Tempo ist Trumpf beim VfB Stuttgart
Stuttgart.
Timo Baumgartl war sich nach dem siegreichen Spiel gegen Fortuna Düsseldorf sicher: „Das muss er von Pep Guardiola gelernt haben“, lachte der Innenverteidiger in der Mixed-Zone. Die Rede war von Julian Greens Traumtor zum 2:0. Eine Maßflanke von Anto Grgic hatte der 21-Jährige formvollendet volley in die Maschen gejagt (20.).
Nice one time finish by #USMNT forward Julian Green to score his 1st #Stuttgart goal in 2-0 win vs #FortunaDüsseldorf. #VfB #2Bundesliga pic.twitter.com/BhgIXvet3h
— Golazo FC (@Golazo_FC) 7. Februar 2017
„Das habe ich mir schon selbst beigebracht“, wiedersprach Green seinem Teamkollegen Baumgartl und ergänzte: „Wir haben gewonnen, ich habe ein Tor gemacht. Das fühlt sich schon echt gut an, so stelle ich mir das vor.“
Es sieht wieder nach Fußball aus
Ganz nach den Vorstellungen von VfB-Sportvorstand Jan Schindelmeiser waren auch die ersten 45 Minuten im Spiel gegen die Fortunen: „Es sah in der ersten Halbzeit über weite Strecken nach Fußball aus“, befand der 53-Jährige. Und auch Cheftrainer Hannes Wolf fand lobende Worte für den Auftritt seiner Mannschaft: „Wir haben uns viele Chancen erarbeitet, gut verteidigt und den Menschen eine Freude gemacht.“
Sein Team habe mit Tempo gespielt und trotzdem in den entscheidenden Momenten die Ruhe bewahrt. Auch die Fans goutierten den engagierten Auftritt der Wasen-Elf mit viel Euphorie und „Oh wie ist das Schön“-Gesängen. Gelobt wurden die Stuttgarter auch am Tag nach dem Spiel in den Medien. Einstimmige Meinung hier: Es sieht wieder nach Fußball aus, was der VfB auf den Rasen bringt. Die Schwaben machen wieder Spaß.
Schnelligkeit ist seit jeher Trumpf
Für die Rückkehr des schönen Spiels am Neckarufer hatte VfB-Coach Wolf gleich mehrere Erklärungen parat. Zum Einen die immer gefestigtere Abwehr, die gegen Fortuna Düsseldorf, sämtliche Vorbereitungsspiele mit eingerechnet, zum siebten Mal in Folge ohne Gegentor blieb. Eine geordnete Defensive als Basis für ein energisches und rasantes Angriffsspiel. Schnelligkeit ist seit jeher Trumpf im Spiel von Hannes Wolf, wobei mit Rennen allein noch nichts gewonnen ist.
Mit Julian Green und Josip Brekalo haben sich die Schwaben weitere hochbegabte Offensivspieler in ihre Reihen geholt. Beide verfügen wie Carlos Mane und Takuma Asano über eine Menge Tempo und Spielfreude. Und während die offensiven Wirbelwinde auch mal die eine oder andere Torchance liegen lassen, ist Torjäger Simon Terodde vorne bei nahezu jeder Gelegenheit zur Stelle. Gegen Düsseldorf „schädelte“ der 28-Jährige eine Flanke von Emiliano Insua zur frühen Führung ins Tor (13.) – sein zwölfter Treffer im 17 Saisonspiel.
Der stärkste Kader der 2. Liga
„Das Gesamt-Niveau ist gerade sehr hoch“, befand Hannes Wolf nach der Partie. Mit den drei Neuzugängen Josip Brekalo, Ebenezer Ofori und Jérôme Onguéné wurde dieses Niveau noch einmal weiter angehoben. Das hat zur Folge, dass sich selbst Nationalspieler wie Florian Klein auf der Tribüne wiederfinden können. „Wir haben aber ein extrem hohes Niveau im Kader. Deshalb kommt es zu so krassen Entscheidungen“, argumentiert Hannes Wolf. Der VfB verfügt ohne Frage über den stärksten Kader der 2. Liga. Der Wiederaufstieg, so die Meinung vieler Experten, ist Pflicht.
Für die VfB-Fans ist das aktuelle Tabellenbild stimmig: Stuttgart eins, Hannover 96 zwei, Eintracht Braunschweig drei. An der Mercedesstraße aber lässt sich niemand einlullen. Zumindest niemand von den Verantwortlichen auf und neben dem Platz. Der VfB steht zwar auf der Poleposition, aber das Rennen bis zum Aufstieg ist noch lang. Noch 15 Spiele.
„Wir spielen nicht für die Galerie“
Und das ist allen Beteiligten offenbar auch bewusst. Nach dem zweiten Sieg im zweiten Pflichtspiel 2017 stand allen Stuttgarter Beteiligten zwar die Freude über den perfekten Start ins neuen Jahr ins Gesicht geschrieben, überschwänglich, oder gar euphorisch, wurde allerdings niemand. „Wir hätten mehr Tore machen müssen“, ärgerte sich Torjäger Terodde und fügte an: „Wir spielen nicht für die Galerie.“ Sein Trainer ergänzte: ""Es gab ganz viel Positives und trotzdem können wir das Spiel souveräner beenden. Wir haben die Mitte verloren und einige Chancen zugelassen. Wenn das 1:2 fällt wird das Spiel wieder unnötig spannend."
Dennoch stimmt aktuell beim VfB die Balance aus Torgefahr und Stabilität in der Abwehr, aus spielerischer Klasse und Einsatzwillen. „Wir haben ein paar Mal Glück gehabt. Aber wir sind in den defensiven Abläufen gefestigter“, erklärt Wolf. „Wir haben auch individuell Schritte nach vorne gemacht.“ Vom "Drumherum und der Tabellensituation" will sich Hannes Wolf befreien und an den Dingen festhalten, "die uns im Spiel helfen."
2017 noch ohne Gegentor
Im Abwehrzentrum ist mittlerweile neben Abwehrchef Timo Baumgartl auch auf den Polen Marcin Kaminski absoluter Verlass. „Man merkt, dass wir uns als Mannschaft weiterentwickelt haben“, erklärt Baumgartl. „Wir haben uns als Team vorgenommen, dass wir weniger Gegentore bekommen wollen.“ 21 waren es in der Hinrunde, nur der zehntbeste Wert der Liga. Bislang kam keins mehr dazu. Und vorne hat die Mannschaft jetzt 33 Mal getroffen. Gemeinsam mit Hannover 96 ist das die Bestmarke.
„Es ist schön, wenn wir den Menschen im Stadion mit dem Spiel eine Freude machen konnten“, freute sich Hannes Wolf am Montagabend, schob aber direkt warnend hinterher: „Wir dürfen jetzt nicht denken, dass wir es schon voll raushaben.“ Wolf und sein Team scheinen in der Wintervorbereitung die läuferischen Defizite aus der ersten Saisonhälfte aufgearbeitet zu haben. Jeden weiteren Sieg seiner Elf sieht Hannes Wolf als „Verstärker“ auf dem Weg hin zum großen Ziel.
Die "Bruddler" erkennen ihren Verein nicht mehr wieder
Viele Fans erkennen "ihren VfB" im positiven Sinne nicht mehr wieder. "Mein VfB verpasst die Tabellenführung, obwohl sie ihm durch die Niederlagen von Hannover und Braunschweig auf dem silbernen Tablett serviert wird", schreiben die Blogger von Vertikalpass.de. Der "neue VfB" dagegen spiele "Hochgeschwindigkeitsfußball, bei einer Führung seriös weiter und hat einen Trainer, der mit Aufstellungen, Einwechslungen und Field-Interviews überrascht."
Selbst die größten schwäbischen "Bruddler" mussten am Montagabend konstatieren, dass ihr Herzensclub an diesem Abend nicht nur gewonnen und die Tabellenführung übernommen, sondern auch ein richtig gutes Spiel gemacht hatte. Von einer Welle der Euphorie erfasst stimmten die Fans nach dem Schlusspfiff folgenden Gesang an: "Wenn Du mich fragst, wer Meister wird, dann sage ich zu Dir: Das können nur die Schwaben sein. Die Jungs vom VfB."