Winterbach

Verbot von Gas- und Ölheizungen ab 2024: Welche Heizung soll's jetzt sein?

Energiesparen
Heizung aus ist auch keine Lösung. © Gaby Schneider

Der Winterbacher Energieberater Michael Barner tut sich momentan schwer, Leuten Ratschläge zu geben, wenn sie wissen wollen, was für eine Heizung sie einbauen sollen. Seit ein Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck in frühem Stadium öffentlich wurde, der vorsieht, den Einbau neuer Gas- und Öl-Heizungen ab 2024 weitgehend zu verbieten, fragen sich viele: Wie soll das gehen? Und soll ich mir jetzt schnell noch eine Ölheizung holen, solange es noch geht? Michael Barner findet: Das Pferd wird hier eigentlich von der falschen Seite aufgezäumt.

Ob das Gesetz so kommt, wie jetzt im Entwurf veröffentlicht, ist natürlich völlig offen. Die FDP hat als Partner in der Ampelkoalition schon ihren Widerstand angekündigt. Vorgesehen ist, dass ab 2024 beim Einbau einer neuen Heizung die Wärme mindestens zu 65 Prozent aus erneuerbaren Energien kommen muss. Das heißt: Gas und Öl zum Heizen nicht ganz verboten, dürfen aber nur noch ein kleiner Teil des Heizsystems sein.

„Die Heizung ist eigentlich der letzte Schritt“

Die Intention des politisch angedachten Verbots von Gas- und Ölheizungen sei ja generell richtig, sagt Energieberater Michael Barner: „Wir müssen von fossilen Energieträgern weg und müssen einsparen.“ Aber: „Ich denke mal, wichtig ist die Reihenfolge. Es muss erst einmal die Priorität sein, die Gebäudehülle zu ertüchtigen.“ Aus Sicht eines Energieberaters „ist es schlicht und einfach so, dass die Heizung, wenn ich ein bestehendes Gebäude saniere, eigentlich der letzte Schritt ist“.

Es gebe eine riesige Menge von Bestandsgebäuden, die energetisch nicht optimal dastünden, weil sie zum Beispiel nicht oder schlecht gedämmt seien und viel Wärmeenergie verloren gehe. „Dort mit einer Wärmepumpentechnik zu kommen, das ist fragwürdig“, sagt der Energieberater.

Die Wärmepumpe scheint inzwischen das Nonplusultra der Heizungstechnik zu sein. Bei einem Verbot von Öl und Gas gibt es auch gar nicht viele Alternativen. Das Problem sei, wie Michael Barner erklärt: Für ein altes, unsaniertes Gebäude mit schlecht gedämmter Hülle sei eine Wärmepumpe eigentlich nicht geeignet. Es gebe zwar „Spezialisten“, die dann darauf hinwiesen, es gebe doch Hochleistungswärmepumpen, die eine Vorlauftemperatur von 70 Grad hinbekämen. „Da sage ich: Die Stromrechnung am Ende des Jahres möchte ich sehen, das wird wahrscheinlich ein böses Erwachen geben.“

Riker Immobilien: "Anreize schaffen"

Deswegen findet Michael Barner: Auch politisch müsste es eigentlich das Ziel sein, erst einmal die Sanierung des Gebäudebestands in Angriff zu nehmen. Doch momentan passiere genau das Gegenteil: Die Fördersätze seien runtergefahren worden – während die Baupreise gestiegen seien. Also: genau der falsche Weg.

Das findet auch Bauunternehmer Björn Riker. Der Geschäftsführer von Riker Immobilien sagt: „Ich denke nicht, dass wir mit Verboten weiterkommen, wir müssen Anreize schaffen, andere Optionen weiter voranzutreiben.“ Zum Beispiel eben die Förderprogramme für energieeffizientes Sanieren wieder aufbessern. Ein anderes Problem sei auch „der Wust an Bürokratie“, die ein Immobilienunternehmen wie Riker mit seinem Personal zwar in den Griff bekomme, bei dem ein „Häuslebauer“, der allein mit seinem Architekten ein Projekt realisieren wolle, aber an seine Grenzen stoße.

„Angst ist immer ein schlechter Ratgeber“

Was ist nun aber, wenn ich jetzt schnell eine neue Heizung brauche, weil meine alte kaputt ist? Oder wenn ich mich für meinen Neubau für eine Technik entscheiden muss? „Da sind Sie im Moment in einer schwierigen Situation“, sagt Michael Barner. Derzeit tue er sich schwer, einem Bauherren zu sagen, was die vernünftigste Lösung ist. Altbau-Besitzern könne er dann eigentlich auch nur raten, erst einmal über die Gebäudehülle nachzudenken und davon ausgehend die Heizung zu planen.

Generell gelte: „Angst ist immer ein schlechter Ratgeber.“ Solange nicht „alle Karten auf dem Tisch lägen“ und das neue Gesetz aus dem Wirtschaftsministerium nur ein früher Entwurf ist, sei das keine Grundlage, auf der man jemanden beraten könne. Da werde sich sicher noch viel verändern, bis es beschlossen sei. „Dann muss man gucken, ob der gesunde Menschenverstand oder die Ideologie siegt.“

Denn, mal abgesehen vom Sinn eines Verbots, müsse man ja ganz praktisch sehen: „Man muss auch erst mal die Handwerker haben, die das alles bewältigen.“ Wer derzeit eine Wärmepumpe bestelle, der habe, je nach Hersteller, eine Wartezeit von mehr als einem Jahr.

Ganz ähnlich könne es einem derzeit allerdings auch gehen, wenn man einen Ölkessel im kleineren Leistungsbereich wolle. „Anscheinend sind viele Eigentümer der Meinung: Ich lasse mir jetzt schnell vor dem Verbot meine Ölheizung erneuern – und dann sehen wir weiter.“ Diese Strategie könne durchaus aufgehen: „Wenn ich mir jetzt einen neuen Heizkessel einbauen lasse, besteht ja noch die Möglichkeit, dass ich im nächsten Schritt das System durch eine Wärmepumpe ergänze.“

Hybridlösung aus Wärmepumpe und Gaskessel

Tatsächlich sollte man für einen unsanierten Altbau eine Hybridlösung in Erwägung ziehen, so der Energieberater, also zum Beispiel Wärmepumpe plus Gaskessel: „Dann reicht vielleicht die Wärmepumpe bis zu einer Außentemperatur von null oder minus zwei Grad, und wenn es richtig kalt wird, kommt der Gaskessel dazu.“

Wer für ein Mehrfamilienhaus die richtige Technik sucht, steht noch mal vor ganz anderen Fragen als ein Einfamilienhausbesitzer. „In Mehrfamilienhäusern habe ich oft winzige Heizräume“, sagt Michael Barner. Darin sei es oft schwierig, die Technik, zum Beispiel für eine Hybridheizung, unterzubringen.

Ganz grundsätzlich sei aus seiner Sicht für ein unsaniertes Mehrfamilienhaus „erst mal eine Pelletheizung die richtige Lösung“. Damit bekomme man die für ein großes Haus mit mehreren Wohnungen nötige Vorlauftemperatur und sei mit einem regenerativen Energieträger unterwegs. „Man muss sich natürlich dabei schon anschauen: Wo kommen die Pellets her? Die sollten nicht vom Ende der Welt kommen, das sollte dem Nachhaltigkeitsanspruch genügen.“

Blockheizkraftwerke als Baustein der Energiewende

Bauunternehmer Björn Riker fragt sich derzeit noch, was eigentlich mit Blockheizkraftwerken ist, die er für Mehrfamilienhäuser oder auch für kleine Nahwärmenetze für eine gute Lösung hält. Doch für diese braucht man derzeit auch noch Gas oder Öl als Energieträger.

Dazu meint Energieberater Michael Barner: „Ich habe den Eindruck, dass die BHKW-Technik nicht auf dem Wunschzettel unserer Regierung steht.“ Das hält er für schlecht, „weil die BHKWs eigentlich gut dafür geeignet sind, eine Grundlast abzudecken“. Es wäre für die Energiewende neben den volatilen Energieträgern Sonne und Wind, deren Leistung schwanke, eine gute Ergänzung. Wenn man aber wegwolle vom Erdgas und vom Öl – „dann sollte ich es mit reinem Biogas betreiben“. Aber auch da stellt sich wieder die Frage: „Woher kriege ich das in der Menge?“

Der Winterbacher Energieberater Michael Barner tut sich momentan schwer, Leuten Ratschläge zu geben, wenn sie wissen wollen, was für eine Heizung sie einbauen sollen. Seit ein Gesetzentwurf aus dem Wirtschaftsministerium von Robert Habeck in frühem Stadium öffentlich wurde, der vorsieht, den Einbau neuer Gas- und Öl-Heizungen ab 2024 weitgehend zu verbieten, fragen sich viele: Wie soll das gehen? Und soll ich mir jetzt schnell noch eine Ölheizung holen, solange es noch geht? Michael Barner

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