimmte nach langer Diskussion aber der Vertagung zu. Nun können die Fraktionen die Sache nochmals intern beraten, und auch die Verwaltung hatte Zeit, das Besprochene in ihren Unterlagen nachzuschauen (siehe blaue Überschrift).
Der Auftrag an ein Architekturbüro, für ein Grundstück der Stadt an der Gerberstraße ein Wohnhaus zu planen, dreht also eine Ehrenrunde. Es ging aber nicht nur ums Prinzip, ob die Stadtbau bauen darf oder nur kaufen und mieten. Die Diskussion offenbarte, dass einige Stadträte nach dem Debakel mit der Gemeinschaftsschule, die sich die Stadt nicht leisten kann, umdenken wollen.
Bei der Schule ins Blaue geplant, so Schäftlmeier
Hans-Dieter Baumgärtner wollte wissen, was das Haus pro Quadratmeter kostet. Petra Schäftlmeier (CDU) wollte gar die Kosten vorher „deckeln und dann gucken, was der Entwurf hergibt. Wir haben bei der Schule ins Blaue geplant und sind über die Kosten erschrocken. Ich will es jetzt andersherum machen.“ Sie sieht beim Bau von Sozialwohnungen auch die Möglichkeit, Modul- oder Systembauten zu kaufen, bevor man einen Architekten beauftragt und ihn anschließend einzelne Gewerke ausschreiben und die Bauausführung überwachen lässt.
„Wir brauchen erst einen Plan, sonst wäre ein Kostendeckel reine Willkür“, entgegnete OB Holzwarth. Erst mit einer Planung kann der Quadratmeterpreis ermittelt werden. Richtig sei, dass sich das Architektenhonorar nach der Bausumme richte. „Ist sie uns zu hoch, können wir aber immer noch anders entscheiden.“
OB: „Baugenossenschaften sind nicht Mutter Teresa“
FDP-Stadtrat Robin Benz kritisierte, dass die Stadt den Sozialwohnungsbau nicht den Baugenossenschaften überlasse oder deren Wohnungsbau fördere und dann als Mieter auftrete. „Wenn wir ein Gebäude haben, bleibt uns ja auch die Folgeverwaltung. Und das, obwohl vielleicht nur die Hälfte der jetzt anwesenden Flüchtlinge dauerhaft bleiben wird.“
Der städtische Immobilienmanager Ralf Köder aber konnte ihn beruhigen: Auf seiner Warteliste für soziale Härtefälle, deren Mietzahlung übers Wohngeld gedeckt ist, stehen mitnichten nur Flüchtlinge. „Ein Bauträger und eine Wohnbaugenossenschaft vermietet auch nicht ausschließlich an diese Leute. Die sind nicht Mutter Teresa“, sagte OB Holzwarth. Im Übrigen wollte bislang kein Bauträger dieses Gerberstraßengrundstück haben. Warum also nicht selber etwas erstellen für eigene Zwecke? „Es liegt fußläufig zum Rathaus, ist für unsere Mitarbeiter also gut zu erreichen.“
Bauamtsleiter Hägele spricht von sechs bis sieben Wohungen
Die zentrale Lage ist für den Oberbürgermeister aber auch Verpflichtung, etwas Ansehnliches wie an der Seegartenstraße zu bauen und eher keinen Modulbau hinzusetzen.
Bauamtsleiter Klaus Hägele skizzierte vor der Diskussion kurz die Vorstellungen der Stadtbau: „Der Standard wird etwas geringer sein als an der Forchenwaldstraße. Wir möchten sechs bis sieben Wohnungen planen lassen, also Ein-, Zwei- und Drei-Zimmer-Apartments.“ Im Übrigen erinnerte er daran, dass der Gemeinderat der Stadtbau im vergangenen Jahr Geld für Planungsleistungen zur Verfügung gestellt und sie für die folgenden drei Jahre ermächtigt hat, über weitere Mittel zu verfügen. „Das ist Geld, mit dem der Eigenbetrieb sozialen Wohnraum schaffen soll.“
Satzung erlaubt der Stadt, Bauherrin zu sein
Der Eigenbetrieb Stadtbau ging am 1. März 2016 an den Start. Die Stadt kann damit günstig Kredite aufnehmen, Fördergelder für den sozialen Wohnungsbau erhalten und Bürgern Obdach bieten, wie es vom Gesetz her ihre Pflicht ist.
Ob die Stadt Häuser baut (wie zuletzt an der Seegartenstraße), war in der Diskussion zur Gründung umstritten. Jedoch wurde im Satzungsbeschluss gebilligt, dass die Stadt für eigene Zwecke bauen kann. Das hat OB Holzwarth nach der Sitzung nochmals recherchiert. „Dass wir wie ein Bauträger Häuser bauen und sie verkaufen, ist aber ausgeschlossen.“
Die Absprache lautete, dass der Technische Ausschuss jedes Bauvorhaben der Stadtbau einzeln behandelt.
„Am 22. März 2016 haben wir den Gemeinderat nichtöffentlich informiert, welche Flächen wir für den sozialen Wohnbau vorsehen. Darunter waren auch das Grundstück der katholischen Kirche, die Festwiese in Birkmannsweiler und die Gerberstraße“, so Holzwarth.
FWV-Stadtrat Markus Siegloch meinte sich zu erinnern, dass die Stadtbau nur an Generalunternehmer vergeben solle. Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth erinnert sich daran nicht. Er sagte, dies sei einem kommunalen Eigenbetrieb nur unter bestimmten Umständen erlaubt, zum Beispiel, wenn es schnell gehen soll. Da so ein Vorgehen zehn bis 15 Prozent teurer sei, rät die Gemeindeprüfungsanstalt davon ab. Außerdem gelte die Landesvorschrift zur Stärkung des Mittelstands.