Wirbel um VfB-Stürmer: Silas Wamangituka und das Trödel-Tor gegen Werder Bremen sorgen für Diskussionen
Im Trubel um das Trödel-Tor von Silas Wamangituka ging die ansonsten reife Leistung des VfB Stuttgart letztlich etwas unter. Mit dem 2:1 (1:0) bei Werder Bremen feierte der schwäbische Fußball-Bundesligist am Sonntag seinen ersten Sieg seit fast zwei Monaten. Doch das beherrschende Thema war auch am Tag danach noch der zweite Treffer des kongolesischen Stürmers in der Schlussphase, bei dem er sich frei vor dem leeren Tor aufreizend viel Zeit gelassen hatte, bevor er den Ball über die Linie schob.
„Wir können mal die Kirche im Dorf lassen“
„Ich finde es maximal grenzwertig, was dem Jungen da vorgeworfen wird“, sagte VfB-Sportdirektor Sven Mislintat am Montag. Bremens Angreifer Davie Selke hatte sich noch auf dem Platz bei Wamangituka beschwert und die Szene hinterher „respektlos“ genannt. Auch in den sozialen Medien gab es reichlich Kritik für Stuttgarts Matchwinner.
Er könne „komplett nachvollziehen, dass die Bremer das nicht super fanden“, sagte Mislintat. Er meinte aber auch: „Wir können mal die Kirche im Dorf lassen. Er hat das Ding nicht viermal hoch gehalten, keinen Fallrückzieher auf der Linie gemacht, keinen Moonwalk gemacht oder sonst was. Aus der Nummer wird viel zu viel gemacht.“ Auch Selke hätte „nach dem Spiel etwas andere Aussagen treffen können.“
Weil er vom Sprinter zum Schleicher wurde, lenkte Wamangituka quasi selbst von seiner ansonsten einwandfreien Vorstellung in Bremen ab. Der 21-Jährige, der sich via Instagram für seine Aktion entschuldigte und beteuerte, „in jeder Phase des Spiels Respekt vor dem Gegner“ zu haben, gehörte gegen Werder zu Stuttgarts Besten.
Bei seinem souverän verwandelten Foulelfmeter zum 1:0 in der 31. Minute bewies er Nervenstärke, beim Missverständnis zwischen den Bremern Ömer Toprak und Jiri Pavlenka vor dem 2:0 in der Nachspielzeit dann das richtige Gespür für die sich ergebende Chance zur Entscheidung.
Richtungsweisender Sieg für die Schwaben
„Auch er kommt in dieser Liga an“, sagte Mislintat über den nun fünffachen Torschützen. Dank dessen Doppelpacks jubelte der VfB nach vier Unentschieden und einer Niederlage in den vorangegangenen fünf Partien über einen richtungsweisenden Sieg. „Es war ein bisschen so ein Spiel, bei dem sich entscheidet, ob man eher klettert, stehen bleibt oder sogar wieder dringender nach unten gucken muss“, sagte Mislintat - und freute sich, den Vorsprung auf Relegationsplatz 16 von sechs auf sieben Punkte ausgebaut zu haben.
Nachdem sie in den Vorwochen stets viel Lob, aber eben nie die vollen drei Zähler bekommen hatten, belohnten sich die Stuttgarter in Bremen vor allem für eine defensiv gute Leistung. Die junge Mannschaft der Schwaben habe „maximalen Widerstand geleistet“, sagte Mislintat, „auch in Phasen, in denen Werder Druck gemacht hat.“
So ließ sie mit Ausnahme des späten Anschlusstreffers durch Selke (90.+3) in der zweiten Hälfte so gut wie keine gegnerische Torchance zu und konterte stattdessen selbst noch ein paar Mal gefährlich. Der in Mislintats Augen „verdiente“ und „sehr wichtige“ Sieg nimmt dem Aufsteiger vor dem komplizierten Auswärtsspiel bei Borussia Dortmund am Samstag wieder etwas Druck.
Gelb für Wamangituka: Was sagen die Regeln?
- Mit seinem Trödel-Tor hat Silas Wamangituka unbestritten für die Szene des Spieltages gesorgt. Aber war die Gelbe Karte für den VfB-Torjäger gerechtfertigt?
- Wenn das Vorgehen des Stuttgarters nach Auffassung von Schiedsrichter Frank Willenborg eine Verhöhnung des Gegners dargestellt hätte, dann hätte er den Treffer wegen unsportlichen Verhaltens nicht anerkennen dürfen und auf indirekten Freistoß für Werder Bremen entscheiden müssen.
- DFB-Schiedsrichter-Lehrwart Lutz Wagner sagte gegenüber ntv.de: „Hätte sich der Spieler etwa auf den Boden gelegt oder hingekniet und den Ball dann mit dem Kopf über die Linie gebracht, wäre das etwas anderes gewesen.“
- Laut den Schiedsrichter-Experten von Collinas Erben lag auch eine strafbare Spielverzögerung nicht vor. Der Grund: Auf „Zeitspiel“ kann nur entschieden werden, wenn der Ball nicht im Spiel ist. Einzige Ausnahme: Wenn der Torwart den Ball länger als sechs Sekunden mit den Händen kontrolliert, ist theoretisch ein indirekter Freistoß fällig.
- Collinas Erben kommen zu dem Schluss: „Den Torschuss vor dem leeren Gehäuse zu verzögern, ist im Kern dagegen letztlich nichts anderes, als eine Führung zu sichern, indem man den Ball bei einem Angriff an der Eckfahne festmacht und mit ausgestrecktem Po verteidigt.“ Und das ist laut den Regeln keine gelbwürdige Aktion.
- Den gelben Karton sah Wamangituka also weniger wegen des Trödel-Treffers, sondern vielmehr weil Schiedsrichter Willenborg die Szene als provozierendes Verhalten gegenüber Werder Stürmer Davie Selke wertete. Diese Interpretaion ist regeltechnisch gedeckt. Es bleibt allerdings eine harte Entscheidung.