Rems-Murr-Kreis

Höchststrafe für Katharina K.s Mörder

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Stuttgart: Moerder wird zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt
Soll den Leichnam seiner getöteten Ex-Freundin „wie Abfall behandelt“ haben: Daniel E. © SDMG / Krytzner
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Mit dem Urteil entsprach das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft.

Stuttgart/Backnang. Daniel E. hat seine ehemalige Lebensgefährtin, die 22-jährige Katharina K. aus Backnang, ermordet. Das sah das Gericht als erwiesen an und verurteilte den 25-jährigen Angeklagten am Donnerstag zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe. Die Kammer stellte zudem eine besondere Schwere der Schuld fest.

In dem Moment, als Daniel E. in den Sitzungssaal 6 am Stuttgarter Landgericht geführt wurde, verstummten plötzlich alle Gespräche. Hatten von den mehr als 50 Zuschauern einige noch darüber debattiert, wie das Urteil wohl ausfallen wird, und warum eigentlich keine Sicherungsverwahrung beantragt worden war, so blickten sie nun erwartungsvoll nach vorn. Vom Angeklagten selbst kam einmal mehr keine Reaktion, nicht einmal ein Blick in Richtung Anklagebank oder Zuschauerreihen. Selbst als der Vorsitzende Richter Uwe Tetzlaff das Urteil gegen den 25-Jährigen verkündete – eine lebenslange Haftstrafe wegen Mordes aus niederen Beweggründen sowie eine besondere Schwere der Schuld – war im Gesicht Daniel E.s keine Regung zu erkennen. Im Saal hingegen herrschte Erleichterung, kollektives Aufatmen.

Dass man mit dem Urteil zufrieden ist, könne man in so einem Fall nicht sagen, merkte Anwalt Ingo Hauffe an, der den Vater der ermordeten Katharina K. als Nebenkläger vertritt. Denn schließlich könne kein Urteil der Welt seinem Mandanten die Tochter wiederbringen. „Aber es wurde richtig entschieden“, befand er. Und auch die zwei Geschwister Katharina K.s, die ebenfalls als Nebenkläger verfahrensbeteiligt waren, fanden: „Mehr war nicht möglich. Wenn das Urteil so Bestand hat, dann ist es gut.“ Einen Abschluss könne es zwar für die Familie nicht geben, doch sei es nun möglich, sich der eigenen Trauer zu widmen, ohne sich ständig mit dem Gerichtsprozess beschäftigen zu müssen. Der Bruder Katharina K.s äußerte aber auch den Verdacht, dass die Sache für Daniel E. noch nicht zu Ende sei. „Wenn er irgendwann wieder rauskommt, wird er wahrscheinlich versuchen, uns irgendwie plattzumachen, in irgendwas reinzuziehen.“

„Ein Manifest der Verschlagenheit und Niedertracht“

Noch ist auch nicht alles ausgestanden, denn Verteidiger Thomas Raich kündigte an, Revision einzulegen. „Wenn die höchstmögliche Strafe verhängt wurde, ist das das übliche Vorgehen“, erklärte er. Das Urteil habe ihn nicht überrascht, auch wenn sein Mandant in der Woche zuvor noch eine Erklärung abgegeben hatte, in der er seine Unschuld beteuerte. Bei den Richtern der 9. Schwurgerichtskammer hatte diese Einlassung des Angeklagten aber überhaupt keinen guten Eindruck gemacht. „Ein Manifest der Verschlagenheit und Niedertracht“, nannte Richter Uwe Tetzlaff die 65-seitige Erklärung. „Ihnen ging es um Kontrolle und Dominanz – auch über das Ende der Beziehung hinaus“, sagte er an Daniel E. gewandt. „Hier ist auch das Tatmotiv zu suchen.“

Denn spätestens als Katharina K. im September 2017 erfuhr, dass Daniel E. sich das gemeinsame Sorgerecht für ihren jüngeren Sohn hinter ihrem Rücken erschlichen hatte, legte sie sofort Beschwerde gegen das Urteil ein. Daniel E. sah seine Chancen darauf, einer Haftstrafe wegen Betrugs zu entgehen, schwinden. Nach Ansicht des Gerichts wollte der Angeklagte an jenem 8. November 2017 den entscheidenden Versuch starten, die junge Mutter noch einmal umzustimmen. Doch der Plan schlug fehl, Katharina K. wollte endlich einen Schlussstrich ziehen. „Also fassten Sie den Entschluss, Katharina muss weg“, warf Tetzlaff dem heute 25-Jährigen vor. Die Tat sei aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von langer Hand geplant gewesen, aber Daniel E. habe klar vor Augen gehabt, dass bei einem Scheitern seines Vorhabens alles verloren wäre.

Die furchtbaren Einzelheiten

Also erwürgte er die 22-Jährige. „Sie muss ihren Todeskampf bis fast zuletzt miterlebt haben“, führte Tetzlaff aus, „attackiert in ihrer eigenen Wohnung, vom Vater des eigenen Kindes.“ Danach habe Daniel E. die Leiche der jungen Frau in einen Teppich gewickelt und in den Keller gebracht. Dort habe er sie in eine Papiermülltonne gesteckt, die er am Tag darauf mit seinem Lieferwagen entsorgte. Zuerst fuhr er dann zielgerichtet nach Eglosheim, wo er den Leichnam mit Dieselkraftstoff übergoss und anzündete. Dann packte er die Überreste in eine Plastikplane und lud sie in einem Komposthaufen in Asperg ab. „Sie haben die Leiche wie Abfall behandelt, das geht über den Zweck der Spurenbeseitigung hinaus“, befand der Richter. Das Vorgehen sei kaltblütig gewesen und zeige einmal mehr, wie planvoll Daniel E. vorgegangen ist. Das Gesamtbild der Beweislage – vor allem das beinahe lückenlose Bewegungsprofil, das die Ermittler anhand von Handydaten und Informationen aus den Navigationsgeräten erstellt haben – überzeugte die Richter. Sie sei „von außergewöhnlich hoher Dichte“ und den Vorwurf des Angeklagten, es habe Ermittlungsfehler gegeben, sahen sie nicht bestätigt.

Auch für die besondere Schwere der Schuld habe es mehrere Gründe gegeben. Sie bedeutet: Nachdem der Verurteilte 15 Jahre im Gefängnis verbüßt hat, entscheidet eine unabhängige Kammer darüber, wie lange er darüber hinaus in Haft bleibt. Zum einen war Daniel mehrfach vorbestraft, war zur Tatzeit auf Bewährung und zudem ein weiteres Mal zu einer unbedingten Haftstrafe verurteilt, die nur noch nicht vollstreckt war. „Sie haben zwei kleinen Kindern die Mutter genommen“, vor allem der ältere Sohn sei erheblich traumatisiert. Zum Schluss richtete Tetzlaff das Wort an die Angehörigen und Freunde Katharina K.s: „Keine Strafe kann im Ansatz ihren Verlust gutmachen“, sagte er, denn der Schmerz sei für Außenstehende nur schwer nachzuvollziehen. Die Familie habe im Verfahren jedoch eine bewundernswerte Haltung an den Tag gelegt und Stärke bewiesen. Nicht immer könnten solche Verfahren in einer derart sachlichen Atmosphäre stattfinden. „Ich hoffe, Sie können erkennen, dass Ihre Situation ernst genommen und angemessen gewürdigt wurde.“

Der Sohn des Verurteilten wird irgendwann die Wahrheit erfahren

Für Katharina K.s ältere Schwester ist es ein Trost, deren beiden Söhne aufwachsen zu sehen. „So haben wir zwei Teile von ihr.“ Der jüngere Sohn ist in ihrer Obhut. Dass sein Vater seine Mutter ermordet hat, werde sie ihm nicht verschweigen, sagte sie. „Irgendwann muss ich es ihm sagen. Ich will nicht, dass er es von anderen mitbekommt.“ Von Daniel E. wolle sie aber nicht sprechen. „Er existiert bei uns nicht.“ Dagegen sei die Familie aber bemüht, die Erinnerung an Katharina aufrechtzuerhalten – auch und vor allem für die Kinder.