Weshalb Bürgermeister Andreas Schaffer sein Amt in Plüderhausen 2021 aufgibt

Als Andreas Schaffer Bürgermeister von Plüderhausen wurde, war Ronald Reagan US-Präsident, Michael Gorbatschow Generalsekretär der KPdSU, Franz Beckenbauer Trainer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und der Atari gerade der weltweit modernste PC. Seitdem sind 34 Jahre vergangen. Der 66-Jährige ist damit der dienstälteste Schultes im Kreis.
Jetzt hat er am Donnerstagabend in einer Gemeinderatssitzung seinen Rückzug im kommenden Jahr angekündigt. Er hält damit ein Versprechen, das er 2018 bei der Bürgermeisterwahl gab. Schaffer hatte damals angekündigt, nicht die volle Amtszeit Schultes bleiben zu wollen und nach etwa vier Jahren den Platz frei zu machen für seinen Nachfolger oder seine Nachfolgerin.
Im Juni oder Juli soll Schluss sein mit dem Bürgermeister-Amt
Aus den angekündigten vier werden jetzt gut drei Jahre. Wobei Schaffer wiederholt betont hat, die vier Jahre damals nur als grobe Zielmarke formuliert zu haben. Im Juni oder Juli kommenden Jahres möchte er jetzt in den Ruhestand gehen. Kommende Woche werde er bei Landrat Richard Sigel, seinem Dienstvorgesetzten, die Entlassung beantragen.
Die Entscheidung, 2018 noch einmal für eine fünfte Amtszeit zu kandidieren, hatte Schaffer sich damals gründlich überlegt. Letztlich aber hätten die vielen anstehenden Projekte, nicht zuletzt die Gartenschau, ihn dazu bewogen, noch einmal in den Ring zu steigen. Dass sich bereits vor zweieinhalb Jahren manche Bürger einen neuen Schultes wünschten, zeigte sich an den 68,3 Prozent der Stimmen, mit denen er wiedergewählt wurde – ein ordentliches, aber kein herausragendes Ergebnis angesichts der Tatsache, dass kein wirklich ernsthafter Konkurrent zur Wahl stand. Im Teilort Walkersbach erhielt er damals sogar lediglich 33,1 Prozent der Stimmen.
Schaffer wertete das Ergebnis damals insgesamt dennoch als „starkes Signal für mich, aber auch die Verwaltung“.
Schaffer will mehr Zeit für die Familie und seine drei Enkel
Zweieinhalb Jahre später haben sich bei dem Bürgermeister aber „die Gewichte ein Stück weit verlagert“, wie er auf unsere Nachfrage am Freitag mitteilt. Er nennt als Grund zum einen sein Alter: Wenn er im kommenden Jahr aufhört, wird der Schultes 67 Jahre alt sein. Und das spüre er. „Man braucht längere Regenerations-Zeiten.“ Und natürlich hat zum anderen auch seine Familie eine Rolle gespielt. Der Schultes hat inzwischen drei Enkel, einer davon wohnt in Konstanz, zwei in Mainz, „da bräuchten wir eigentlich mehr Zeit dafür“.
Die will sich Andreas Schaffer ab kommendem Sommer dann nehmen. Eine Entscheidung, die er unabhängig getroffen habe, wie überhaupt die Unabhängigkeit einst seine Motivation gewesen sei, Bürgermeister zu werden. Sein Umfeld habe diesen Schritt begrüßt, auch wenn manche es jetzt schade fänden, dass er tatsächlich gehe – und er immer noch jeden Tag gerne ins Rathaus komme.
Finanziell durchlebt Plüderhausen gerade schwierige Zeiten
Dass er die Kommune zu einem Zeitpunkt verlassen wird, an dem die Finanzlage alles andere als rosig ist, bedauert der 66-Jährige. Bereits vor anderthalb Jahren hat der Gemeinderat eine Haushaltssperre verhängt. Unerwartete Mehrkosten bei verschiedenen Investitionsprojekten, darunter auch solche für die Gartenschau, hatten die Gemeinde dann Ende 2019 noch stärker in finanzielle Schieflage gebracht.
Plüderhausen habe zwar immer knapp gehaushaltet und immer eine hohe Verschuldung gehabt, sagt Schaffer, „aber diese kurzfristige Krise, die hätte nicht sein müssen. Und das Schlimme ist, dass zu der Krise noch Corona kam.“ Der kommunalpolitische Handlungsspielraum ist gerade äußerst gering. In diesem Jahr hat eine Haushaltsstrukturkommission deshalb Sparvorschläge erarbeitet, und auch die Verwaltung hält gerade Maß.
Schaffer ist optimistisch, dass dieser strikte Sparkurs schon bald Früchte trägt. Und wird in den letzten Zügen seiner Amtszeit und mit Blick auf das, was nicht so glatt lief, sogar ein wenig philosophisch. Er sagt: „Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden“.
Jensen: Schaffer war ein guter Bürgermeister, aber jetzt ist Zeit für einen Wechsel
Claudia Jensen (FW-FD) war nicht überrascht von Schaffers Ankündigung. „Ich denke, das ist auch gut so. Wir sind gleich alt, und er hat ja jetzt Enkelkinder, das macht schon etwas aus.“ Sie findet: „Schaffer war ein guter Bürgermeister, aber es ist auch gut, wenn jetzt ein Wechsel kommt.“ Dass es für einen Nachfolger angesichts der klammen Kassen nicht leicht werde, sei klar. Aber „es gibt auch Chancen in Plüderhausen. Wir haben eine gute Substanz. Der Nachfolger hat also nicht nur Probleme zu lösen, wir haben viel geschaffen in den letzten Jahren.“ Plüderhausen habe sich in den Jahren unter Schaffer positiv verändert. Jensen ist daher zuversichtlich, dass ein geeigneter Kandidat gefunden wird – und will jetzt ihre Fühler ausstrecken.
Kelemen: Sein Nachfolger wird es nicht leicht haben
Klaus Harald Kelemen (SPD), der mit Schaffer gewiss nicht immer einer Meinung war, fallen auf Nachfrage eine ganze Reihe von positiven Dingen ein, die unter Schaffers Ägide geleistet wurden. „Es waren kreative Jahre. Es ist viel Gutes gelungen. Die Schule hat sich zu einem Campus entwickelt, der vorzeigbar ist. Wir haben bei der Gewerbeansiedlung viel machen können und konnten viele schöne Dinge entlang der Rems gestalten.“ Auch beim Thema Kinderbetreuung sei die Gemeinde „immer auf der Höhe der Zeit gewesen“. Es sei daher schade, dass man im Moment mit den Plätzen dem Bedarf hinterherhinke.
Schaffers Nachfolger werde es insgesamt erst mal nicht leicht haben. „Wir haben für die nächsten zwei Jahre keinen Gestaltungsspielraum.“ Dabei gebe es einiges zu tun: etwa Baugebiete zu entwickeln oder das Ladensterben zu verhindern. Die Ortsmitte ist aber für Kelemen das Thema, das der oder die nächste Bürgermeister/-in am dringendsten angehen sollte. „Wir brauchen eine Person, die bereit ist, gemeinsam mit der Bürgerschaft, dem Handel, Handwerk und der Vereinswelt die Lage im Ort zu analysieren und weiterzuentwickeln. Ein guter Moderator würde hier auf hohe Akzeptanz stoßen.“ Bürgermeister Schaffer wünsche er für die Zeit danach schon mal alles Gute. „Wir werden weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten.“
Wägner: Bei den großen Linien ist zuletzt wenig schiefgelaufen
Dass Schaffers Nachfolger keine saftig grüne Wiese, sondern eher einen gepflügten Acker übernimmt, so fasst GLU-Rat Erich Wägner die aktuelle Situation zusammen. Aber auch wenn die Finanzlage im Moment eher schwierig ist und im vergangenen Jahr Fehler passiert sind, sei man insgesamt nicht so schlecht gefahren. In den letzten zehn Jahren sei bei den großen Linien - etwa den Schulen und Kindergärten - nicht so viel schiefgelaufen. „Da hat sich einiges zum Positiven getan.“
Und auch über den Bürgermeister sagt Wägner nur Gutes: „Ich schätze Herrn Schaffer in seiner persönlichen Art hoch. Ich kam immer sehr gut mit ihm aus–politisch wie privat.“ Die Zusammenarbeit sei meistens offen und transparent gewesen. Aber nach so langer Amtszeit sei es jetzt auch Zeit für einen Wechsel. Die Grüne Liste Umwelt werde sich jetzt auf die Suche nach einem geeigneten Kandidaten machen. Wobei für Wägner Parteipolitik hierbei eher zweitrangig ist. Entscheidend sei vielmehr die Kompetenz. „Jemand mit Verwaltungserfahrung wäre wünschenswert.“
Sonderlich überrascht von Schaffers Ankündigung war Markus Proschka (CDU) nicht, aber er findet, dass sie nicht zum optimalen Zeitpunkt kam, „der wäre sicher früher gewesen“. Da sich an der finanziell angespannten Situation in den kommenden Jahren wohl nichts ändern werde, hält es Proschka aber für „nachvollziehbar, dass er jetzt in seinen verdienten Ruhestand geht. Ich schätze ihn. Wir sind zwar sicher nicht immer einer Meinung, haben aber ein gutes, ordentliches Verhältnis.“
Proschka: Kein Fiasko ohne geeigneten Kandidaten wie 2018
Schaffer habe viel geleistet für die Gemeinde, auch wenn die CDU-Fraktion bei finanziellen Fragen nicht immer einverstanden war und sich mehr Sparsamkeit gewünscht hätte. „Wir haben diese Auseinandersetzungen aber immer sachlich geführt.“ Jetzt einen geeigneten Kandidaten zu finden, hält Proschka wegen der klammen Kassen für schwierig. Er würde es begrüßen, wenn fraktionsübergreifend nach einem Bewerber Ausschau gehalten wird. „Sonst erleben wir ein Fiasko wie bei der letzten Wahl, wo es keinen geeigneten Kandidaten außer Schaffer gab.“ Für die CDU-Fraktion sei es wichtig, dass die Person Sachpolitik betreibe und offen mit den Fraktionen arbeite.
Schwieriger Wahlkampf in Zeiten der Corona-Pandemie
Die Wahl wird, je nach Dienstende, voraussichtlich im April oder Mai stattfinden. Schaffer hatte im Gemeinderat bereits gesagt, dass die Terminfindung wohl nicht ganz einfach wird. Im März steht die Landtagswahl an, im September vermutlich die Bundestagswahl und im Frühjahr viele Ferien und Feiertage. Spannend wird dann auch die Frage sein, wie ein solcher Wahlkampf unter Coronabedingungen ablaufen wird. Einen klassischen Wahlkampf mit großen Infoveranstaltungen wird es aller Voraussicht nach wegen der Corona-Pandemie nicht geben.
„Wann immer letzten Endes das Dienstende terminiert wird, ist noch offen“, so Schaffer. „Sicher ist, dass ich mich bis zum letzten Tag voll reinhängen werde und meinen Beitrag leisten will, eine gute Staffelübergabe an meinen Nachfolger oder meine Nachfolgerin zu bewerkstelligen.“