Backnang

Wie sich ein Ehepaar gegen Hochwasser schützt

Vor dem Eingang zum Friseurgeschäft ist eine Hochwasserschutzwand aufgebaut // Hochwasserschutz Familie Schubert zeigt Eigeninitiative Grabenstraße 14 Honorar 17.01.2020
Andreas Schubert kann die mobile Spundwand innerhalb weniger Minuten aufbauen. Foto: Becher © Alexander Becher

Das Hochwasser vom 13. Januar 2011 hat sich bei Corina und Andreas Schubert tief ins Gedächtnis eingebrannt. Der Keller ihres Hauses in der Grabenstraße in Backnang lief an diesem Tag komplett voll. Am Ende stand das Wasser sogar im Erdgeschoss mehr als knietief. Der Sachschaden summierte sich auf 130 000 Euro. Heute können die beiden beruhigt dem nächsten Hochwasser entgegensehen, sie haben technisch aufgerüstet und vorgesorgt.

Die Schutzvorkehrung, die man auch von außen sehen kann, ist eine mobile Spundwand in der Grabenstraße. Zu Demonstrationszwecken baut Andreas Schubert sie extra auf. Zwanzig Minuten nach Aufbaubeginn ist die Sicherung schon einsatzbereit. Etwa einen Meter hoch könnte nun das Wasser in der Grabenstraße stehen, und trotzdem würde es aufgrund der Metallbarriere nicht durch die ebenerdige Eingangstür strömen können.

Innerhalb von Minuten ist die Tür völlig abgedichtet

Der Aufbau geht nicht nur schnell, er ist auch relativ einfach. Zuerst wird ein Mittelpfeiler mit dicken Schrauben auf der Bodenfläche vor der Tür verankert. Der Pfeiler hat auf beiden Seiten Schienen, in die jeweils drei Metallelemente geschoben werden. Solche Schienen gibt es auch rechts und links der Tür am Gebäude. Im Gegensatz zum Mittelpfeiler sind sie dauerhaft am Haus montiert. Von oben werden die Elemente mit Schrauben nach unten gepresst, unten dichtet eine Gummilippe zum Boden hin ab. Innerhalb weniger Minuten ist die Tür völlig abgedichtet. Und damit niemand die Schrauben mutwillig lockern kann, erhalten sie noch eine Abdeckung, die mit einem Schloss gesichert ist.

Für Andreas Schubert ist der Aufbau kein Problem mehr. Er hat die Barriere schon öfter zusammengeschraubt. Zum einen, damit er Übung darin bekommt, zum anderen, damit immer klar ist, dass das Material noch funktioniert. Und zum dritten, weil der Pegel der Murr in den vergangenen Jahren schon viermal einen Stand erreicht hat, dass sich der Hausherr ohne Absicherung nicht mehr wohlgefühlt hat. „Lieber einmal zu viel aufgebaut, als wieder Wasser im Keller“, lautet das Credo des 59-Jährigen, der dank der umfassenden Eigenvorsorge nun wieder ruhig schlafen kann.

Aufgrund der Barriere könnte das Hochwasser in der Backnanger Innenstadt sogar noch 15 Zentimeter höher ausfallen als bei der schlimmen Flut im Jahr 2011 - und das Haus bliebe dennoch trocken. Damit dies wirklich der Fall ist, reicht der Schutz der Eingangstür allein nicht aus. So wurde zum Beispiel auch ein automatischer elektrischer Rückstauschutz eingebaut. Und an einer Öffnung des Gebäudes im Keller gar ein Druckschott, das einem U-Boot zur Ehre gereichen würde.

Früher war die Öffnung eine Tür zu einem Schacht, in dem sich das Wasser aus der Drainage beziehungsweise das Grundwasser sammeln konnte. Es wurde „mittels zweier Pümpelchen“ in die Kanalisation geleitet. Die Tür ist nicht mehr, heute existiert dort nur ein Fenster mit dem besagten Schott. Der untere Teil der Öffnung wurde mit Beton verschlossen. Und die mickrigen Pumpen wurden gegen zwei Hochleistungspumpen ersetzt. Doch auch die nutzen wenig, wenn – wie im Jahr 2011 passiert – im gesamten Gebiet der Strom ausfällt. Auch dafür hat Schubert vorgesorgt. Ein Notstromaggregat steht bereit, das direkt mit dem Stromnetz des Hauses verbunden werden kann. So laufen die Pumpen weiter und es gibt weiter Licht im Haus und Strom für alles, was in solchen Fällen nötig ist.

Corina Schubert sagt: „Manch einem scheint das jetzt etwas übertrieben zu sein. Das ist es aber nicht, wenn man die persönlichen Konsequenzen betrachtet. Die Verhältnisse nach dem Hochwasser waren so schlimm, dass ein Bekannter über uns gesagt hat, wir seien traumatisiert gewesen.“ Und ihr Mann fügt hinzu: „Es geht nicht nur um das Wasser im Keller, das ist nach ein, zwei Tagen wieder weg. Viel schlimmer ist der Stress in den vier bis sechs Monaten danach. Zuerst das Aus- und Aufräumen. Sie wissen zuerst gar nicht, wo anfangen. Im Keller bleibt Schlamm und Dreck zurück, das kann sich niemand vorstellen.“ Dann folgen die Trocknung und der Stress mit den Handwerkern und den Mietern. Für das Ehepaar Schubert steht fest: „Man kann und muss selbst Verantwortung übernehmen und darf nicht glauben, die Stadt oder andere werden sich um den individuellen Hochwasserschutz kümmern.“

 

Die Investitionen summieren sich   auf ungefähr 40 000 Euro

 

So hat Andreas Schubert eine Pegel-App auf seinem Smartphone. Sie gibt Signal, wenn der Pegel der Murr in Oppenweiler einen bestimmten Wert überschreitet. Dann kontrollieren die beiden den Wasserstand der Murr beim Biegel. „Und ab einer bestimmten Höhe bauen wir die Barriere auf“, so Schubert. Etwa 40 000 Euro haben die beiden investiert. Auch in die Heizung, die einst im Keller abgesoffen ist. Sie wurde eine Etage höher verlegt.

All die Eigenschutzmaßnahmen waren wohl auch der Grund, weshalb die Versicherung, die den Schaden komplett bezahlt hat, weiter mitspielt. „Selbstverständlich ist dies nicht, sie hätte auch vom außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen können“, so Schubert. Aber die Hausherren haben auch schon vor dem Hochwasser jedes Jahr wegen der Nähe zur Murr einen 40-prozentigen Risikoaufschlag auf die Police bezahlt. Und sie haben bei der Abrechnung des Schadens die 873 Euro abgezogen, die es als Landeshilfe gegeben hatte. Ein feiner Zug, der beim Versicherer sehr wohl registriert wurde. Zumal andere Betroffene offensichtlich vergessen hatten, diesen Betrag von ihrer Schadenshöhe abzuziehen.

Das Hochwasser vom 13. Januar 2011 hat sich bei Corina und Andreas Schubert tief ins Gedächtnis eingebrannt. Der Keller ihres Hauses in der Grabenstraße in Backnang lief an diesem Tag komplett voll. Am Ende stand das Wasser sogar im Erdgeschoss mehr als knietief. Der Sachschaden summierte sich auf 130 000 Euro. Heute können die beiden beruhigt dem nächsten Hochwasser entgegensehen, sie haben technisch aufgerüstet und vorgesorgt.

Die Schutzvorkehrung, die man auch von außen sehen kann,

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