VfB Stuttgart

Die Zügel werden angezogen: Was sich beim VfB unter Bruno Labbadia ändert

Bruno Labbadia
VfB-Trainer Bruno Labbadia. © Danny Galm

Beim VfB Stuttgart malt Vorstandsboss Alexander Wehrle eine düstere Drohkulisse an die Wand: Folgt 2023 auf 2016 und 2019 der nächste Abstieg, steht der Klub vor massiven wirtschaftlichen Problemen. Deshalb startet nun Rückkehrer Bruno Labbadia seine Retter-Mission. Dabei setzt der erfahrene Trainer vor allem auf Disziplin, Kommunikation und Pragmatismus.

Morgendliche Laufeinheit bei Minusgraden

Es war dunkel und bitterkalt, als die VfB-Profis am Dienstagmorgen (13.12.) dick eingemummelt zu einer ersten Laufeinheit auf den Anlagen an der Mercedesstraße aufbrachen. Gleich dreimal bittet Labbadia seine neuen Schützlinge in seiner ersten Woche um 07.30 Uhr zum Dienstantritt. Anschließend folgt ein gemeinsames Frühstück, dann eine Einheit auf dem Platz und das Mittagessen. Als die Mannschaft von ihrem neuen Trainingsplan erfahren hat, habe er „bei dem einen oder anderen das Lächeln vermisst“, berichtete der neue Sportdirektor Fabian Wohlgemuth.

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Labbadia legt viel Wert auf Pünktlichkeit und Ordnung, dazu sollen die Spieler mehr Zeit miteinander verbringen. Die gemeinsamen Mahlzeiten sind Pflicht-Termine. Zusätzlich muss die Pause zwischen den Vor- und Nachmittagseinheiten künftig am Clubzentrum verbracht werden.

Aus der verunsicherten Truppe, die seit über einem Jahr keinen Auswärtssieg eingefahren hat und auf Tabellenplatz 16 überwintert, soll so ein verschworener Haufen werden. „Wir wollen gemeinsam frühstücken, gemeinsam zu Mittag essen. Die Kommunikation untereinander ist sehr wichtig“, sagt Labbadia.

Das Team wird auf Herz und Nieren geprüft

Aktuell befinden sich das neuaufgestellte Trainerteam und die Mannschaft noch in einer Art Kennenlern-Phase. Labbadia und seine Assistenten Bernhard Trares und Benjamin Sachs müssen sich noch einen genauen Überblick verschaffen, ein Gefühl für den Kader bekommen. Das Team wird also in den kommenden Tagen auf Herz und Nieren geprüft. Wer zieht mit, wo sind die Schwachpunkte, wo die Stärken? Erst dann soll entschieden werden, welche Stellschrauben noch gedreht werden müssen.

„Wir müssen in die Köpfe der Spieler kommen, viele Gespräche führen, herausfinden, was die Mannschaft braucht“, formulierte Labbadia seine ersten Arbeitsaufträge bei seiner offiziellen Vorstellung am Montag (12.12.). Gesucht werden Stützen, die als Fundament des Kaders bilden. So hat Labbadia bereits mit Kapitän Wataru Endo gesprochen, auch Abwehrchef Waldemar Anton nahm er sich beim Trainingsauftakt immer wieder zur Brust.

Auf dem Platz zählt für Labbadia in erster Linie „Engagement und harte Arbeit“. Schon der öffentliche Trainingsauftakt vermittelte davon einen ersten Eindruck. Die rund 90-minütige Einheit war intensiv und kompetitiv. Das jeweilige Verlierer-Team musste Strafliegestützen machen, von allen Spielern forderte er während der Spielformen Bewegung und einen regen Austausch. Es soll künftig schließlich nicht nur neben dem Platz lebhafter zugehen. Die Zügel werden merklich angezogen.

Seine Idealvorstellung vom schönen Spiel sei dabei zunächst zweitrangig. Labbadia: „Es zählt weniger, was ich möchte, sondern was die Mannschaft kann.“ – Pragmatismus pur. Dem Ziel Klassenverbleib wird beim VfB ab sofort alles untergeordnet. Ergebnisse vor Entwicklung. Das sei „nicht immer schön, weil man seinen Fußball verraten muss“, so Labbadia – aber oftmals zweckmäßig. Auch das habe ihn seine Erfahrung gelehrt.

Das sieht auch Fabian Wohlgemuth so: „Wir stehen aktuell mit dem Rücken zur Wand. Da geht es nicht darum, unterhaltsam, sondern erfolgreich Fußball zu spielen. Dafür braucht es erfahrene Spieler, die als Stützen für mehr Stabilität sorgen. Darüber werden wir uns in den nächsten Tagen Gedanken machen müssen.“

Günter Kern übernimmt die Aufgaben von Oliver Bartlett

Das junge Stuttgarter Kollektiv soll durch Labbadias Wirken schnellstmöglich widerstandsfähiger werden. Auch im physischem muss nachgearbeitet werden. Mit der bisherigen Arbeit von Athletiktrainer Oliver Bartlett war man am Wasen offensichtlich nicht zufrieden. Zu selten war der VfB in der Lage, in den entscheidenden Phasen noch eine Schippe draufzulegen. Bartlett ist nicht mehr im Amt, ab sofort übernimmt Günter Kern. Performance-Analyst Jan Schimpchen, der erst im Sommer zum VfB kam, bleibt an Bord.

Der Berchtesgadener Kern war schon 2007 beim letzten Titelgewinn als Fitnesstrainer für den VfB tätig. Armin Veh brachte ihn 2014 ein zweites Mal mit nach Stuttgart, ehe der Bayer mit Bruno Labbadia Bekanntschaft schloss. Gemeinsam arbeiteten die beiden zuletzt in Wolfsburg und bei Hertha BSC Berlin – und brachten dort jeweils die Mission Klassenerhalt zu einem erfolgreichen Abschluss.

„Abstiegskampf braucht keiner“, sagt Labbadia, „aber wenn man es schafft, nimmt man extrem viel mit.“