VfB Stuttgart

Führungskrise beim VfB Stuttgart: Thomas Hitzlsperger wehrt sich gegen Spalter-Image, aber viele Fragen bleiben offen

Fußball Bundesliga  SC Freiburg vs. VfB Stuttgart
Präsident Claus Vogt (li.) und Vorstandschef Thomas Hitzlsperger beim Bundesliga-Spiel des VfB in Freiburg. © Pressefoto Baumann

Thomas Hitzlsperger war emotional schwer angefasst. „Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass es Plakate von mir gibt, auf denen ich als Spalter bezeichnet werde“, sagte der Vorstandsvorsitzende des VfB Stuttgart am Sonntag (24. 01.) mit Blick auf die beispiellose Führungskrise beim Traditionsverein. „Die Vorwürfe und Angriffe gegen mich haben mich sehr bewegt. Die letzten drei Wochen waren die größte Herausforderung überhaupt für mich persönlich.“ Der Meisterspieler von 2007 wirkte angeschlagen und abgekämpft, seine Stimme immer wieder brüchig.

Der VfB sucht den vereinsinternen Maulwurf

Dieser Tage hatte der von der Stuttgarter Zeitung in Teilen veröffentlichte Zwischenbericht zu den Ermittlungen in der Daten-Affäre eine neue Dynamik in den Machtkampf an der Mercedesstraße gebracht - und den ehemaligen Nationalspieler samt der Führungsriege von AG und e.V. unter Druck gesetzt.

Kurzfristig hatte der Verein daher am späten Samstagabend (21.59 Uhr) zu einer Presserunde mit Hitzlsperger eingeladen. Um 11 Uhr am Sonntagmorgen saß der CEO schließlich auf dem Podium und eröffnete die Fragerunde mit einer Verteidigungsrede: „Es kann nicht sein, dass in den letzten sechs, sieben Tagen alles infrage steht, wofür ich mein Leben lang gestanden bin. Dagegen möchte ich mich entschieden wehren.“

Anders als von vielen Fans erwartet ging es im Pressegespräch mit dem 38-jährigen Ex-Profi allerdings nur am Rande um die inhaltliche Aufarbeitung der Daten-Affäre oder um seine Bewerbung für das Präsidentenamt. Vielmehr beschwerte sich Hitzlsperger über die Berichterstattung der letzten Tage. „Konkret wird mir vorgeworfen, ich sei gegen Offenheit, Transparenz und Aufklärung in der Datenschutzthematik. Manche sagen sogar, ich würde die Aufklärung verschleiern oder behindern“, so Hitzlsperger.

Der VfB sucht derweil den vereinsinternen Maulwurf, der Auszüge der Zwischenberichte an die Öffentlichkeit brachte. Auch ein Medienanwalt soll in die Suche involviert sein.

„Fehlverhalten oder womöglich strafbares Verhalten wird sanktioniert“

In den vergangenen Tagen und Wochen ist der Ruf des Bundesverdienstkreuzträgers erheblich ramponiert worden. Hintergrund ist neben dem öffentlichen Frontalangriff auf den amtierenden e.V.-Präsidenten Claus Vogt auch die Daten-Affäre. Zwischen 2016 und 2018 sollen vom VfB Mitgliederdaten an Dritte weitergereicht worden sein - unter anderem, um die im Sommer 2017 beschlossene Ausgliederung der Profiabteilung voranzutreiben. Die Berliner Kanzlei Esecon wurde von Claus Vogt mit der Aufklärung beauftragt.

Laut dem Zwischenbericht der Ermittler sollen Vorstand und Teile des Präsidiums die Aufklärungsarbeit torpediert haben. Ein Vorwurf, gegen den sich Hitzlsperger nun zur Wehr setzt. „Wenn der Abschlussbericht von Esecon auf dem Tisch liegt, werden wir die Sachlage nüchtern prüfen und auf Basis der Fakten Entscheidungen treffen. Wir werden, wenn es notwendig ist, Konsequenzen ziehen“, kündigte Hitzlsperger an: „Fehlverhalten oder womöglich strafbares Verhalten wird sanktioniert.“ Auf die Blockadehaltung der Führungsriege zu Beginn der Nachforschungen ging er nicht weiter ein.

Der Vorstandsvorsitzende äußerte sich auch zu den Vorwürfen, er habe die Konten beschuldigter Mitarbeiter nicht gesperrt. „Ich habe es nicht abgelehnt, ich habe die Entscheidung getroffen basierend auf gültigem Arbeitsrecht“, sagte er. „Da gegen die Mitarbeiter nichts vorlag und bis jetzt nichts vorliegt, konnten und können wir die Konten nicht sperren. Das heißt aber nicht, dass behindert wird.“

In Richtung der Belegschaft sagte er: „Wir alle bedauern, dass dieses interne Papier den Weg nach außen gefunden hat. Jeder, der zuhört und Informationen beim VfB hat, soll darüber nachdenken, was es anrichten kann, diese Diskretion nicht zu wahren.“ Es helfe niemandem weiter, wenn permanent darüber gesprochen werde, was intern im Verein passiert. „Das ist eine Aufforderung an alle, die hier beim VfB Stuttgart sind, sich der Verantwortung bewusst zu werden.“

Der Abschlussbericht von Esecon wird für Anfang Februar erwartet. In welcher Form der Report der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, ist noch offen. „Wie viel davon öffentlich gemacht wird, kann ich nicht alleine entscheiden“, sagte Hitzlsperger.

Zur Kandidaten-Frage will sich Hitzlsperger in den nächsten Tagen äußern

Eine Frage, die Hitzlsperger am Sonntagmorgen nicht beantwortete, war, ob seine Kandidatur für das Präsidentenamt bestehen bleibt. „Ich werde mich in den nächsten Tagen komplett zu dieser Thematik äußern“, so der 38-Jährige.

Am Samstagnachmittag am Rande des Bundesliga-Spiels beim SC Freiburg (1:2) hatten sich Hitzlsperger und Claus Vogt auf der Tribüne noch lange unterhalten. Tags darauf räumte Hitzlsperger lediglich ein, dass seine scharfe Kritik am amtierenden Clubchef „eine Überreaktion“ auch unter der Anspannung der Corona-Pandemie und „sicherlich keine Sternstunde“ gewesen sei: „Ich habe mich zu etwas verleiten lassen, das ich so nicht mehr tun würde.“

Im Anschluss an die Runde mit den Journalisten veröffentlichte Hitzlsperger noch ein knappes Video-Statement über einen offensichtlich eigens dafür eingerichteten Youtube-Kanal. „Ich verspreche euch, wir werden in den nächsten Wochen hier im Gespräch bleiben“, sagt Hitzlsperger. Die Kommentarfunktion unter dem Video wurde deaktiviert.