Treue Seele Steffen Kressler: 600 Spiele für den TSV Miedelsbach

Er hat die 600 vollgemacht. 600 Spiele für einen Verein, 600 Spieltage im Trikot mit den gleichen Farben: Steffen Kressler ist eine treue Seele. Der 41-Jährige schnürte für den TSV Miedelsbach seine ersten Kickstiefel und tut es heute immer noch in der Kreisliga A1. Die Schuhe sind größer geworden, Kressler hat mit dem Verein aus dem Schorndorfer Stadtteil einiges erlebt.
„Einmal TSV Miedelsbach, immer TSV Miedelsbach“
„Ich habe damals in der F-Jugend das Fußballspielen angefangen“, sagt er. Die Bambinis, die habe es da noch gar nicht gegeben. Warum Miedelsbach, fragt man den heutigen Weinstädter, und warum Fußball? Die Antworten sind klar: „Ich bin Miedelsbacher.“ Und: „In Miedelsbach wird nun mal Fußball gespielt, also bin ich zum Fußball.“ Hätte es andere Angebote gegeben, wäre er heute vielleicht Basketballer – seine zweite Faszination. Die Größe dazu würde der 1,90-m-Hüne mitbringen.
Heute, etwa 35 Jahre, 600 Spiele, einen Abstieg und zwei Aufstiege später spricht Kressler von Verbundenheit, über einen Wechsel habe er nie nachgedacht: „Einmal TSV Miedelsbach, immer TSV Miedelsbach“, sagt er. „Das ist schon eine Entscheidung fürs Leben.“ Von so viel Vereinstreue können andere nur träumen. „Es klingt so abgedroschen, aber ja, es ist hier wie in einer Familie. Das zeichnet den Verein aus.“ Abteilungsleitung, Spieler, alles drumherum hängt fest zusammen.
Peter Hogh findet lobende Worte für den Spieler, den er neun Jahre trainierte
Trainer hat er im Laufe seiner Spielzeit einige kommen und gehen sehen. Peter Hogh und der derzeitige Trainer Joachim Puppa hätten ihn schon geprägt. Erinnern kann er sich an alle seine Trainer und tut das auch gern. „Ich hatte zu allen ein gutes Verhältnis. Aber mit Peter haben wir gut eine Dekade zusammengearbeitet, Joachim ist jetzt zum zweiten Mal da.“ Der Grund für diese Treue? Die sieht Kressler auch im familiären Umfeld: „Ich denke, die Trainer werden so ausgewählt, dass sie zu uns passen.“ Schließlich sei man mehr Dorf- als Stadtclub, man feiert gern und versteht Spaß. Sein Ex-Trainer, Peter Hogh, mit dem er anfangs auch zusammen auf dem Platz stand, findet ganz besondere Worte für den Angreifer: „600 Spiele für einen Verein, das sagt schon alles über den Charakter von Steffen aus.“ Diszipliniert, ehrlich und loyal beschreibt Hogh den Stürmer. „Ein absolutes Vorbild für alle.“ Und er setzt noch einen drauf: „Jede Mannschaft und jeder Trainer kann sich glücklich schätzen, so einen Spieler und besonderen Menschen in seinen Reihen zu haben.“ Auch Andreas Incorvaia, einer der beiden Abteilungsleiter, findet große Worte: „Steffen ist schon immer eine der wichtigsten tragenden Säulen innerhalb der Mannschaft.“ Incorvaia spricht von aufopferungsvoller Treue und Liebe für den Herzensverein. „Wir als Verein schätzen und lieben ihn. Für junge Spieler ein Vorbild, für ältere Spieler noch dazu ein toller Freund.“
Kressler liebt den Wettkampfcharakter
„Ich hoffe, ich bin gar nicht so sehr Vorbild“, sagt der zweifache Familienvater zaghaft, dessen Mannschaftskollegen teils nicht einmal halb so alt sind wie er. Fußballerisch sei er sicher kein Toptalent, ihn reize vor allem der Wettkampf mit den Jungen, den 18-Jährigen. Doch Kressler geht mit der richtigen Einstellung voran, lebt Tugenden vor, die sich jüngere doch gerne abschauen können: „Ich bin immer viel ins Training gegangen, nicht nur wenn’s gerade Spaß gemacht hat. Auch nach einer Niederlage, auch bei schlechtem Wetter und auch wenn der Fuß nicht so mitmacht.“
Ans Aufhören nicht gedacht: Der Ehrgeiz ist groß
Das Sprunggelenk ist die Schwachstelle Kresslers. Nie verletzungsanfällig - dann rissen die Bänder, ein Knorpelbruch, die Ärzte rieten ihm, mit dem Fußball aufzuhören. Aber die Corona-Pause habe ihm gutgetan, heute steht er wieder ohne Schmerzen auf dem Platz. Ans Aufhören habe er zwar tatsächlich schon gedacht: „Ich werde ja nicht besser. Aber so lange ich kann und so lange der Trainer mich aufstellt, spiele ich.“ Er sucht die Herausforderung, legt den nötigen Ehrgeiz an den Tag. „Den habe ich von meinem Vater“, sagt Kressler. Der habe Dinge, die er gemacht hat, immer mit 100 Prozent gemacht. „Das habe ich verinnerlicht.“ Und das tut er erst einmal für sich („Ich muss mich im Spiegel anschauen können“), weniger wegen der Verpflichtung („Ich habe mich nie aufgeopfert“). „Ich habe beim TSV Miedelsbach gespielt, weil es mir Spaß gemacht hat. Weil mir das Fußballspielen Spaß gemacht hat, weil es mir in Miedelsbach Spaß gemacht hat.“ Dafür nahm er während seines Studiums in Stuttgart auch die Fahrt zweimal in der Woche ins Training und sonntags zum Spiel auf sich. „Wir waren drei, vier Jungs, alles große Jungs, so wie ich, etwa 1,90 Meter groß. Wir saßen alle im Feierabendverkehr in einem Opel Corsa. Da hat die Fahrt oft länger gedauert als das Training selbst.“
Spielverständnis ist seine Stärke
Er selbst beschreibt sich nicht als den typischen Stürmer. Früher kickte er im Mittelfeld, fühlte sich auf der Zehn pudelwohl, verteilte die Bälle gut, hatte den Drang nach vorn. Je älter er wurde, umso weiter wanderte er in die Spitze. „Ich kann vom Tempo her mit den jüngeren Spielern nicht mehr ganz mithalten. Das wäre auch schlimm. Und der Schnellste war ich noch nie.“ Doch er beschreibt sich als einen, der das Spiel versteht, der weiß, wo der Ball hinmuss.
Und das weiß er ganz gut. In 16 von 18 Spielen lief Kressler in dieser Saison auf, ist mit zehn Toren der derzeit beste Torschütze. „Ich weiß gar nicht, wie das zustande kam.“ Eigentlich seien es andere, die beim TSV Miedelsbach die Tore machen, wie Lars Stoll oder Sven Schaal. Ihm sei es lieber, jemand hole ihn als Torjäger noch ein, „damit wir die Liga halten“.
TSV Miedelsbach steht auf Platz elf der Tabelle
Derzeit steht der TSV mit 20 Punkten auf Platz elf der Tabelle der Kreisliga A1. Vergangene Woche gewann die Elf gegen Tabellenführer SV Hertmannsweiler in einer torreichen Partie mit 5:3. „Wir haben wieder die alten Miedelsbacher Tugenden gezeigt“, so Kressler. Der Glaube sei zurück. Und der sei in dieser Liga entscheidend. „Das ist keine Liga, in der eine Mannschaft die andere an die Wand spielt.“
Am Sonntag geht es für die Elf von Trainer Joachim Puppa zu Zrinski Waiblingen. „Zrinski hat vielleicht die besseren Fußballer in seinen Reihen. Aber wenn wir mehr laufen als der Gegner und aggressiv in die Zweikämpfe gehen, kann das was werden. Wir müssen bereit und willig sein.“