Marco Fritz beim Champions-League-Finale
Korb. Marco Fritz aus Korb war Torrichter im Team von Schiedsrichter Felix Brych beim Champions-League-Finale zwischen Juventus Turin und Real Madrid. Die Fernsehbilder zeigten ihn beim Einlauf mit extrem angespanntem Gesicht. „Man weiß in dem Moment halt, dass da zwei, drei Menschen zuschauen“, sagt er selbst dazu. Um genau zu sein: weltweit rund 200 Millionen.
Da ist Nervosität durchaus nachvollziehbar. Auch wenn Fritz (39) das Aufgebot an Stars links und rechts von sich einigermaßen kalt lässt. Sami Khedira oder Toni Kroos? Kennt er aus der Bundesliga. Sergio Ramos? Trifft er nicht zum ersten Mal. Cristiano Ronaldo? Hat er bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr schon kennengelernt. Aber vor 200 Millionen bei einem strittigen Tor danebenzuliegen? Das will der Korber lieber nicht erleben. Also geht er „sehr fokussiert“ in die Partie. Denn Europameisterschaft hin oder her, ein Champions-League-Finale ist eben doch eine völlig andere Kategorie.
Leistung über viele Jahre belohnt
Etwa zwei Wochen vorher hatte er davon erfahren, beziehungsweise war Felix Brych informiert worden, zu dessen Team Fritz international zählt. Die Reaktion? „Riesenfreude.“ Denn auf solch ein Ereignis „kann man nicht gezielt hinarbeiten“. Damit wird die Leistung über viele Jahre belohnt.
Zwei Tage vorher angereist
Schon zwei Tage vor dem Finale im walisischen Cardiff reisten Fritz und Co an, Flug nach Bristol, danach anderthalb Stunden im Auto. Am Tag darauf wurden die Schiedsrichter per Videokonferenz gebrieft: Wie spielen die Endspielkontrahenten, welche taktischen Varianten sind möglich etc. Wurde dabei auch verraten, welche Spieler gerne auf Schwalben zurückgreifen? Das, so Fritz, wüssten sie ohnehin.
Small Talk mit Buffon? Keine Zeit
Knapp drei Stunden vor dem Spiel machte sich das Team auf den Weg ins Stadion. Noch einmal eine teaminterne Besprechung, eventuell Massage, dann ging es auf den Rasen zum Warmmachen. Kontakt zu den Spielern gab es dabei nicht. Erst im Tunnel, bevor es zum Anpfiff nach draußen ging, war ein wenig Small Talk mit Spielern möglich.
Als Assistent weniger im Fokus
Marco Fritz’ Gesichtszüge hatte das allerdings nicht entspannt. Dabei stand er als Assistent weitaus weniger im Fokus als Schiedsrichter Brych – und deshalb gibt es auch weit und breit kein aktuelles Foto vom Torrichter Fritz.
Eingreifen muss er selten
Was aber macht der eigentlich während des Spiels? Womöglich nun doch ein kleines Gespräch mit Juve-Torwart Gianluigi Buffon, weil der in der ersten Hälfte kaum etwas zu tun hatte? „Nein“, sagt Fritz. „Der ist selbst auch zu sehr aufs Spiel konzentriert.“
Eingreifen musste Fritz selten, zumindest in für den Zuschauer erkennbarem Ausmaß. „Ich muss nicht auf die Torlinie achten.“ Dafür gibt es die Hawk-Eye-Technik. „Ich unterstütze den Schiedsrichter bei Fouls oder persönlichen Strafen im und außerhalb des Strafraums oder bestätige ihn in seinen Entscheidungen.“
Große Anspannung
Die Anspannung fiel erst nach dem Schlusspfiff ab. „Das war die erste Möglichkeit, die Atmosphäre aufzusaugen, ohne den Druck.“ Die Spieler kamen zum Abklatschen, bedankten sich – auch Cristiano Ronaldo, „da gibt es keine Starallüren“. Dann ging es für die Schiris zur Ehrung. Auch sie bekamen eine Medaille. Fritz: „Erst jetzt kann man das richtig genießen, auch weil man weiß, das Spiel ist anständig gelaufen, ohne große Böcke drin.“ Und weil Fritz zudem klar ist: „In der Regel erlebt man das nur einmal.“
Aber mit der Medaille um den Hals zu stehen vor Spielern wie Buffon oder Cristiano Ronaldo – das reicht auch als einmalige Erinnerung für viele Jahre.
Und jetzt stören auch 200 Millionen Zuschauer auf der ganzen Welt nicht mehr.
Fifa-Schiedsrichter Marco Fritz
Marco Fritz (39) wohnt in Korb, pfeift für den SV Breuningsweiler.
Seit 2009 leitet er Spiele in der Fußball-Bundesliga, seit 2012 steht er auf der Fifa-Liste. Das bedeutet, er leitet Spiele in der Qualifiktionsrunde zur Euro- und Champions-League. In der Hauptrunde ist er Torrichter im Team von Felix Brych.
Weil er national in Kategorie zwei ist und vor sich noch sechs Schiedsrichter in der Elite und Kategorie eins hat, rechnet er „nach menschlichem Ermessen“ nicht damit, hier als Schiedsrichter eingesetzt zu werden.
Auch nicht als Linienrichter. „Das ist eine andere Karrierelinie. Das sind Spezialisten. Ich habe seit zehn Jahren keine Fahne mehr in der Hand gehabt.“