Rems-Murr-Kreis

Alkohol: Jugendschutz wird nicht eingehalten

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Symbolbild. © Ramona Adolf
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Sonja Hildenbrand, die kommunale Suchtbeauftragte des Kreises, rät dazu, freundlich, aber bestimmt auf den Jugendschutz hinzuweisen.

Waiblingen. Sie waren jung und sie wollten was Hochprozentiges kaufen. Drei 17-Jährige waren im Mai im Auftrag von Kreis und Polizei zu Alkohol-Testkäufen unterwegs. Nur in zwölf von 30 Verkaufsstellen wurden die jungen Leute korrekt abgewiesen. Das muss besser werden, sagt Sonja Hildenbrand, die kommunale Suchtbeauftragte im Landratsamt, und wird die Tests wiederholen.

Das Jugendschutzgesetz ist eindeutig: keine Abgabe von Alkohol an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren. Bier, Wein und Sekt sind ab 16 Jahren erlaubt. Spirituosen wie Wodka, Rum, ganz gleich ob pur oder gemixt, gibt es erst ab 18 Jahren. Tabakwaren übrigens auch. Was nicht jeder weiß: Steht ein Erwachsener, also ein Mensch, der mindestens 18 Jahre alt ist, an der Kasse und es ist eindeutig erkennbar, dass im Hintergrund die minderjährige Bande sich schon grinsend auf das Getränk freut, das der Vorgeschickte gerade bezahlen will, darf der Alkohol auch nicht verkauft werden. Eltern dürfen keinen Zettel schreiben, dass das Kind den Schnaps, den Wein oder die Zigaretten mitbringen soll. Und ist jemand schon betrunken, darf auch kein Alkohol mehr verkauft werden, ganz gleich, wie alt der Käufer ist.

Im Mai waren drei junge Leute, 17 Jahre alt und Auszubildende aus den Kommunen, zusammen mit Polizisten in Zivil in Schwaikheim, Winnenden, Leutenbach und Berglen unterwegs. Die jungen Leute, zwei Mädchen, ein Junge, waren nicht besonders auf erwachsen getrimmt. Sie sollten auch in Bezug auf ihr Alter nicht lügen und keinesfalls Überredungsversuche starten. Sie sollten aber an 30 Verkaufsstellen – in Supermärkten, Getränkehandlungen, Kiosken und Tankstellen – versuchen, eine Flasche Hochprozentiges zu erstehen. Sie waren sehr häufig erfolgreich.

Verkäufer haben’s nicht leicht. Sie müssen trotzdem aufpassen

„Verkäufer haben’s nicht leicht“, sagt Sonja Hildenbrand, die kommunale Suchtbeauftragte des Kreises. Die Schlange ist lang, der Druck groß, die Jugendlichen sehen erwachsen aus oder die Erwachsenen wie Jugendliche und der Chef will, dass die Zahlen stimmen. Und außerdem ist’s gar nicht so leicht, auf die Schnelle auszurechnen, ob jemand, der etwa am 21. Juni 2000 geboren ist, schon 18 ist oder nicht.

Dennoch: Auch wenn Sonja Hildenbrand genau weiß, dass ihr mancher vorwirft, mit solchen Testkäufen Verkäuferinnen und Verkäufer zu Gesetzesverstößen zu verführen – sie sagt: Die Situation bei den Testkäufen ist realistisch. Beziehungsweise und ganz ehrlich – eigentlich noch mit Hilfestellung für das Kassenpersonal. Denn Mogeleien in Bezug auf das Alter sind sicher nicht ganz selten. Deshalb kann, wer Angst hat, zu scheitern, sich Hilfsmittel holen, mit denen das Durchsetzen des Jugendschutzes erleichtert werden kann.

Das Projekt heißt „Halt – hart am Limit“ und hat zwei Säulen. Die vorbeugende ist für den Handel gedacht. Dort kann zum Beispiel eine Kurzversion des Jugendschutzgesetzes als Poster oder Schild aufgehängt werden. Der Verweis auf diese Ausführungen und die Bemerkung „Ich darf nicht!“ sollten die Diskussion um Alkohol schnell beenden. Wenn das noch nicht hilft, gibt’s eine „Rote Karte“, die an die Jugendlichen ausgehändigt wird und auf der das Gesetz nochmals steht. Und, damit die Alters-Rechnerei nicht zur Qual wird: Eine Alterskontrollscheibe lässt auf einen Blick erkennen, wer kaufen darf und wer nicht.

Manche Geschäfte verkaufen konsequent nur an Erwachsene

Um sich den Verkaufsalltag leichter zu machen, sagt Sonja Hildenbrand, gibt es Geschäfte, die verkaufen grundsätzlich nur an Menschen, die 18 und älter sind, und lassen sich auch von allen, die jünger als 30 Jahre wirken, die Ausweise zeigen. „Es gibt kein Gesetz, das einen zwingt, etwas zu verkaufen.“

Dennoch: 27 Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz in 18 Verkaufsstellen – das ist alarmierend. In neun Geschäften gab es keinen Aushang, der auf das Verkaufsverbot hinweist. Dreimal wurden Tabakwaren verkauft, viermal sowohl Alkohol als auch Tabak, und elfmal gingen branntweinhaltige Getränke anstandslos über den Scanner.

Bei Erstverstößen sind rund 300 Euro fällig

Bei den Geschäften, die korrekt nach dem Ausweis fragten und den Verkauf verweigerten, wurde von den Polizisten in Zivil, die sich anschließend zu erkennen gaben, ein dickes Lob ausgesprochen. „Gerne auch mal etwas lauter“, sagt Sonja Hildenbrand. Solch korrektes Verhalten sollen ruhig alle mitbekommen.

Diejenigen, bei denen der Test schieflief, wurden, sagt Sonja Hildenbrand, diskret zur Seite gebeten und aufgeklärt. Dennoch, solche Fälle bleiben nicht folgenlos. Bei Erstverstößen sind rund 300 Euro fällig. Hat der Inhaber nicht aufgepasst, können bis zu 2000 Euro Strafe verlangt werden.


Das Jugendschutzgesetz

Das Jugendschutzgesetz dient dem Schutz Minderjähriger. Deshalb werden auch Kinder und Jugendliche nicht bestraft, wenn sie zum Beispiel versuchen, Alkohol zu kaufen oder ohne Aufsicht auf Festveranstaltungen zu kommen. Hier sind die Erwachsenen in der Pflicht und in der Verantwortung. Sie müssen wissen und durchsetzen:

  • An Jugendliche unter 16 Jahren darf gar kein Alkohol verkauft oder weitergegeben werden.
  • An Jugendliche ab 16 Jahren dürfen Bier, Wein und Sekt sowie Mischgetränke mit diesen Alkoholika verkauft und abgegeben werden.
  • Spirituosen wie Wodka, Rum, Whisky und Mischgetränke aus denselben, die sogenannten Alcopops, dürfen nur an Erwachsene ab 18 Jahren verkauft werden.
  • Wenn Jugendliche unter Alkoholeinfluss zu Schaden kommen oder einen Unfall verursachen, sind diejenigen haftbar, die den Alkohol an sie verkauft oder weitergegeben haben.
  • Wer Alkohol an Erwachsene verkauft, mit dem Wissen, dass diese ihn an Jüngere weitergeben, kann haftbar gemacht werden.
  • Die Abgabe von Alkohol an sichtlich betrunkene Personen egal welchen Alters ist gesetzlich verboten. Kommen betrunkene Personen zu Schaden, können diejenigen haftbar gemacht werden, die ihnen trotz des deutlich alkoholisierten Zustands Alkohol gegeben haben.
  • Tabak- und E-Zigaretten und Vergleichbares dürfen nur an mindestens 18-Jährige verkauft werden.
  • Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren dürfen Tanz- und Festveranstaltungen nicht besuchen, außer im Beisein ihrer Eltern oder eines volljährigen Erziehungsbeauftragten. Dieser muss schriftlich vorweisen können, dass die Eltern ihn beauftragt haben, für das Wohl des Minderjährigen zu sorgen. Jugendliche unter 18 dürfen bis 24 Uhr bleiben.
  • Eine Ausnahme bilden Veranstaltungen anerkannter Träger wie zum Beispiel von Vereinen oder der Jugendhilfe: Dort dürfen Kinder unter 14 bis 22 Uhr alleine hin, Jugendliche unter 16 dürfen bis 24 Uhr allein dort bleiben.