Rems-Murr-Sport

Die neuen Aufgaben des Ex-Handball-Profis Dragos Oprea

Oprea
Seit dieser Saison steht Dragos Oprea an der Seitenlinie – als Trainer des Baden-Württemberg-Oberligisten TSB Schwäbisch Gmünd. © Nico Schoch

15 Jahre ist Dragos „Dodo“ Oprea das Gesicht des Handball-Erstligisten FA Göppingen gewesen. Nach zwei Aushilfsjobs beim THW Kiel und TVB Stuttgart und dem Ende der Profi-Laufbahn im Jahr 2016 ist es ruhiger geworden um den deutschen und rumänischen Nationalspieler. Vor dreieinhalb Jahren stieg Oprea bei der Deutschen Kinder-Sport-Akademie mit Sitz in Schorndorf ein und leitet dort die Handball-Sparte. Seit dieser Saison hat der 38-Jährige einen zusätzlichen Job: Der Baden-Württemberg-Oberligist TSB Schwäbisch Gmünd ist Opreas erste Trainerstation bei den Aktiven. Im Interview mit unserem Redaktionsmitglied Thomas Wagner spricht Oprea über sein Verhältnis zu Velimir Petkovic, einen überraschenden Anruf von Bundestrainer Alfred Gislason und seine Karriere nach der Karriere.

Herr Oprea, Ihre Eltern waren rumänische Nationalspieler. Wie schnell traten beim Sohn die Handball-Gene hervor?

Das hat tatsächlich eine ganze Weile gedauert. Bis 1996, da kamen wir von Rumänien nach Deutschland, hatte ich so gut wie keine Berührungspunkte mit dem Handball. Da war ich schon 14 Jahre alt. In der Schulmannschaft spielte ich immer mal wieder mit, weil ich groß und stark war. In Rumänien und den drei Jahren, in denen wir in Italien lebten, habe ich Fußball gespielt.

Wie kam’s zum Sinneswandel?

Mein Vater hat beim TSB Horkheim einen Trainervertrag bekommen. Da habe ich richtig angefangen mit dem Handballtraining. Am Anfang hat das aber gar nicht so viel Spaß gemacht, weil die Einheiten viel anstrengender waren als beim Fußball.

Wann haben Sie gemerkt, dass es ein bisschen höher gehen kann als bis in die Verbandsliga?

Ich will nicht angeben, aber ich war ziemlich schnell recht gut. Ich hatte 1999/2000 beim Oberligisten TSV Neuhausen ein Doppelspielrecht bei Frischauf. Als mich Göppingen zur Rückrunde 2001/2002 aus Kornwestheim fest verpflichtete, wo ich auch ein Doppelspielrecht hatte, dachte ich, die sehen schon was in mir.

Wie kam der Wechsel eigentlich zustande?

Das war ein bisschen kurios. Ich kam mit der Junioren-Nationalmannschaft aus Ägypten zurück und bin ins Training nach Kornwestheim. Da hat mich der Trainer gefragt, was ich hier mache. Ich würde doch gar nicht mehr für Kornwestheim spielen. Ich hab’ die Einheit fertig gemacht und war am nächsten Tag in Göppingen. Bei Christian Fitzek habe ich gleich 60 Minuten gespielt, es lief gleich ganz gut.

In der Jugend und zu Beginn auch bei den Aktiven spielten Sie im linken Rückraum, in Göppingen waren Sie als Linksaußen vorgesehen. Wie passte das zusammen?

Ich war von Anfang an nie ein reiner Außenspieler, der seine Kilometer hin und her läuft. Wir hatten in Göppingen einige Spielzüge, wo ich über den Rückraum kam und von dort auch geballert habe. Im Laufe der Jahre musste ich immer wieder meine Spielweise ändern. Ich habe angefangen, an den Kreis einzulaufen. Das war einer unserer Spielzüge, wenn nichts mehr ging. Ich habe teilweise mehr Tore vom Kreis erzielt als von außen. Ich spielte nie so spektakulär und attraktiv wie beispielsweise Uwe Gensheimer. Mein Handgelenk war für so was einfach nicht geschaffen. Klar, ich hatte auch meine Tricks, einen Dreher oder Lupfer. Aber ich hatte in anderen Bereichen meine Vorteile. Ich denke, ich war mit meiner Spielweise ziemlich unberechenbar.

Es scheint ganz gut funktioniert zu haben mit Ihnen und FA Göppingen. 15 Jahre sind ein komplettes Handballerleben.

Es war eine lange und schöne Zeit. Ich habe alles mitgenommen, vom Abstiegskampf bis zu zwei Europapokalsiegen.

Hatten Sie nie über einen Tapetenwechsel nachgedacht?

Ich hatte einige Angebote im Laufe der Zeit. Mir ging’s aber prinzipiell nicht immer ums Finanzielle, sondern ums Gesamtpaket. Natürlich habe ich in Göppingen auch mein Geld verdient. Aber Frischauf ist ein Verein, der sich Stück für Stück entwickelt hat in allen Bereichen. Göppingen hatte nie einen Mäzen, der sagte, okay, dieses Jahr haue ich zwei Millionen rein und wir holen noch fünf Topspieler. Wir hatten immer sehr gute Spieler, aber keine richtigen Stars. Ich denke, das hat uns stark gemacht.

Und Göppingen hatte einen Trainer, der es lange aushielt unter dem Hohenstaufen beziehungsweise Frischauf mit ihm. Wie sind Sie mit Velimir Petkovic zurechtgekommen?

Ich habe neun Jahre lang sehr von Petko profitiert. Als er kam, stand’s bei mir auf der Kippe, ob ich bleibe oder nicht. Petko wusste, dass ich mit anderen Vereinen verhandle. Er hat mich angerufen und gesagt, du gehst nirgendwo hin. Wir waren nicht immer einer Meinung, aber ich habe seine Sprache und Botschaft verstanden. Er hat mich in vielerlei Hinsicht geprägt, als Spieler und in seiner Denkweise auch jetzt als Trainer. Natürlich kann man einige seiner Methoden heutzutage nicht mehr eins zu eins anwenden. Aber ich nutze einiges davon.

Wird Dragos Oprea womöglich der neue Velimir Petkovic?

Nein. Ich möchte keine Kopie sein von irgendjemandem, sondern meinen eigenen Dragos-Oprea-Stil kreieren. Ich werde versuchen, mich Jahr für Jahr als Trainer weiterzuentwickeln und meinen eigenen Weg zu gehen. Natürlich versuche ich, das Beste rauszuziehen, was mir jeder Trainer als Input gegeben hat. Man klaut auch viel. Als Spieler und Trainer.

Nachdem es in Göppingen nicht weiterging, wurde es ziemlich spannend und aufregend in Ihrer Karriere.

Das kann man wohl sagen. Ich hatte ein Angebot aus Rumänien von Dinamo Bukarest. Ich war zwei Wochen dort und wartete, bis ich endlich meinen Vertrag bekomme. Ich habe auf eigenes Risiko trainiert, weil ich in dieser Zeit nicht versichert war. Ich habe dem Verein ein Ultimatum gestellt. Als das verstrichen war, flog ich auf eigene Kosten zurück. Und das war auch gut so.

Warum? Sie waren dann doch vereinslos.

Eine Woche später kam ein Anruf von Alfred (Gislason, damals Trainer beim THW Kiel, Anmerkung der Redaktion). Er hat mich gefragt, ob ich Interesse hätte. Da war ich so überrascht und sprachlos und habe ihm gesagt, ich melde mich gleich. Nachdem ich aufgelegt hatte, habe ich gemerkt, dass ich einen großen Mist gemacht hatte.

Und dann?

Ich habe meine Frau angerufen. Sie war mit ihrer Schwester gerade beim Shoppen. Ich habe vom Angebot erzählt, und die beiden haben mitten im Einkaufszentrum herumgeschrien. Dabei hatte ich noch gar nicht zugesagt. Das habe ich natürlich gleich nachgeholt.

Weshalb hatten die Kieler Bedarf an einem Linksaußen?

Torsten Jansen hatte einen Bandscheibenvorfall, Dominik Klein einen Kreuzbandriss. Es war nur noch Rune Dahmke übrig. Der THW spielte Bundesliga, DHB-Pokal und Champions League und musste reagieren. Ich sollte ein Backup sein, falls Rune eine Pause brauchte. Im ersten Spiel gegen Flensburg holte sich Rune nach fünf Minuten eine Zerrung. Ich musste also gleich ran.

Wie waren die vier Monate im hohen Norden abseits des Spielfelds?

Das war eine tolle Zeit in allen Belangen. Es hat Spaß gemacht, diese Weltklassespieler kennenzulernen. Domagoj Duvnjak, Niclas Ekberg oder Niklas Landin beispielsweise. Alle waren vom ersten Tag an sehr hilfsbereit und kommunikativ, auch Trainer Alfred Gislason. Kiel ist eine andere Welt. Ich möchte das aber nicht vergleichen mit Göppingen oder Stuttgart. Es ist eben anders. Es war eine riesige Erfahrung, die ich am Ende meiner Karriere machen durfte. Und ich habe in Paris und Veszprem gespielt.

Ein paar Monate später spielten Sie zum zweiten Mal bei einem Erstligisten den Feuerwehrmann. Wie kam’s zum Engagement beim TVB Stuttgart?

Tobias Schimmelbauer hatte sich verletzt und der TVB keinen zweiten Mann auf Linksaußen. Michael Schweikardt half da aus, wurde aber als Spielmacher gebraucht.

Es reichte für Sie aber nur zu drei Spielen bis zur Winterpause.

Ja. Ich würde lügen, wenn ich jetzt sagen würde, ich hätte nicht gerne zumindest bis zum Saisonende weitergespielt. Aber der TVB hatte andere Pläne.

Und Sie hatten genug vom Profi-Handball?

Es gab noch Angebote, auch aus dem Ausland. Aber es war nichts dabei, was mich gereizt hätte. Außerdem musste ich mich so langsam auch um die Karriere nach der Karriere kümmern.

Wann haben Sie sich erstmals Gedanken darüber gemacht, wie es weitergehen soll?

Ziemlich spät, das gebe ich offen zu. Erst, nachdem ich schon aufgehört hatte. Ich lege es jedem jungen Spieler ans Herz: Denkt früher an später.

War’s keine Option, in Ihren Beruf zurückzukehren?

Ich habe in Göppingen eine Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker gemacht. Da wollte ich aber nicht zurück. Ich war so viele Jahre Profi, da war ich raus. Es hat sich in dieser Zeit viel verändert und entwickelt.

Welche Ideen hatten Sie im Kopf?

Ich wollte auf jeden Fall im Handball bleiben. Ich habe die Trainer-B-Lizenz gemacht und wollte in diesem Bereich einsteigen. Über meinen Schwiegerpapa kam der Kontakt zu Patrick Dembinski und damit zur Deutschen Kinder-Sport-Akademie zustande. Ich wusste, dass die Fußball-Akademie gut läuft und sie sich vergrößern wollten. Sie suchten jemanden, der den Handballbereich übernimmt. Und so bin ich nun seit April 2017 Leiter der Deutschen Kinder-Handball-Akademie in Schorndorf.

Und was bieten Sie an?

Wir sind keine reine Handballschule. Wir machen Fördertraining, Schul- und Handball-AGs sowie Camps für verschiedene Altersklassen. Mit den Camps sind wir in ganz Deutschland unterwegs. Mittlerweile kommen auch die Vereine auf uns zu und fragen, ob wir zusammen etwas entwickeln können. Mein Anliegen ist es, den Handball in den Schulen populärer zu machen.

Und der Name Dragos Oprea ist dabei zumindest kein Nachteil.

Sicherlich zieht ein bekannter Name immer. Aber ich denke, das ist völlig legitim. Mein Name und meine Bekanntheit wurden mir weder von Gott geschenkt noch habe ich sie  gekauft. Ich habe mir den Namen schwer erarbeitet und setze ihn eben ein. Wenn dadurch einige Sachen leichter sind, warum nicht? Leistung muss ich trotzdem bringen. Es wird hin und wieder sogar erwartet, dass ich zaubere. Das geht natürlich nicht.

Ist Ihr Vater Vasile eigentlich noch im Trainergeschäft?

Nein. Er hat vor etwa einem Jahr gesagt, dass er genug hat vom Handball. Ich dachte zuerst, es ist eine Momentaufnahme. Aber er zieht es durch.

Heißt das, Handball ist kein Thema mehr in der Familie Oprea?

Doch, wir sprechen schon noch über Handball. Aber wir haben eine Abmachung, dass ich mir Infos von ihm hole, wenn ich das möchte. Wie gesagt, will ich meinen eigenen Stil entwickeln, meine eigenen Fehler machen, selbst wachsen. Auf der anderen Seite möchte ich von den Erfahrungen meines Vaters profitieren. Ich kann mich immer auf ihn verlassen. Er gehört zum Pool der Trainer, von denen ich etwas mitnehmen kann.

Beim TSB Schwäbisch Gmünd gehen Sie in Ihr erstes Jahr als Trainer einer aktiven Mannschaft. Warum fiel die Wahl auf diesen Verein?

Ich wollte nicht zu irgendeinem beliebigen Club, sondern zu einem ambitionierten. Deshalb habe ich zunächst auch die C-Jugend des TV Bittenfeld trainiert, da wird leistungsbezogen gearbeitet. Man lernt sehr viel, auch den Umgang mit den Eltern. Ich habe mich nur einmal mit den Verantwortlichen des TSB getroffen, da hat gleich alles gepasst.

Allzu weit weg von Ihrem Wohnort Göppingen und Ihrem Arbeitsplatz in Schorndorf durfte der Club wohl auch nicht sein.

Klar, das war auch ein Argument. Trainer ist mein Nebenjob, mein Hobby, da darf und wird mein Hauptjob nie darunter leiden. Doch wer mich kennt, der weiß, dass ich immer versuche, in allen Bereichen hundert Prozent zu geben. Wobei mein Privatleben nicht darunter leiden darf.

Welche Ziele hat der TSB?

Wir möchten auch in der Saison 2021/22 in der Baden-Württemberg-Oberliga spielen. Es wird schwer genug, in dieser Saison zu überleben. Es steigen bis zu acht Teams ab.

Gibt es etwas, das Sie anders machen würden, wenn Sie noch einmal entscheiden könnten?

Sie spielen auf einen Vereinswechsel an. Wie gesagt, ich hatte immer mal wieder die Chance. Aber wer sagt mir, dass es bei einem anderen Club besser gewesen wäre? Wäre ich glücklicher gewesen, nur weil ich ein bisschen mehr Geld verdient hätte? Nein, ich bin zufrieden mit allen Entscheidungen, die ich getroffen habe. Und ich bin sehr zufrieden mit meinem Leben als Sportler, Ex-Sportler, aktueller Trainer und Familienvater. Ich liebe meinen Job und bin froh, dass ich einen großen Freundeskreis habe und alle gesund sind.

15 Jahre ist Dragos „Dodo“ Oprea das Gesicht des Handball-Erstligisten FA Göppingen gewesen. Nach zwei Aushilfsjobs beim THW Kiel und TVB Stuttgart und dem Ende der Profi-Laufbahn im Jahr 2016 ist es ruhiger geworden um den deutschen und rumänischen Nationalspieler. Vor dreieinhalb Jahren stieg Oprea bei der Deutschen Kinder-Sport-Akademie mit Sitz in Schorndorf ein und leitet dort die Handball-Sparte. Seit dieser Saison hat der 38-Jährige einen zusätzlichen Job: Der

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