Rudersberg

Rudersberg will Fair-Trade-Kommune werden - was das bedeutet

Fair-Trade-Gemeinde
In Rudersberg soll es künftig mehr fair gehandelte Produkte zu kaufen geben. © ALEXANDRA PALMIZI

Im Welthandel ziehen die Menschen im globalen Süden häufig den Kürzeren. Vom Kilopreis, den Kunden in heimischen Supermärkten für Kaffee zahlen, bleiben zum Beispiel im Schnitt lediglich rund fünf Prozent bei den Landwirten hängen, die ihn anpflanzen. Die Hersteller stärker an den Umsätzen zu beteiligen und damit die Armut in den Herkunftsländern zu bekämpfen, ist daher der Grundgedanke hinter der Fair-Trade-Bewegung.

"Global denken, lokal handeln"

In Rudersberg soll diese nun verstärkt gefördert werden. Denn die Gemeinde möchte „Fair-Trade-Town“ werden. So hat es der Gemeinderat jüngst entschieden. Beantragt hatte diesen Beitritt zuvor die Fraktion der Rudersberger Bürger.

Rudolf Scharer, der gut drei Jahre lang als Klimamanager in der Gemeinde tätig war, erklärte in der letzten Gemeinderatssitzung vor seinem Ruhestand die Idee des Beitritts: „Es geht darum, faire Produkte zu etablieren, Werbung zu machen dafür, dass sie in Umlauf kommen, in der Gemeindeverwaltung und vielen anderen Bereichen.“ Dahinter verberge sich im Grunde der alte, aber immer noch gültige Spruch „Global denken, lokal handeln“.

Was für die Auszeichnung nötig ist

Um die Auszeichnung zu erhalten, müssten in den einheimischen Geschäften, Cafés und Restaurants mindestens zwei Produkte aus fairem Handel angeboten werden. Schulen, Vereine und kirchliche Einrichtungen sollen zudem über das Thema informieren und entsprechende Produkte verwenden. Ein wichtiger Punkt bei dem Weg zur Fair-Trade-Kommune sei die Steuerungsgruppe, die all diese Aktivitäten koordiniert. „Das ist ein gemeinsames Projekt von Verwaltung, Gemeinderat und Bürgerschaft“, so Scharer. Die Steuerungsgruppe solle dafür sorgen, dass viele in Rudersberg mitmachen. Die Aussichten seien gut: „Ich habe vorgefühlt und da fangen wir nicht bei null an.“

Bürgermeister Raimon Ahrens betonte: „Es kann nur funktionieren, wenn wir da eine aktive und engagierte Steuerungsgruppe dahinter haben.“ Diese müsse für die Sache Klinken putzen und Überzeugungsarbeit leisten. Ziel sei es, den Fair-Trade-Gedanken in die Gemeinde hinauszutragen – und damit auch auf die Einzelhändler und Gastronomen zuzugehen. Dass es bereits mehr als 800 solcher Kommunen gebe, darunter auch kleine Orte wie Weissach im Tal oder Winterbach, stimme ihn optimistisch, dass das auch hier gelingt.

Die Rückmeldungen im Gremium auf den Vorschlag fielen positiv aus. „Der Beitritt ist gar keine Frage“, meinte etwa Eberhard Layer (Freie Wähler). „Eine sehr gute Sache“, nannte das Jutta Herrmann (Rudersberger Bürger). Und Frank Bossert (SPD) konstatierte: „Wir sind uns in der Sache einig.“

„Das darf kein Papiertiger bleiben“

Kritische Nachfragen gab es aber durchaus. So mahnte Bernhard Dittl (Rudersberger Bürger), dass die Mitgliedschaft „kein Papiertiger“ bleiben dürfe. Und er bekannte: „Die Gemeinde hat schon so viele Mitgliedschaften, da verliere ich etwas den Überblick.“ Manchmal hapere es zudem daran, diese mit Leben zu füllen. „So viele sind es unterm Strich dann doch nicht“, entgegnete der Bürgermeister. Außerdem müsse man sehen, dass die Mitgliedschaften oft der Information und Vernetzung dienten, „auch wenn da aktiv nicht viel läuft“. Die meisten hätten aber einen „sehr großen Mehrwert“, versicherte Ahrens. Die Fair-Trade-Town-Mitgliedschaft sei außerdem kostenlos, wie er auf Nachfrage von Gemeinderat Rolf Kappler (CDU) mitteilte.

"Eine Frage der zukünftigen Lebensweise"

Wolfgang Bogusch, dessen Fraktion der Rudersberger Bürger den Beitritt beantragt hatte, meinte: „Wir brauchen uns da gar nicht so viele Sorgen zu machen. Der ein oder andere unserer Händler oder Gewerbetreibenden ist da schon weiter, als wir denken.“ Der Aufwand für den Weg zur Fair-Trade-Kommune werde seiner Ansicht nach daher auch nicht allzu groß sein. Und ans Gremium gewandt appellierte er: „Es steht uns gut an, wenn wir mit diesem Schritt zeigen: Wir wollen das unterstützen.“

Für seinen Fraktionskollegen Peter Höschele ist das Thema Fair Trade nicht weniger als „eine Frage der zukünftigen Lebensweise“. Schließlich basiere unser Wohlstand darauf, dass man anderswo Menschen ausbeute. Alexander Beck, ebenfalls von den Rudersberger Bürgern, sagte: „Die Diskussion hat mir eines gezeigt: Dass wir hier nicht nur ein Lippenbekenntnis abgeben wollen, sondern auch immer mal wieder abfragen: Was haben wir geleistet? Wo stehen wir? Und setzen wir es tatsächlich um?“

Die Mehrheit des Gemeinderats unterstützte schließlich den Beschluss, eine Fair-Trade-Kommune zu werden. Michael Heinrich und Felix Siegle (beide Freie Wähler) stimmten dagegen. Und der Bürgermeister versprach, die Gemeinde-Mitgliedschaften im Gremium noch einmal zu thematisieren.

Im Welthandel ziehen die Menschen im globalen Süden häufig den Kürzeren. Vom Kilopreis, den Kunden in heimischen Supermärkten für Kaffee zahlen, bleiben zum Beispiel im Schnitt lediglich rund fünf Prozent bei den Landwirten hängen, die ihn anpflanzen. Die Hersteller stärker an den Umsätzen zu beteiligen und damit die Armut in den Herkunftsländern zu bekämpfen, ist daher der Grundgedanke hinter der Fair-Trade-Bewegung.

"Global denken, lokal handeln"

In Rudersberg soll diese

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