Rems-Murr-Kreis

Corona Rems-Murr-Kreis, 26.11.: Rekord-Inzidenz, Impfchaos, volle Intensivstationen

Klinik
Fast nur Ungeimpfte auf Intensiv in den Rems-Murr-Kliniken. © Benjmain Büttner

Die Corona-Lage im Rems-Murr-Kreis wird immer dramatischer: Die Inzidenz ist offiziell dicht bei 500 (und inoffiziell schon drüber), die Intensivstationen unserer Kliniken laufen mit ungeimpften Covid-Patienten voll, die Kreisverwaltung arbeitet fieberhaft an einem Online-Portal zur Impfanmeldung, 2G im Einzelhandel und nächtliche Ausgangssperre für Ungeimpfte rücken näher. Im Überblick: die wichtigsten Entwicklungen, maßgeblichen Kennziffern und Tipps zu Impfung und PCR-Tests.

Wie hoch ist die aktuelle Inzidenz?

Sie beträgt offiziell, Stand 26. November, 495. Diese tagesaktuelle Zahl ist maßgeblich für die Frage, ob Regeln verschärft werden (mehr dazu siehe unten) – die wahre Dynamik des Infektionsgeschehens drückt sich darin aber gar nicht aus. Denn weil Labore und Gesundheitsämter mit der diagnostischen und statistischen Auswertung der PCR-Tests nicht mehr hinterherkommen, müssen regelmäßig verspätet eingegangene Ansteckungsbefunde nachträglich eingepflegt werden. In Wahrheit betrug bereits am Donnerstag, 25. November, die Inzidenz im Rems-Murr-Kreis nicht, wie tagesaktuell gemeldet 495, sondern: 529!

Wann gelten wir als Hotspot-Landkreis?

Sobald im Rems-Murr-Kreis an zwei aufeinanderfolgenden Tagen – dabei zählen nicht nur Werktage, sondern auch Samstag und Sonntag mit! – tagesaktuell (also ohne Einbeziehung nachträglicher Meldungen) eine Inzidenz von mindestens 500 erreicht wird, treten verschärfte Regeln in Kraft.

Das bedeutet: Für den Fall, dass der Wert sowohl am Samstag, 27. November, als auch am Sonntag, 28. November, offiziell über 500 gehen sollte, würden bereits ab Montag, 29. November, 0:00 Uhr, die neuen Einschränkungen gelten.

Welche Regeln gelten dann?

Bei Hotspot-Inzidenz 500 und mehr greifen zwei Verschärfungen:

  • Im Einzelhandel, der nicht der Grundversorgung dient, gilt 2G. Supermärkte, Bäckereien, Metzgereien, Tankstellen und Ähnliches sind also ausgenommen. Auch Abholangebote und Lieferdienste sind weiter uneingeschränkt möglich.
  • Nächtliche Ausgangssperre für nicht genesene und ungeimpfte Personen zwischen 21 und 5 Uhr – Ausnahmen gibt es, wenn triftige Gründe vorliegen; zum Beispiel: Gottesdienstbesuch; berufliche Tätigkeit; Besuch von Ehegatten/Lebenspartnern; Nutzung medizinischer, pflegerischer, therapeutischer, tierärztlicher Leistungen; Betreuung von unterstützungsbedürftigen Personen, Minderjährigen, Sterbenden. Auch die individuelle sportliche Betätigung im Freien (zum Beispiel Joggen) bleibt erlaubt.

Wie werden die Regeln kontrolliert?

Es gibt Schwerpunktkontrollen der Polizei und Ortspolizeibehörden, um die Einhaltung der aktuellen und gegebenenfalls der verschärften Regelungen zu prüfen. Das Landratsamt teilt mit: „Erste Kontrollaktionen stießen auf hohe Akzeptanz in der Bevölkerung.“ In Burgstetten wurden bei einer Kontrolle „in der Gastronomie am Donnerstag keinerlei Verstöße vermeldet“.

Wie lange würden neue Regeln gelten?

Die Hotspot-Regeln würden erst wieder aufgehoben, wenn die Inzidenz an fünf Tagen in Folge unter 500 bliebe.

Wie ist die Intensiv-Situation im Land?

572 Intensivbetten im Land sind, Stand 26. November, mit Covid-Patienten belegt. Die Lage spitzt sich mit verstörender Geschwindigkeit zu: Noch vor einer Woche waren es nur 446, vor zwei Wochen 380.

Und in den Rems-Murr-Kliniken?

Die Rems-Murr-Kliniken versorgen aktuell 67 Covid-Patienten – 18 von ihnen auf der Intensivstation (fast alle werden beatmet).

Das Landratsamt teilt mit: Zwar seien die Kliniken in Schorndorf und Winnenden im Vergleich zu den Krankenhäusern in den Nachbarkreisen „vergleichsweise gut aufgestellt“, unter anderem, weil der Rems-Murr-Kreis früh investiert und im Rekordtempo eine zusätzliche Infektionsstation gebaut hat, die bereits Anfang 2020 eröffnet wurde – aber: „Es kommen täglich neue Corona-Patienten, auch jüngere Menschen, hinzu.“

Der „Spagat zwischen der Versorgung von Corona-Patienten und anderen Notfällen“ belaste „enorm“. In den Rems-Murr-Kliniken gilt deshalb fortan Besucherstopp.

Sind die Covid-Patienten ungeimpft?

Derzeit müssen „praktisch ausschließlich ungeimpfte Menschen auf der Intensivstation beatmet werden“, berichten Dr. Angela Rothermel und Dr. Torsten Ade, die Verantwortlichen für die Intensiv- und Notfallversorgung in Schondorf und Winnenden.

Wie ist die Lage in den Arztpraxen?

Sie reiben sich auf zwischen der Versorgung von Covid-Patienten, der Impfkampagne und der Regelversorgung – das „kostet enorm viel Kraft“, sagt Dr. Jens Steinat, der Pandemiebeauftragte der Kreisärzteschaften im Rems-Murr-Kreis.

Wie geht es mit dem Impfen weiter?

Mit einem flächendeckenden Impfnetzwerk wollen Landkreis und Kreisärzteschaft die Arztpraxen entlasten und das von Bund und Land angerichtete Impfchaos beenden. Dazu gehören fünf feste Impfstützpunkte (die ersten 3000 Termine dort waren allerdings binnen zwei Tagen bereits komplett ausgebucht) und zahlreiche mobile Aktionen – mit und ohne Termin. Alle Infos unter www.rems-murr-kreis.de/kiz.

Wie kann man Impftermine buchen?

In der kommenden Woche soll ein kreisweites Buchungsportal für Impftermine an den Start gehen. Landrat Richard Sigel: „Wir wollen damit die Strukturen stärken, um die Arztpraxen zu entlasten und Schlangen bei Impfterminen zu vermeiden.“

Wo gibt es jetzt PCR-Tests?

Der Kreis erweitert die Öffnungszeiten des PCR-Testzentrums in Winnenden: Es ist fortan nicht nur werktags von 8 bis 15 Uhr, sondern auch samstags und sonntags von 8 bis 12 geöffnet. Der Schwerpunkt liegt weiter auf Schulen und Kitas. Auch Kontaktpersonen von Infizierten können kommen. Achtung: Bei Symptomen bitte an den Hausarzt wenden. Dazu bietet am Wochenende für Menschen mit Symptomen auch die Notfallpraxis an der Rems-Murr-Klinik Schorndorf PCR-Tests an.

Welche Noten gibt es für die Politik?

Schlechte! Der Pandemiebeauftragte Jens Steinat: „Die unzureichenden und ständig wechselnden politischen Entscheidungen und Vorgaben erschweren unsere Arbeit deutlich.“ Statement aus dem Landratsamt: „Leider“ sei nach dem Frühjahrs-Wirrwarr nun „zum zweiten Mal ein Impfchaos entstanden. Eine Situation, für die wir als Landkreis nicht verantwortlich sind.“ Denn Ende September schlossen auf Beschluss des Landes die Kreisimpfzentren; auch das in der Waiblinger Rundsporthalle. Die Fehlentscheidung rächt sich jetzt gnadenlos.

Was sollte jetzt jeder tun?

„Seien Sie bitte in der Adventszeit umsichtig und reduzieren Sie, wann immer es möglich ist, Ihre Kontakte!“, flehen die Fellbacher Oberbürgermeisterin Gabriele Zull und der Welzheimer Bürgermeister Thomas Bernlöhr, die Vertreter der Städte und Gemeinden im Rems-Murr-Krisenstab. Das sei umso wichtiger, da sich „die Lage in den Kliniken vermutlich in diesem Jahr nicht mehr entspannen wird“.

Die Corona-Lage im Rems-Murr-Kreis wird immer dramatischer: Die Inzidenz ist offiziell dicht bei 500 (und inoffiziell schon drüber), die Intensivstationen unserer Kliniken laufen mit ungeimpften Covid-Patienten voll, die Kreisverwaltung arbeitet fieberhaft an einem Online-Portal zur Impfanmeldung, 2G im Einzelhandel und nächtliche Ausgangssperre für Ungeimpfte rücken näher. Im Überblick: die wichtigsten Entwicklungen, maßgeblichen Kennziffern und Tipps zu Impfung und PCR-Tests.

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