Das Sängerheim Stetten wird schließen, der Weinbergtreff Knauer muss raus: Was plant die Gemeinde?

Schlechte Nachrichten für alle Wanderer: Eine Einkehr im Stettener Sängerheim ist im kommenden Jahr voraussichtlich nicht mehr möglich. Denn der Erbbaupachtvertrag der Gemeinde mit dem Gesangverein Frohsinn wird wohl schon aufgelöst, bevor er Ende 2021 ausläuft. Wirt Markus Knauer, der hier seit circa zehn Jahren seinen Weinbergtreff betreibt, plant höchstens bis zum Jahresende. War’s das mit Gastronomie in herrlicher Lage? Vermutlich nicht. Fest steht aber: Bevor das Sängerheim in der Verantwortung der Gemeinde als Restaurant weiterbetrieben wird, soll es für umfangreiche Baumaßnahmen geschlossen werden. Im Rathaus laufen erste Gespräche, die Gerüchteküche brodelt.
Ursprünglich sollte das Sängerheim zum Gartenschau-Highlight werden
Das Sängerheim ist seit Jahren ein kommunalpolitisches Streitthema: Der ehemalige Bürgermeister Stefan Altenberger wollte es mit Hilfe einer Finanzspritze für den Eigentümer, den Gesangverein Frohsinn, sanieren lassen und mit einem „grünen Klassenzimmer“ zum Gartenschau-Highlight machen. Er scheiterte mehrfach, auch an rechtlichen Bedenken, überzeugte den Gemeinderat dann doch – und bekam schließlich die Absage des Vereins, der sich nun nicht mehr an das Projekt wagte. Zur Remstal-Gartenschau wurde es deshalb still um das Idyll, die Highlights setzte Kernen anderswo. Dann wurde Altenberger abgewählt, und Roger Wenz, der Vorsitzende des Gesangvereins, informierte den neuen Bürgermeister, Benedikt Paulowitsch, dass der Frohsinn den Erbbaupachtvertrag nicht über das Jahr 2021 hinaus verlängern wird. Was bedeutet das?
Gemeinde wird Sängerheim nicht in diesem Zustand weiterverpachten
Sobald der Vertrag ausläuft oder aufgelöst wird, fällt das Grundstück an die Gemeinde zurück. Kernen muss dem Frohsinn dann eine Entschädigung für „vorhandene Bauwerke und Anlagen“ zahlen, wenn diese „wirtschaftlich verwertet werden können“, wie es in einer Gemeinderatsvorlage im Mai geschrieben stand. Andernfalls müsste der Frohsinn das Sängerheim theoretisch abreißen lassen.
So weit wird es nicht kommen. Allerdings macht Bürgermeister Benedikt Paulowitsch gegenüber unserer Zeitung klar, dass die Gemeinde das Sängerheim nicht einfach weiterverpachten wird. Denn nach der aktuellen Einschätzung der Verwaltung gehen die Bauarbeiten, die am Sängerheim notwendig werden, deutlich über die Sanierungspläne aus den Jahren vor der Gartenschau hinaus. Es gibt auch Sicherheitsbedenken. Dass Markus Knauer seinen Weinbergtreff parallel zu den wie auch immer gearteten Bauarbeiten weiterbetreibt, sei ausgeschlossen, heißt es aus dem Rathaus. Zumal die Gemeinde abhängig vom Landratsamt ist, das schlussendlich darüber entscheiden wird, was die Kernener so nah am Waldrand überhaupt realisieren dürfen.
Zur Erinnerung: Die sanierungsbedürftige „Pergola“, die oft im Fokus der Diskussion steht, ist eigentlich gar keine Pergola, sondern ein weitestgehend geschlossener Anbau ans Hauptgebäude, der nie genehmigt wurde. Seit einem halben Jahrhundert wird diese Erweiterung, in der schon zahlreiche Kernener Geburtstag gefeiert haben, von der Baurechtsbehörde im Landratsamt lediglich geduldet.
In Stetten machen jetzt Gerüchte die Runde, die Verwaltung wolle die Pergola abreißen lassen und der Gastronomie dort oben ein Ende bereiten.
Paulowitsch: Lage ist "prädestiniert für Gastronomie"
Dem widerspricht Benedikt Paulowitsch im Gespräch mit unserer Zeitung: „Ich halte die Lage dort oben für prädestiniert für Gastronomie“, betont der Rathauschef. Es sei das erklärte Ziel, „dass dort oben weiterhin eine gastronomische Nutzung möglich ist“. Ob nun mit grundsanierter Pergola, einem möglichen Neubau oder als Minimallösung ganz ohne den Anbau. Paulowitsch weiter: „Ich habe Interesse daran, das Sängerheim frühzeitig in den Besitz der Gemeinde zu bekommen, damit wir handlungsfähig sind.“ Er könne aber erst in Kaufverhandlungen mit dem Gesangverein Frohsinn eintreten, „wenn wir die künftige Nutzung genau wissen, weil sich danach das Wertgutachten richtet“.
Schon jetzt führe die Gemeinde Gespräche mit Architekten und möglichen Investoren, um eine Bauvoranfrage beim Landratsamt vorzubereiten.
Der Sängerheim-Wirt Markus Knauer sei von der Gemeinde frühzeitig darüber informiert worden, dass das Sängerheim früher oder später schließen muss, sagt Paulowitsch. Markus Knauer hatte unserer Zeitung gegenüber schon Ende Mai angekündigt, sich bereits nach einem neuen Lokal umzuschauen. Damals war er aber noch von einer Schonfrist von eineinhalb Jahren ausgegangen. Dass die Gemeinde den Pachtvertrag schon vor dem Jahresende 2021 auflösen will, habe ihn überrascht, sagt er unserer Zeitung heute.
Wann der Erbbaupachtvertrag aufgelöst wird, ist noch ungewiss
Wann denn nun tatsächlich Schluss sein soll, darüber herrscht einige Verwirrung. Sowohl Knauer als auch Roger Wenz, der Vorsitzende des Gesangvereins, sind am Dienstag noch davon ausgegangen, dass der Pachtvertrag mit dem Frohsinn schon zum Jahresende 2020 aufgelöst wird. Bürgermeister Benedikt Paulowitsch spricht von einem Missverständnis: Wann das Grundstück an die Gemeinde zurückfalle, stehe noch nicht endgültig fest.
Markus Knauer sagt: „Raus müssen wir, das ist Fakt. Wir werden versuchen, den Betrieb zum Jahresende aufrechtzuerhalten.“ Ob das gelingt, hänge davon ab, ob das Landratsamt ihm die Außengastronomie weiterhin genehmigt. Momentan findet die Bewirtung wegen der Corona-Krise in Pagodenzelten vor dem Sängerheim statt. „Drinnen kriegen wir nur 20 Personen rein mit den Abstandsregeln“, sagt Knauer.
Markus Knauer: Mehrere Optionen für den Gastronomen
Wie steht der Gastronom zur Einschätzung der Gemeinde, dass die Gaststätte vorübergehend schließen muss, damit sie nachhaltig weiterbetrieben werden kann? Markus Knauers Antwort: „Wenn man Lösungen finden will, kann man Lösungen finden.“
Um seine persönliche Zukunft macht er sich indes keine allzu großen Sorgen. Es hätten sich schon mehrere Optionen ergeben. Eine Entscheidung werde in den kommenden zwei bis vier Wochen getroffen. Zumindest das Kapitel „Knauers Weinbergtreff“ ist aber bald beendet, das steht fest.