Im Alter von fast 31 Jahren: Der letzte Bär in der Wilhelma ist gestorben
Fast 31 Jahre alt ist er geworden: Hochbetagt ist Brillenbär Ambrose am Mittwoch (25.11.) in der Wilhelma in Stuttgart gestorben. Laut einer Mitteilung vom Freitag war er der letzte der „Erstbewohner“ der 1991 neu eröffneten „Anlage für Bären und Klettertiere“.
Ambrose kam 1990 auf die Welt
In der Berglandschaft hatte der Zoologisch-Botanische Garten neben Brillenbären Eisbären und Braunbären gehalten. Ambrose kam im Februar 1990 im Jersey Zoo auf der englischen Kanalinsel auf die Welt. In der Wilhelma war Peruana aus dem Zoo Zürich seine Partnerin. Mit ihr hatte er 1994 zwei Jungtiere: Valentin und Liesel. Der Sohn kam später in den Zoo Wroclaw nach Polen und die Tochter nach Wien in den Tiergarten Schönbrunn. Peruana starb im März 2017 mit rund 28 Jahren.

„Ambrose blieb danach aufgrund seines bereits hohen Alters allein und kam als Einzelgänger gut zurecht“, teilt die Wilhelma mit. „Bis zuletzt wanderte er bergauf, bergab über die Anlage und ging auch gerne baden. Die Pflegerinnen und Pfleger erleichterten ihm das Seniorenleben, indem sie ihm sein Schlafnest im Innengehege tiefer legten und eine Einstiegshilfe dafür bauten. Als Baumbewohner schlafen Brillenbären ungern auf dem Boden.“
Warum Ambrose' Tod eine Zäsur bedeutet
Dieses größte Raubtier Südamerikas, auch Andenbär genannt, lebt ursprünglich in dem Gebirgszug von Venezuela bis Argentinien auf Höhen zwischen 200 und 4000 Metern Höhe. Gerade Nebelwälder haben es ihm angetan, in denen er gerne und geschickt klettert. Dort steigt er Bromelien nach, die auf Astgabeln wachsen. Die Triebe und Früchte solcher Aufsitzer-Pflanzen sind die Leibnahrung des Allesfressers, der auch Nüsse und Samen, Insekten und Kleintiere sowie Eier und Aas vertilgt.

Der Tod von Ambrose bedeutet eine Zäsur für den Stuttgarter Zoo: Die Wilhelma hat nun die Möglichkeit, die frei gewordene Anlage zu modernisieren. „In drei Jahrzehnten hat sich in der Zoologie viel getan“, sagt Direktor Dr. Thomas Kölpin. „Es ist an der Zeit, die Gesamtanlage den neuen Erkenntnissen anzupassen. Das geht allerdings immer erst, wenn dort aktuell keine Tiere leben. Einen alten Baum verpflanzt man nicht – das gilt auch für betagte Bären.“
Was die Wilhelma jetzt plant
Nachdem Eisbären, Braunbären und Brillenbären ihren Lebensabend geruhsam verbringen durften, stellt die Wilhelma die Weichen neu. „Ein solch massives Betonbauwerk lässt sich nicht komplett umbauen, doch es lässt sich vieles umgestalten und besser nutzen“, so Kölpin. „So würde man ein Eisbärengehege zum Beispiel heute in der Form nicht mehr bauen. Aber zu einer Anlage für Geparden lässt sich der Teil sehr gut umformen. Das erlaubt uns, in die Zucht der bedrohten Raubkatzen-Art einzusteigen. Und auf der anderen Seite des Hügels setzen wir künftig nicht mehr auf zwei Arten, sondern wollen auf Braunbären verzichten, die nicht bedroht sind, und dafür den Brillenbären das ganze Terrain zur Verfügung stellen.“ Nach einer Auffrischung der Technik und Bepflanzung sollen im Frühjahr neue Brillenbären einziehen.

In der Natur geht ihr Bestand beständig zurück. Ihr Lebensraum zerfällt in immer kleinere Parzellen, weil die Landwirtschaft unaufhörlich Raum greift. Deshalb fördert die Wilhelma seit diesem Jahr ein Artenschutz- Projekt in Ecuador, um dort das Habitat der Brillenbären zu erhalten.
Mit Geldern aus ihrem Artenschutz- Budget und Spenden der Besucherinnen und Besucher konnte die Wilhelma der Naturschutzorganisation „Jocotoco“ bereits helfen, das Schutzgebiet Tapichalaca durch Landkauf um rund 180 Hektar zu erweitern.