Der Schätzing schätzt es nicht
Ab dem kommenden Montag zeigt das ZDF die Serie „Der Schwarm“, die TV-Adaption des gleichnamigen Thrillers von Frank Schätzing. Der Roman ist schon 20 Jahre alt, die Meinungen von Lesern dazu sind unterschiedlich: Von „langweilig“ bis „Meisterwerk“ ist alles dabei.
Ich brauchte für den 900-Seiten-Wälzer zwei Anläufe. Zunächst kam mir, etwa zur Hälfte, inmitten der vielen ausschweifend-detaillierten Beschreibungen die Leselust abhanden. Beim Neustart empfand ich Schätzings Ambition, den Leser bei jedem Phänomen geradezu wissenschaftlich präzise einzuweihen, sogar als reizvoll. Die spannende Geschichte liefert bestes Nerd- und Fachwissen mit. Das Ende der Story war mir aber zu seicht.
Am Montag startet nun die lange erwartete Serien-Umsetzung im TV, die ersten Folgen sind in der ZDF-Mediathek bereits verfügbar. Seit 2006 wird daran getüftelt. Von Uma Thurman, die 2007 die Filmrechte erwarb, fehlt indes im aktuellen Cast jede Spur. Was wir zu sehen bekommen, ist eine 2018 gestartete internationale Koproduktion der European Alliance, die unterm Strich 40 Millionen Euro gekostet hat – und an deren Drehbuch Frank Schätzing zunächst noch selbst mitgeskriptet hat.
Kurz vor der Premiere hat sich der Autor aber entschlossen, sich offen abzuwenden. In „Die Zeit“ bezeichnete er die achtteilige TV-Umsetzung als „grundfalsch“, es sei „zusammengeschusterter Unsinn“. „Manches ist kinoreif, anderes rühr- und redseliges Beziehungskisten-TV“, tadelt Schätzing. „Es pilchert mehr, als es schwärmt.“ Die Presse schlägt sich auf seine Seite, die „Süddeutsche Zeitung“ titelt bissig: „Der Schmarrn“. Das ist zu hart.
Wie eingangs erwähnt ist ja auch der Roman nicht jedermanns Sache. Da hat die TV-Inszenierung – soweit ich es nach drei gesehenen Folgen sagen kann – mitunter sogar Schwächen geglättet. Eine Serie wird mit eigenem Tempo und Fokus erzählt, klar soweit. Dass die zentralen Figuren im Vergleich zum Roman gravierend geändert, andere hinzugedichtet wurden, das muss man schlucken. Findet man sich aber damit ab, ebenso wie mit der gestrafften Handlung, subtrahierter Detail-Präzision und dramaturgischen Anpassungen; tritt man insgesamt einen Schritt zurück und nimmt die Serie weniger vergleichend, vielmehr als neue Umsetzung einer guten Idee wahr, dann ist sie vielversprechend und unterhaltsam.
Ich „schwärme“ mal mit! Ihr Mathias Schwappach