Brunnenfest in Winterbach
Winterbach. Altes und Neues, Gewachsenes und Gewordenes – das Brunnenfest spiegelte immer wider, was in Winterbach los war. Auch heuer, in einer Gemeinde mit langer Geschichte und vielen Neubürgern, darunter ein Bürgermeister, der erstmals das Fest eröffnete – mit dem Urbanstrunk, wie es vor genau 40 Jahren einer seiner Vorgänger zum ersten Mal tat.
Schon die beiden Bühnen an Markt und Kirche sind zwei gegensätzliche Pole, die beiden Eckpfeiler des Festes, Tradition und Moderne: Auf der großen Festbühne spielen Bands und Musikvereine wie am Samstag die Trachtenkapelle zum Frühschoppen oder abends die Partyfürsten und die Engelberg-Big-Band sowie die Coverband Plug In am Sonntag. Dazu raucht und nebelt es wie bei Popkonzerten üblich. Etwas seitlich, unter der Kirche, ist Platz für die Winterbacher Bläsereien, ausschließlich Blechbläser, die eher Traditionelles im Programm haben. Außerdem gibt es noch eine weitere Brunnenfest-Bühne, geschuldet dem Winterbacher Status als (Hoch-)Kulturgemeinde und Zeugnis seiner kulturellen Vielfalt: die in der Kelter nämlich, wo am Sonntag ein Liederabend mit Zigeunermelodien stattfindet.
„Ein Magnet für unzählige Gäste aus nah und fern“
Ansonsten brummt die Ortsmitte mit unterschiedlichem Leben. Und mit Menschen, neben vielen „Winterbächern“, aus aller Herren Länder. Ist das Brunnenfest doch, so Bürgermeister Sven Müller bei der Eröffnung, „ein Magnet für unzählige Gäste aus nah und fern“, darunter diesmal auch drei seiner Vorgänger sowie Landrat Dr. Sigel und die Landtagsabgeordneten Petra Häffner und Claus Paal. Müller eröffnet erstmals das Fest, dessen erste Ausgabe in seinem Geburtsjahr stattfand, 1975.
Schultes Sven Müller leert den Krug unter johlendem Applaus
Im letzten Jahr war er im „Wahlkampfendspurt“, als Albrecht Ulrich den Urbanstrunk reichte. Diesmal tut er es, reicht den urigen Zinnbecher an die geehrten Maria Erd, Mitglied u.a. des Festausschusses, des DRK und VfL, und Helmut Göltz, 70 Jahre bei der Trachtenkapelle und 67 Jahre bei der Feuerwehr sowie Namensgeber der „Struvebrücke“ („Struve“ ist Göltz’ Spitzname). Beide leeren den Krug unter johlendem Applaus, schließlich tut es auch der Schultes – nicht ex, aber doch zügig. Und bekommt von Gemeinderätin Heidi Heiland Worte der Würdigung zu hören: Müller sei „vom ersten Moment als Bürgermeister mit vollem Elan im Amt“, vor allem in Bezug auf Projektpläne für die Gartenschau. Ein moderner Bürgermeister, der nach dem Trunk mit den Festgästen das „Winterbacher Heimatlied“ mitsingt, dabei den Blick in die Zukunft gerichtet hat - und die Hand am Urbansbecher, wie eine lange Reihe seiner Vorgänger vor ihm.
Ein „Ortsgeschichtlicher Rundgang“
Vor allem um die Vergangenheit geht es wohl den Teilnehmern eines „Ortsgeschichtlichen Rundganges“ mit Jürgen Rieger und Wilhelm Althaus vom Heimatverein. Man trifft sich beim Hotel am Engelberg, richtet zunächst den Blick auf Getreideäcker und Weinberge, die zwei Säulen Winterbacher Wohlbefindens, erfährt in der Kelter, neben der sich einst eine Drescherei befand, so manches über Verarbeitung der Lebens- und Genussmittel, ebenso wie an der Rems-Mühle, schaut auch im Weingut Ellwanger und bei der Bäckerei Stritzelberger vorbei, um zu hören, dass Winterbach einst zweitgrößte Weinbau-Gemeinde im Oberamt Schorndorf war, streift die Weinpresse und das Untere Backhaus, inspiziert ausgiebig die Michaelskirche und das Heimatmuseum und bekommt zum Finale ein Glas Schillerwein sowie selbst gebackenes Brot. Und die ganze Zeit zieht Wilhelm Althaus zur Anschauung einen Erntewagen mit sich.
Wünsche und Träume spiegeln sich in den Bildern Geflüchteter
Um Gegenwart und Zukunft geht es in der Ausstellung „Asyl ist Menschenrecht“ des Arbeitskreises Ankommen im Oberdorf 4. Seit gut einem Jahr bieten Oda Ferber, Jutta Hesse und Helmut Saling einen Kunst-Kurs für Geflüchtete an, zunächst in der Schule, dann im Hotel Engelberg. Jeden Mittwoch von 16 bis circa 19 Uhr malen dort kleine Kinder, das jüngste drei, und auch ein paar Erwachsene, was ihnen in den Sinn kommt oder manchmal nach Themenvorgaben. „Man sollte nicht überinterpretieren“, meint Oda Ferber zwar, aber manches Motiv der Exponate zeigt ganz konkret, zum Beispiel, Wünsche: ein Auto etwa. Zunächst sei ein dominierendes Motiv die Farbfolge Schwarz-Rot-Gold gewesen, ein Regenbogen etwa in den Nationalfarben. Aus Dank gegenüber den freundlichen Gastgebern. Doch das schwäche in letzter Zeit ab, so wie auch Kriegsdarstellungen. Wenngleich wohl zwei der eindringlichsten Exponate genau diese zeigen: Panzer, Gewehre, Blut, abstürzende Flugzeuge.
Bilder, die der Vergangenheit ebenso angehören wie der Gegenwart und wohl auch der Zukunft.
Montag ist Schluss
Heute endet das Fest mit einem großen Mittagessen in der Ortsmitte (Beginn 12.30 Uhr), dem Seniorentreff mit Monika Seibold am Marktplatz sowie Kaffee und Kuchen im Rathaus und einem Konzert der Coverband Jimmy and the Gang auf der Festbühne. Ab 14 Uhr 30 ist außerdem der Vergnügungspark für Kinder in der Schorndorfer Straße offen.