Trotz Ausgangsbeschränkungen noch raus? Passierschein nötig? Abends noch einkaufen oder Müll rausbringen? Gassi gehen?

Die Landesregierung hat landesweit Ausgangsbeschränkungen und ein Verbot des offenen Alkoholausschanks verfügt. Die verschärften Regelungen gelten schon ab diesem Samstag, 12. Dezember, tagsüber und in nochmals strengerer Form nachts. Wir erläutern Ihnen, aus welchen Gründen man nur noch draußen unterwegs sein darf.
Ausgangssperre mit Ausnahmen nachts von 20 bis 5 Uhr
Nach draußen darf man von Samstag an täglich zwischen 20 und 5 Uhr nur noch aus folgenden Gründen:
- Ausübung beruflicher Tätigkeiten.
- Inanspruchnahme medizinischer, auch veterinärmedizinischer Leistungen.
- Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen.
- Begleitung Sterbender und von Personen in akut lebensbedrohlichen Zuständen.
- Handlungen zur Versorgung von Tieren, zum Beispiel Gassi gehen.
- Besuch von Schulen, Kindertagesstätten und Veranstaltungen des Studienbetriebs.
- Ansammlungen, die der Aufrechterhaltung des Arbeits-, Dienst- oder Geschäftsbetriebs, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der sozialen Fürsorge dienen.
- Besuch privater Weihnachtsfeiern in der Zeit 24. bis 26. Dezember. Aktualisierung (15.12., 12.40 Uhr): Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat gerade während der Landespressekonferenz bestätigt: "Für die Ausgangsbeschränkungen werden an den Weihnachtsfeiertagen Ausnahmeregelungen gelten. Besuche und private Feiern sind möglich. Wer außerhalb des Hauses bei den Verwandten übernachtet, kann natürlich dort hinreisen." Die Corona-Verordnung werde dementsprechend angepasst
Ausgangsbeschränkungen tagsüber von 5 bis 20 Uhr
Die oben genannten Ausnahmen, wer nachts ausnahmsweise noch raus darf, zählen auch tagsüber. Noch hinzu kommen weitere Ausnahmen für die nicht so strikte Tageszeit 5 bis 20 Uhr, nämlich:
- Sport und Bewegung an der frischen Luft ausschließlich alleine, mit einer weiteren, nicht im selben Haushalt lebenden Person oder mit Angehörigen des eigenen Haushalts.
- Erledigung von Einkäufen.
- Ansammlungen und private Veranstaltungen mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder maximal fünf Personen aus bis zu zwei Haushalten sowie Verwandten in gerader Linie und Partner; Kinder der jeweiligen Haushalte bis einschließlich 14 Jahre zählen nicht.
- Teilnahme an Gerichtsterminen oder Sitzungen kommunaler Gremien.
- Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts.
- Besuch von Versammlungen nach Artikel 8 Grundgesetz.
- Besuch von religiösen Veranstaltungen.
Beruflich unterwegs: Passierschein und Systemrelevanz notwendig?
Zunächst einmal bleibt festzuhalten: Es geht um jedweden Beruf und Job, und auch um notwendige Wege zum und von der Arbeit zurück nach Hause. „Die Ausübung beruflicher Tätigkeiten ist grundsätzlich als triftiger Grund zu werten“ – auch während verhängter Ausgangsbeschränkungen draußen unterwegs sein zu dürfen, „auf die Eigenschaft einer Systemrelevanz kommt es hierbei nicht an“, erläuterte Claudia Krüger, Sprecherin des Landesministeriums für Soziales und Integration (inklusive Gesundheit), dieser Zeitung.
Langt es bei einer Kontrolle durch Polizei oder Ordnungsamtsmitarbeiter schlichtweg anzugeben, man sei beruflich unterwegs? „Ein Passierschein ist nicht erforderlich. Ein Nachweis kann im Falle einer Kontrolle jedoch nachgefordert werden und bei Nichtvorlage ein Bußgeld festgesetzt werden“, so Claudia Krüger.
Das bedeutet: Unternehmen tun gut daran, ihren Beschäftigten Passierscheine beziehungsweise Bestätigungen auszustellen, um im Falle einer Kontrolle nachgelagerten bürokratischen Aufwand zu verhindern.
Kärcher und Stihl stellen Mitarbeitern Passierscheine aus
„Ja, wir stellen allen Kolleginnen und Kollegen Passierscheine aus, die innerhalb einer Ausgangssperre zu Kärcher gelangen müssen, um ihrer Funktion nachzugehen“, sagt David Wickel-Bajak, Sprecher des Winnender Unternehmens.
Tagsüber, aber auch besonders abends könnten solche Passierscheine wichtig werden. Bei Kärcher sind im Rems-Murr-Kreis momentan aufgrund Schichtbetriebs 50 Beschäftigte betroffen, im angrenzenden Landkreis Schwäbisch Hall 600, so Wickel-Bajak. „Wir stufen unsere Werke als kritische Infrastruktur ein, für die bereits seit geraumer Zeit spezielle Sicherheits- und Hygienekonzepte und Zutrittsbeschränkungen gelten. Ein wichtiger Baustein ist die konsequente Umsetzung unseres Kontaktmanagements mit schnellstmöglicher Identifizierung von Verdachtsfällen - zum Schutz aller Mitarbeiter.“
Auch die Personalabteilung des Waiblinger Unternehmens Stihl hat eine Arbeitgeberbescheinigung vorbereitet, die Stihl-Beschäftigte dazu berechtigt, zur Arbeit zu kommen. „Das Schreiben wird postalisch nach Hause versendet. Dieser Passierschein erlaubt die Fahrt von Zuhause zum Arbeitsplatz und zurück“, sagt Pressesprecherin Hien Nguyen.
„Wir empfehlen allen Beschäftigten, dieses Schriftstück sowie den Werksausweis und ein offizielles Legitimationsdokument (Personalausweis, Reisepass, Führerschein) auf dem Arbeitsweg stets mit sich zu führen, auch wenn derzeit noch keine rechtliche Pflicht besteht, ein solches Dokument mitzuführen“, sagt Hien Nguyen.
Stihl beschäftige aktuell mehr als 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Produktionsumfeld. „Wenn wir von einer anstehenden Ausgangssperre von 20 bis 5 Uhr ausgehen, betrifft das bei uns die Spätschicht, die bis 22.50 Uhr geht, sowie die Nachtschicht. In der Spätschicht arbeiten durchschnittlich mehrere Hundert Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, in der Nachtschicht sind es deutlich weniger.“
Mit dem Hund Gassi gehen? In den Garten? Den Müll rausbringen?
Ein triftiger Grund während der angeordneten Ausgangsbeschränkungen trotzdem das Haus verlassen zu dürfen, sind „Handlungen zur Versorgung von Tieren“ und auch veterinärmedizinische Versorgungsleistungen. Gehört da auch das Gassigehen mit dem Hund dazu? „Ja, Gassi gehen ist hiervon umfasst“, bestätigt Claudia Krüger.
Sport und Bewegung an der frischen Luft sind jedoch nur noch in der Zeit 5 bis 20 Uhr erlaubt. Zudem gilt nach 20 Uhr auch ein Kontaktverbot mit Ausnahme der Weihnachtszeit. Als Wohnung, in der man bleiben sollte, „ist der Ort der vorübergehenden Unterkunft einer Person zu verstehen. Davon eingeschlossen ist auch der dazugehörige Balkon, die Terrasse und der Garten“, so Krüger.
Das Verlassen der Wohnung/des Hauses zur Entsorgung von Müll sei nachts zwischen 20 und 5 Uhr nur zulässig, wenn sich die Mülltonne auf dem Grundstück der Wohnung/des Hauses befindet. „Ansonsten muss der Müll gegebenenfalls auf dem Grundstück bis 5 Uhr zwischengelagert werden.“
Darf man abends nach 20 Uhr noch zum Einkaufen?
Einzelhändler, die bis nach 20 Uhr offen haben, wird diese Nachricht nicht freuen:
„Der Besuch von Einrichtungen des Einzelhandels, auch zur Deckung des täglichen Bedarfs, auch von Lebensmittelgeschäften, ist von den Ausgangsbeschränkungen nicht ausgenommen“, sagt Claudia Krüger.
Sofern also kein triftiger Grund für den Aufenthalt außerhalb der Wohnung besteht (zum Beispiel Ausübung einer beruflichen Tätigkeit, hier: für den Einzelhandel, etwa als Kassiererin) ist der Besuch eines Geschäfts nicht zulässig. Die Öffnung des Geschäfts als solches auch nach 20 Uhr werde durch den Erlass nicht berührt und sei grundsätzlich weiterhin erlaubt, sagt Krüger.
Das klingt absurd, denn: Es ist nunmehr zwar nicht verboten, den Supermarkt, den Kiosk, auch nach 20 Uhr offen zu halten. Nur brächte es nicht viel, Kunden dürften ja keine mehr kommen.
Verbot des offenen Alkohol-Ausschanks
An öffentlichen Orten, an denen sich Menschen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, gilt ab Samstag zudem ein Ausschank- und Konsumverbot für alkoholische Getränke. Hintergrund: Besonders der Glühwein-Ausschank, häufig mit Menschentrauben davor, war wegen der dort tendenziell eher nicht eingehaltenen AHA-Regeln der Politik schon länger ein Dorn im Auge.