VfB Stuttgart

Aufklärung der Daten-Affäre: Die Stunde der Wahrheit rückt immer näher

VfB dunkle Wolken
Der VfB steckt in der wohl tiefsten Krise seiner Vereinsgeschichte. © Danny Galm

Die komplett eskalierte Führungskrise hat den VfB Stuttgart vereinspolitisch tiefer denn je ins Chaos gestürzt. Im Zentrum des Konflikts steht die Affäre um weitergegebene Mitgliederdaten, die der kicker im September 2020 aufgedeckt hatte. „Sobald eine belastbare Bewertung der Vorgänge möglich ist, wird der Verein Mitglieder und Öffentlichkeit über die Ergebnisse und den aktuellen Stand der Untersuchung informieren“, hieß es in einer gemeinsamen Stellungnahme von e.V. und AG vom 13. Oktober 2020 - und genau diese Stunde der Wahrheit rückt jetzt Anfang Februar 2021 immer näher.

Wer in der Daten-Affäre ermittelt

Zwischen 2016 und 2018 sollen vom VfB Mitgliederdaten an Dritte weitergereicht worden sein - unter anderem, um die im Sommer 2017 beschlossene Ausgliederung der Profiabteilung voranzutreiben. Die Kanzlei Esecon wurde sowohl vom Verein als auch von der AG mit der Aufklärung beauftragt. Auch der Landesdatenschutzbeauftragte Stefan Brink hat eine Untersuchung eingeleitet. Der Esecon-Abschlussbericht soll am 01. Februar vorliegen, die Ergebnisse von Stefan Brink könnten ebenfalls demnächst folgen.

Warum es Streit um die weitere juristische Aufarbeitung gibt

Heftigen Streit gibt es derweil um die weitere juristische Aufarbeitung der Vorfälle rund um die Ausgliederungs-Kampagne. „Leider ist es bis heute aber weder im Verein noch in der VfB AG gelungen, einen Auftrag zu der nach Vorliegen des Abschlussberichts notwendigen rechtlichen Bewertung schon jetzt an eine dazu geeignete Rechtsanwaltskanzlei zu erteilen“, schrieb der Präsident und Aufsichtsratsvorsitzende Claus Vogt am vergangenen Mittwoch. Die Präsidiumsmitglieder Bernd Gaiser und Rainer Mutschler betonen hingegen: „Wir verlangen und unterstützen weiterhin eine vollumfängliche Aufklärung mit allen etwaigen Konsequenzen, verwehren uns aber gegen jedwede vereinspolitische Instrumentalisierung dieser Thematik.“

Der Präsident plädierte in seinem Rundschreiben an die Mitglieder dafür, „die Rechtsanwälte der Esecon-Gruppe, die mit den Tatsachen bestens vertraut sind, auch die rechtliche Bewertung übernehmen zu lassen“. Mit seinem Ansinnen steht der amtierende Clubchef in den Gremien allerdings weitgehend alleine da. Offenbar will die Mehrheit im Aufsichtsrat die Daimler-nahe Kanzlei Gleiss Lutz beauftragen. Eine Einigung, wer sich nach dem Vorliegen des Abschlussberichts um die weitere juristische Bearbeitung der Ergebnisse kümmern soll, konnte dabei offensichtlich noch nicht erzielt werden.

Wann und in welcher Form wird der Esecon-Bericht publiziert?

Viele Mitglieder fragen sich bereits jetzt, wann und vor allem in welcher Form sie den Abschlussbericht einsehen dürfen. Beide Fragen sind derzeit noch offen. Nachdem bereits bekanntgeworden war, dass Teile des Präsidiums und des Vorstandes zumindest zu Beginn der Ermittlungen die Esecon-Nachforschungen blockiert haben, stellt sich zudem die Frage nach dem generellen Erkenntniswert der Resultate.

Da Teile eines Zwischenberichts von der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht wurden, liege es auf der Hand, „dass ein Präsidiumsmitglied und Vorstände der VfB AG zu denjenigen Personen gehören, die u.a. direkt mit den zu untersuchenden Vorgängen in Verbindung stehen“, so Claus Vogt. Neben dem Präsidiumsmitglied Rainer Mutschler sind damit Finanzvorstand Stefan Heim und Marketingvorstand Jochen Röttgermann gemeint. Laut dem geleakten Zwischenbericht habe das Trio „im bisherigen Verlauf der Untersuchung nachhaltig Einfluss genommen bzw. nehmen können“.

Wann liegen die Ergebnisse des Landesdatenschutzbeauftragten vor?

Eine besondere Bedeutung könnte somit auch den Recherchen des Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit des Landes Baden-Württemberg, Stefan Brink, zukommen. Der oberste Datenschützer im Ländle gilt im besten Sinne als harter Hund - und als unparteiische Instanz. Direkt nach Bekanntwerden der Affäre im Herbst 2020 leitete er ein Auskunftsverfahren gegen den VfB ein. Auch dieses steht nun vor dem Abschluss. „Wir gehen davon aus, dass wir das Prüfverfahren demnächst abschließen und dann eine Bewertung des Sachverhaltes vornehmen können“, teilte ein Sprecher auf Nachfrage unserer Redaktion mit.

Vorstandschef Thomas Hitzlsperger hatte sich zuletzt ebenfalls zu Wort gemeldet und um Geduld gebeten: „Wenn der Abschlussbericht von Esecon auf dem Tisch liegt, werden wir die Sachlage nüchtern prüfen und auf Basis der Fakten Entscheidungen treffen. Wir werden, wenn es notwendig ist, Konsequenzen ziehen“, kündigte Hitzlsperger an: „Fehlverhalten oder womöglich strafbares Verhalten wird sanktioniert.“

Die erste Februar-Woche dürfte für die Fans und Mitglieder des VfB also einmal mehr eine nervenaufreibende werden - und der Vorhang in diesem beispiellosen Führungsdrama noch lange nicht fallen.