Rems-Murr-Kreis

Omikron: Wie gefährlich ist die Corona-Variante? Wie stark verbreitet?

Coronavirus, Covid. SARS-Cov-2
Je mehr sich Sars-CoV-2 verbreiten kann, desto mehr Mutationen sind zu erwarten. © Pixaybay

Die Coronavariante Omikron verbreitet sich rasend schnell. In den USA und mehreren europäischen Ländern dominiert sie bereits das Infektionsgeschehen. Auch im Rems-Murr-Kreis ist sie bereits angekommen. Doch ist Omikron wirklich so gefährlich, angesichts dessen, dass aus Südafrika von milden Krankheitsverläufen berichtet wird? Wie verbreitet ist die Virusvariante schon in Baden-Württemberg? Aktuelle Zahlen, Hintergründe und Experten-Stimmen.

Wie verbreitet ist Omikron schon?

Die Coronavirus-Variante Omikron ist in Südafrika entdeckt worden. Der internationalen Öffentlichkeit wurde darüber erstmals am 24. November berichtet.

Nach Schätzungen der US-Gesundheitsbehörde CDC vom Montag (20.12), also rund einen Monat später, macht die Omikron-Variante mittlerweile schon rund drei Viertel (73 %) aller Neuinfektionen in den USA aus. Auch bei unseren europäischen Nachbarn breitet sich Omikron in rasantem Tempo aus. Der von der Ampel-Regierung eingesetzte Corona-Expertenrat schaut vor allem mit Sorge auf Frankreich, Dänemark, Norwegen, die Niederlande und Großbritannien. Dort verdopple sich die Omikron-Inzidenz etwa alle zwei bis drei Tage, hieß es am Montag.

Und in Deutschland und im Ländle?

Die Verbreitung Omikrons in Deutschland ist schwer einzuschätzen, weil längst nicht alle PCR-Test-Proben auf das Genom per Sequenzierung untersucht werden. Das RKI schreibt in seinem Wochenbericht vom 16.12., dass bis zum 14.12. in Deutschland 112 bestätigte Omikron-Fälle sowie 213 weitere Verdachtsfälle gemeldet wurden. Doch Sequenzierungen sind aufwendig und langwierig. Dies befördert einen Meldeverzug von bis zu einer Woche oder länger.

Das wird am Beispiel Baden-Württemberg deutlich: Laut „aktuellem“ Corona-Tagesreport des Landesgesundheitsamts vom Montag (20.12.) wurden in der Kalenderwoche 49 (6. bis 12.12.) 6241 Proben mittels Vollgenom-Sequenzierung und 3145 mittels variantenspezifischer PCR analysiert. Bei den vollgenom-sequenzierten Proben wurde bei 98,1 Prozent Delta und insgesamt 14-mal Omikron (0,2%) nachgewiesen. Mittels variantenspezifischer PCR wurden bei 99 % Delta und bei 0,5 % Omikron nachgewiesen.

„In Baden-Württemberg werden zwar seit Anfang 2021 möglichst alle positiven PCR-Test-Proben auf das volle Sars-CoV-2-Genom hin sequenziert“, sagt Florian Mader, Sprecher des Sozialministeriums. Aber das sei aus technischen Gründen leider nicht immer möglich. „Nicht jede positive Probe ist für eine nachgeschaltete Vollgenom-Sequenzierung geeignet“, so Mader. „Es gibt zum Beispiel Proben, die keine ausreichende Virenlast aufweisen.“ Um Labor-Ressourcen zu schonen, würden ungeeignete Proben gar nicht erst der Sequenzierung zugeleitet. „In der Praxis ist dies bei 50 bis 60 Prozent der positiven Proben überhaupt nur möglich. Und der Anteil der Proben, für die ein korrektes Ergebnis, also ein Voll-Längen-Genom, angegeben werden kann, ist nochmals geringer.“

Nicht von ungefähr wurde Omikron das erste Mal in Baden-Württemberg Ende November „gezielt“ bei Reiserückkehrern aus Südafrika entdeckt. Drei der Infizierten waren einige Tage zuvor von einer Geschäftsreise aus Südafrika in den Alb-Donau-Kreis und den Stadtkreis Ulm zurückgekehrt, eine weitere Person war daraufhin im familiären Umfeld angesteckt worden. Alle vier Personen waren vollständig geimpft, aber nicht geboostert, und hatten milde Krankheitsverläufe.

Längst hat jedoch die Mehrzahl der Omikron-Infizierten keinen Reisebezug mehr, sagt Andrea Panitz, Sprecherin des Regierungspräsidiums, dem das Landesgesundheitsamt (LGA) unterstellt ist. Dem LGA wurden bis Dienstag (21.12.), 12 Uhr, insgesamt 174 Omikron-Fälle gemeldet.

Wie ist die Lage im Rems-Murr-Kreis?

Im Rems-Murr-Kreis wurden bislang zwei Fälle von Infektionen mit Omikron bekannt. Und zwar am vergangenen Freitag (17.12.) in einer Familie in Waiblingen. Daran hatte sich mit Nachrichtenstand vom Dienstag (17.12.) nichts geändert, so Martina Keck, Sprecherin des Landratsamtes. „Der Verlauf der Erkrankung war bei allen milde, alle sind jetzt symptomfrei.“

Am Dienstagnachmittag (21.12.) sprach das Landesgesundheitsamt dieser Zeitung gegenüber indes von bereits drei Omikron-Fällen im Rems-Murr-Kreis.

Das Rems-Murr-Gesundheitsamt verfolge die Expertendiskussionen, sagt Martina Keck. „Es wird vermutet, dass es in 25 bis 50 Tagen mehr Fälle mit der Omikron-Variante gibt als mit Delta. Es gibt auch Vermutungen, dass Omikron bereits in ein bis zwei Monaten 90 % der Fälle ausmachen wird.“

Wie gefährlich ist Omikron?

Berichte von eher milden Symptomen einer Omikron-Infektion aus Südafrika in seriösen Zeitungen wie Die Zeit, können aus folgenden Gründen womöglich nicht eins zu eins auf Europa und Deutschland übertragen werden. Es ist zwar davon auszugehen, dass in ganz Afrika aufgrund von Impfstoffmangel (die reichen Länder in Europa, im Nahen und Mittleren Osten, in Asien und im angloamerikanischen Raum, haben ja die größten Mengen an Vakzinen aufgekauft) viele nicht geimpft sind, dafür aber eine Coronainfektion schon durchgemacht haben und deshalb ihr Immunsystem besser gerüstet ist. Doch im Umkehrschluss wäre dies kein schlüssiges Argument dafür, Omikron einfach „laufenzulassen“, weil:

  • Die Bevölkerung Südafrikas ist jung, durchschnittlich 27,6 Jahre
    (Quelle: statista.com).
    Das Durchschnittsalter in Deutschland beträgt 44,5 Jahre (Quelle: statista.com).
    Landläufig bekannt ist, dass jüngere Menschen weniger anfällig für schwere Covid-Verläufe sind.

  • Die Dunkelziffer der Corona-Todesfälle und schweren Krankheitsverläufe in Afrika ist vermutlich viel höher als in Europa.

  • Offiziell starben in Südafrika seit Februar 2020 bis 19. Dezember 2021 insgesamt 90.384 Menschen nach einer Coronainfektion. Die offizielle Infizierten-Zahl in diesem Zeitraum: rund 3.308.074 (Quelle: statista.com). Demnach starben offiziell bislang 2,7 Prozent der Infizierten in Südafrika. In Deutschland starben annähernd im selben Zeitraum „nur“ rund 1,6 Prozent der Infizierten – zweifelsohne begünstigt durch die im Durchschnitt bessere medizinische Versorgung. Und: Die Impfquote in Südafrika liegt gerade mal bei 26,3 Prozent.

  • Die medizinische Forschung hat mehrere menschliche Genvarianten identifiziert, die schwere Covid-Verläufe begünstigen könnten. Dabei spielt offenbar eine Genvariante, die seit den Neandertalern bei der Hälfte der Menschen außerhalb (!) Afrikas Verbreitung findet, eine negative Rolle. Eine weitere Genvariante, die sich negativ auf die Immunantwort auf SARS-CoV-2 auswirkt, haben 60 % der Südasiaten, 15 % der Europäer, aber nur 2 % der Menschen in Afrika und der Karibik in sich.

Ob die Krankheitsverläufe bei einer Omikron-Infektion tendenziell schlimmer oder milder sind als bei einer Delta-Infektion, ist längst nicht nachhaltig erforscht. Ersten Daten aus Dänemark zufolge liegt die Rate an Krankenhaus-Einweisungen bei Delta-Infektionen bei 0,7 Prozent und bei Omikron-Infektionen bei 0,8 Prozent, berichtete die Pharmazeutische Zeitung. Die Daten seien aber aufgrund „der noch geringen Fallzahl“ mit Unsicherheit behaftet.

Dass Virologen so eindringlich vor Omikron warnen, liegt an der Kombination zweier Eigenschaften der Virusvariante: Sie breitet sich viel schneller aus als frühere Varianten, und sie kann den Immunschutz der Menschen – aufgebaut durch Impfung oder Erkrankung – zumindest teilweise umgehen. Darauf deuten Labortests und erste Untersuchungen, etwa in Dänemark und Großbritannien hin.

Die Münchner Virologin Ulrike Protzer sagte der Tageschau: Omikron habe „Eigenschaften vereint, die sie zum einen infektiöser machen, ihr zum anderen aber auch erlauben, einer etablierten Immunantwort zu entgehen. Sie breitet sich sehr schnell aus, weil ein Infizierter zwei bis dreimal so viele Menschen infizieren kann wie mit den bisherigen Varianten. Und der Immunschutz nach einer durchgemachten Infektion genauso wie nach einer ein- oder zweimaligen Impfung ist deutlich reduziert.“

Nun wird durch die schnelle Verbreitung Omikrons letztlich erneut eine Überbelastung des Gesundheitssystems und der eh schon überbelasteten Krankenhäuser zum Jahreswechsel oder spätestens im frühen Neujahr 2021 befürchtet. „Die Zahlen der Neuinfektionen und der Menschen im Krankenhaus wird vermutlich alles übersteigen, was wir bisher gesehen haben“, warnte Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Die Coronavariante Omikron verbreitet sich rasend schnell. In den USA und mehreren europäischen Ländern dominiert sie bereits das Infektionsgeschehen. Auch im Rems-Murr-Kreis ist sie bereits angekommen. Doch ist Omikron wirklich so gefährlich, angesichts dessen, dass aus Südafrika von milden Krankheitsverläufen berichtet wird? Wie verbreitet ist die Virusvariante schon in Baden-Württemberg? Aktuelle Zahlen, Hintergründe und Experten-Stimmen.

Wie verbreitet ist Omikron

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