Nächste Pleite des TVB Stuttgart gegen einen Abstiegskandidaten

Der Handball-Erstligist TVB Stuttgart hat seinen Fans am Samstag an den heimischen Bildschirmen – wieder einmal – eine schwer verdauliche Abendkost serviert: Beim Aufsteiger und Vorletzten Tusem Essen ließ sich der TVB phasenweise vorführen und kassierte eine hochverdiente 20:27-Niederlage (9:14). Bis auf Torhüter Primoz Prost stand das komplette Team neben sich, produzierte 18 Fehlwürfe und 19 technische Fehler. Es war das nächste Déjá-vu nach den Pleiten im Februar gegen zwei weitere Abstiegskandidaten HSC Coburg und Eulen Ludwigshafen.
Auf einen Gegner wie den TVB schienen die Essener gewartet zu haben. Ein paarmal war der Aufsteiger in den vergangenen Wochen nach guten Leistungen nur knapp an Punkten vorbeigeschrammt. Mit dem Sieg gegen Stuttgart verkürzte der Tusem den Rückstand auf den Nichtabstiegsplatz auf zwei Punkte. Und der TVB? Der bleibt in dieser Saison ein Team mit zwei Gesichtern.
Ein Gegner, der mehr investiert
Die Essener hüpften nach ihrem vierten Saisonsieg vergnügt durch die Halle. „Die Basis unseres Spiels ist, mehr zu investieren als der Gegner“, sagte der Essener Trainer Jamal Naji nach der Partie. „Das ist uns sehr gut gelungen.“ Tatsächlich war der Vorletzte dem Elften in Sachen Siegeswillen und Leidenschaft klar überlegen.
Der TVB war gewarnt vor den kampfstarken Essenern, bei denen mit dem Ex-Bittenfelder Dennis Szczesny ein zentraler Spieler fehlte. Auch der TVB-Torhüter Jogi Bitter, der wegen Rückenbeschwerden noch einmal aussetzte, hatte vor dem Spiel mahnend den Zeigefinger erhoben. „Essen hat tolle Spiele gemacht, wir müssen uns in Acht nehmen“, sagte er.
Von Beginn an ging der TVB lässig und unkonzentriert zu Werke. Ballverluste und Fehlwürfe schlugen sich zunächst jedoch nicht am Ergebnis nieder, weil auch die Essener nervös in die Partie starteten. Der flinke Linksaußen Noah Beyer brachte den Aufsteiger beim 5:4 nach zwölf Minuten zum ersten Mal in Führung. Der TVB versuchte, seine Angriffe strukturiert aufzubauen. Es fehlte jedoch die Bewegung im Spiel, so dass der starke Essener Innenblock mit Malte Seidel und Tim Zechel wenig Probleme hatte. Die Essener dagegen setzten aufs Tempospiel über ihre schnellen Außen Noah Beyer und Dimitri Ignatov.
Essen geht die Luft nicht aus
Doch auch der Essener Rückraum fand immer wieder Lücken in der Defensive des TVB. Nach drei Treffern der Gastgeber in Folge zum 11:7 (24.) bat der TVB-Trainer seine Spieler zur Besprechung – und ordnete das Spiel sieben gegen sechs an. In Gleichzahl hatten die Gäste keine Lösungen gefunden. Max Häfner bekam das Spiel nicht in den Griff, Viggó Kristjánsson und Dominik Weiß erwischten einen ganz schwachen Tag. Im Grunde überzeugte beim TVB nur Primoz Prost – auch wenn er das Duell gegen den 20-jährigen Lukas Diedrich im Essener Kasten verlor. Mit der verdienten 14:9-Führung, einem ganz neuen Gefühl und reichlich Selbstvertrauen ging der Außenseiter in die Pause. Und der TVB mit der Hoffnung, dass dem Gegner – wie in etlichen Spielen zuvor – irgendwann die Luft ausgehen wird.
Das Gegenteil war jedoch der Fall. Die Essener gewannen mit jeder erfolgreichen Aktion an Sicherheit und sahen ihre große Chance auf zwei wichtige Punkte. 17:10 stand’s nach 35 Minuten. Die Stuttgarter ballerten weiterhin oft recht unmotiviert aufs Tor und warfen dem Gegner die Bälle in die Hände. Für den geringsten Rückstand des TVB sorgte Jerome Müller beim 12:18 (38.). Die fehlende Körpersprache machte wenig Hoffnung auf eine Wende. Spätestens beim 23:13 (!) von Luca Firnhaber in der 47. Minute war die Partie entschieden. Für den TVB ging’s in der Schlussphase lediglich noch darum, ein Debakel zu verhindern. Mit 20:27 musste er sich letztlich geschlagen geben. Es war eine weitere ernüchternde Darbietung gegen einen vermeintlich schwächeren Gegner. Dass der TVB damit die Einstellung seines Punkterekords verpasste, dürfte den Trainer Jürgen Schweikardt dabei weniger beschäftigen als der wiederholt lendenlahme Auftritt.
Am Sonntag (13.30 Uhr) gastiert mit dem SC Magdeburg ein Top-Team in der Porsche-Arena. In diesem Spiel läuft der TVB Stuttgart keine Gefahr, den Gegner zu unterschätzen.
Tusem Essen: Bliss, Diederich; Beyer (6/1), Rozmann (2), Durmaz, Becher, Ignatow (6), Müller (2), Firnhaber (4), Seidel, Morante (4), Klingler, Wolf, Ingenpass, Zechel (1), Homscheid (2/1).
TVB Stuttgart: Prost, Rica Kovac; Häfner (1), Weiß (2), Faluvégi (2), Schulze, Röthlisberger (1), Nicolaus, Zieker (4), Müller (3), Pfattheicher (1), Pesevski (2), Kristjánsson (3/1), Wieling (1).