Geschlossene Fellbacher Kneipengesellschaft artet in Schlägerei aus

Wegen versuchter räuberischer Gelderpressung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung müssen sich ein 45-jähriger Hafterfahrener – zur Tatzeit ohne Bleibe – und eine 44-Jährige vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten. Beide gehörten zu einer geschlossenen Gesellschaft, die in einer Kneipe in Fellbach bis weit über die Sperrstunde hinaus eine Privatparty mit Schlägerei veranstaltet haben sollen.
Wegen Schulden mit Tod bedroht
Einer, der nach der bisherigen Beweisaufnahme beim 45-jährigen Hauptangeklagten 3000 Euro Schulden auch unter Schlägen nicht bezahlt haben und dafür mit dem Tode bedroht worden sein soll, blieb am ersten Verhandlungstag säumig. Er sei vom Hauptangeklagten mit dem Tode bedroht worden, wenn er nicht zahlt, hatte der Zeuge bei der Polizei angegeben. Ihn lässt das Gericht beim nächsten Mal polizeilich vorführen.
Darüber, was bei der sogenannten geschlossenen Gesellschaft (Privatparty) jenseits der Sperrstunde am 29. September 2021 bis zum nächsten Mittag wirklich passiert ist, muss sich die 18. Strafkammer unter Vorsitz von Richter Wolfgang Wünsch erst einmal Klarheit verschaffen, nachdem das Waiblinger Amtsgericht mangels Strafgewalt den Fall ans Landgericht hochverwiesen hat, weil der Hauptangeklagte schon eine Haftstrafe von drei Jahren und vier Monaten mitbringt.
Der Hauptbeschuldigte, derzeit vorläufig untergebracht im Zentrum für Psychiatrie Zwiefalten, gab sich lange Zeit äußerst redegewandt und versicherte seine Unschuld. Die Mitangeklagte führte an, nichts gemacht zu haben und seit der Geschichte in der Fellbacher Kneipe in psychiatrischer Behandlung zu sein.
Ehemaliger Wirt der Kneipe tritt als Zeuge auf
„Sie glauben noch ans Christkind“, kaufte Richter Wünsch beiden Beschuldigten ihre Storys erst einmal nicht ab. Der männliche Angeklagte konnte zwischen Gefängnisaufenthalten keine Bleibe finden und wusste, dass die Mitangeklagte eine Wohnung hat. Letzterer wurden wegen Verwahrlosung der Wohnung voller Exkremente von Hunden vom Jugendamt drei Kinder entzogen.
Warum kommt der vom Hauptangeklagten als „toller Typ und Rapper“ beschriebene Hauptbelastungszeuge nicht, der Opfer der Gelderpressung und Opfer der Schlägerei mit nur leichten Verletzungen geworden sein soll? Warum nimmt dieser in Kauf, dass er dafür mit 150 Euro Ordnungsgeld ersatzweise drei Tagen Ordnungshaft belegt und nächstes Mal von der Polizei abgeholt wird? Diese Frage blieb bei Beginn des Prozesses im Raume stehen.
Wer jedoch in den Zeugenstand kam, war der damalige Wirt der Kneipe, der meinte, Gott sei Dank habe er diese Kneipe nicht mehr. Beide Angeklagten hätten ihm ausgeholfen und die Frau habe einen Schlüssel für das Lokal gehabt. Zum Tatzeitpunkt habe er sich im Hinterzimmer mit Schlafcouch und Dusche ausgeruht. Dort habe ihm die Angeklagte auch manchmal beigewohnt, soweit es sich eben ergeben habe.
Gesamte Runde in der Kneipe wollte Kokain
Die Frau, welcher das Jugendamt drei Kinder entzogen hat, ließ über ihre Verteidigerin Saskia Hölscher eine abschließende Erklärung darüber abgeben, dass zur Tatzeit sechs bis sieben Personen in diesem Fellbacher Lokal gewesen seien und alle zusammen getrunken hätten. Die gesamte Runde hätte dann auch noch Kokain haben wollen und den Belastungszeugen über Handy angeschrieben. Den vermeintlichen Lieferanten habe die Frau als Ex-Freund ihrer besten Freundin dann auch erkannt und sich daran erinnert, dass dieser früher schon mal Koks geliefert hätte.