VfB Stuttgart

Warum Fabian Wohlgemuth beim VfB Stuttgart ein kompliziertes Erbe antritt

Fabian Wohlgemuth
Fabian Wohlgemuth, der zukünftige Sportdirektor des VfB Stuttgart. © Friso Gentsch

Vorstandsboss Alexander Wehrle stellt den VfB Stuttgart personell neu auf: Die erste von zwei großen Personalentscheidungen ist gefallen. Die Trainerfrage bleibt zwar vorerst noch unbeantwortet, in Fabian Wohlgemuth hat der abstiegsbedrohte Bundesligist aber einen neuen Sportdirektor gefunden. Wenige Tage nach dem Aus seines Vorgängers Sven Mislintat verkündete sein neuer Club am Samstag (03.12.) die Verpflichtung des 43-Jährigen. In Bad Cannstatt tritt Wohlgemuth ein aus mehreren Gründen kompliziertes Erbe an.

So viel hat der VfB an Paderborn überwiesen

Zuletzt arbeitete Wohlgemuth, der einen Vertrag bis 30. Juni 2025 unterschrieb, als Geschäftsführer Sport beim Zweitligisten SC Paderborn. Alexander Wehrle hatte zuletzt immer wieder betont, sich bei der Entscheidung nicht hetzen lassen zu wollen. Eine schnelle Lösung deutete sich aber schon am Freitag an, nachdem SCP-Präsident Thomas Sagel einen Anruf aus Stuttgart bestätigt hatte. Im Raum steht nach Kicker-Informationen eine Ablöse von rund 600.000 Euro.

„Mit der Neubesetzung auf der Position des Sportdirektors wollen wir sowohl einen neuen Impuls als auch ein Zeichen für Kontinuität auf unserem Weg setzen“, sagte Wehrle. „Fabian Wohlgemuth passt perfekt in unser Profil. Er hat bewiesen, dass er auch mit überschaubaren Mitteln einen werthaltigen Kader zusammenstellen kann, der offensiven, leidenschaftlichen Fußball spielt.“ 

Der Werdegang von Fabian Wohlgemuth

Zudem schätzt Wehrle an Wohlgemuth, dass dieser Erfahrung im Nachwuchsbereich vorweisen kann. Denn der gebürtige Berliner arbeitete als Jugend-Scout beim Hamburger SV, leitete später die Nachwuchsabteilung des VfL Wolfsburg, ehe er zu Holstein Kiel wechselte. In Paderborn formte er gemeinsam mit den Trainern Steffen Baumgart und Lukas Kwasniok eine Mannschaft, die inzwischen wieder zu den Aufstiegskandidaten in der 2. Bundesliga gehört. 

„Er hat in Paderborn sehr gute Arbeit geleistet und die sportliche Entwicklung unseres Vereins stark geprägt“, sagte Sagel. „Dabei haben sich die sportlichen Ergebnisse und die Kaderqualität kontinuierlich verbessert. Es gehört zur DNA unseres Vereins, Spielern und Mitarbeitenden den nächsten Karriereschritt zu ermöglichen. Auch weil der Wechsel zum VfB entsprechend honoriert worden ist, gehen wir mit einem guten Gefühl auseinander.“

Und mit einem guten Gefühl geht Wohlgemuth auch die neue Aufgabe beim 16. der Tabelle an. „Der VfB hat in der deutschen Fußballgeschichte sportliche Maßstäbe gesetzt“, sagte er. „Er ist ein lebendiger Verein mit einer großartigen Fankultur, einer spannenden Mannschaft und unglaublichem Potenzial.“ 

Die Zeit nach Mislintat: Ein kompliziertes Erbe

Dabei tritt Wohlgemuth ein aus mehreren Gründen kompliziertes Erbe an. Zum einen wäre da die prekäre sportliche Lage der Mannschaft. Überwintert wird auf dem 16. Tabellenplatz. Längst sind in Stuttgart Zweifel an der Bundesligatauglichkeit des Kaders laut geworden - was letztlich auch einer der Gründe für das Aus von Kaderplaner Sven Mislintat gewesen sein dürfte

Zwar wurde vom Aufsichtsrat laut einem Bild-Bericht der im Sommer beschlossene Budget-Rahmen erweitert, allerdings nur, weil die Neubesetzungen auf Trainer- und Sportdirektoren-Posten und die damit verbundenen Kosten damals nicht einkalkuliert waren. Mehr Geld für Wintertransfers gibt es dadurch nicht, der finanzielle Spielraum ist ohnehin knapp bemessen. 

Und dann gibt es da noch weiche Faktoren, die emotionale Komponente. Auf die Entlassung des bei großen Teilen der Anhängerschaft beliebten Sven Mislintat folgten zahlreiche negative Reaktionen in den sozialen Netzwerken. Auch mit der größeren Aufmerksamkeit und dem daraus folgenden Druck muss Wohlgemuth nach seinem Wechsel aus dem beschaulichen Paderborn nach Bad Cannstatt nun klarkommen. Die Emotionalität rund um einen Traditionsvereins kann für die handelnden Personen schließlich auch eine Last sein.

Zum Start dürfte der 43-Jährige jedenfalls von vielen kritisch beäugt werden. Zahlreiche Fan-Herzen hängen noch an Sven Mislintat, der sich in seinen dreieinhalb Jahren im Schwabenland zu einer Identifikationsfigur entwickelt hatte. 

Wer wird neuer Cheftrainer?

Letztlich muss Wohlgemuth durch seine Arbeit und sein Auftreten überzeugen. Und hier gilt es direkt, eine wegweisende Entscheidung zu treffen. Denn bis zum Trainingsauftakt am 12. Dezember soll auch die Trainerfrage beantwortet sein. Eine Beförderung von Michael Wimmer vom Interimstrainer zum Chefcoach ist nach dem Aus von Mislintat unwahrscheinlicher geworden. 

Top-Kandidat soll Medienberichten zufolge weiter Bruno Labbadia sein, der schon zwischen 2010 und 2013 für den VfB tätig war. Und mit dem Wohlgemuth bereits in Wolfsburg zusammengearbeitet hat. Als Labbadia dort Chefcoach war, leitete Wohlgemuth das NLZ der Wölfe. Gut möglich, dass sich die Wege der beiden bald erneut kreuzen. Dieses Mal dann aber nicht am Mittellandkanal - sondern am Neckar.