Erntedank-Essen – mal fair und lokal
Schorndorf. Wer gerne fair und in Gemeinschaft isst, lässt sich von ein paar Regenschauern nicht abhalten. Und so sammelten sich rund um die faire Mittagessenstafel, die sich am Erntedank-Sonntag über den Marktplatz erstreckte, richtig viele Gäste. Die bekamen zu einem warmen Magen noch reichlich Informationen über den fairen und nicht so fairen Handel kostenlos dazu.
Was könnte erntedankiger sein, als eine ordentliche, deftige Suppe? Richtig. Nichts. Und so gab’s gleich dreierlei Varianten, die Bäuche wärmen und Mägen füllen konnten: eine klassische Gemüsesuppe, die die evangelische Kirchengemeinde anbot, eine Kürbissuppe von der katholischen Kirchengemeinde und eine Linsensuppe mit Koriander und Nudeln, die’s bei einer von Ehrenamtlichen betreuten, syrischen Familie zu kosten gab. Überhaupt – eine syrische Linsensuppe – viel mehr kann man kulinarisch in Sachen Integration auf Schwäbisch kaum tun. Natürlich kamen alle Zutaten aus fairer Produktion – soweit verfügbar.
Problemfall - faires Obst: Im Laden kaum zu bekommen
Gerade diese Frage sorgte dafür, dass die Oberberkener Landfrauen sich an diesem Mittag auf Variationen vom Apfelkuchen konzentrieren. Schließlich ist faires Obst, abgesehen von Bananen, kaum zu bekommen. Und so steckten in jedem der leckeren Kuchen echte Oberberkener Äpfel, von Hand geerntet. Schautafeln neben ihrem Stand erläuterten die Produktionsbedingungen von anderen Früchten. Klar wird dabei auch: Wer nur faire Früchte essen möchte, muss auch verzichten. Zwar ist’s möglich, Bio-Papayas und Maracujas zu bekommen, wenn das Ganze dann aber auch noch fair sein soll, wird’s kompliziert – und in einer Kleinstadt wie Schorndorf kaum zu bekommen.
Rund 30 Prozent mehr für Biofleisch wäre fair
Zu den Landfrauen zieht ein deftiger Geruch hinüber. Sabine Czerny vom Köshof brät in einer riesigen Pfanne Speckscheiben und Eier für ein spätes Frühstück. Ob sie das Schwein kennt, das da nun in der Pfanne brutzelt? Die Köshöferin nickt und lächelt. Ob es einen Namen hatte? „Ja, das ist die Miss Piggy“, erklärt sie. 15 Monate alt wurde das Tier wie die meisten seiner Kollegen auf dem Welzheimer Biohof. Um ein Bioschwein handelt es sich. Ob sie sich denn nun auch fair bezahlt fühlt? Da zögert Sabine Czerny kurz. „Von meinen Kunden ja“, antwortet sie. Aber grundsätzlich sei auch im Biobereich der Fleischpreis zu niedrig, um von wirklich fairer Bezahlung sprechen zu können. „So 30 Prozent mehr“, schätzt sie, wären ein wirklich fairer Preis, und das obwohl der Preis für Biofleisch ohnehin schon höher liegt als jener von konventionell erzeugtem Fleisch. Trotzdem – sie fühlt sich richtig wohl mit ihrem Beruf.
Landfrauen locken mit Schnittlauchbroten
Die Radfahrer nebenan treten für fairen Umgang im Straßenverkehr ein. Hier gibt’s faire Kekse, nicht nur süß und salzig, sondern auch barrierefrei: neben ausgestochenen Radfahrern und Fußgängern gibt’s nämlich auch Rollstuhlfahrer in Keksform. Und noch viel mehr gibt’s zu entdecken. Die Landfrauen locken mit Schnittlauchbroten, der Kreis-Diakonieverband mit verschiedenen Brotaufstrichen, beim Eine-Welt-Laden El Mundo duftet fairer Kaffee. Schüler des Burggymnasiums mahlen Dinkelkörner zu Mehl, backen anschließend Fladenbrote daraus. Am Stand der Gruppe Streuobstwiesen der Lokalen Agenda gibt’s nicht nur leckere Waffeln in Herzform. Hier können Groß und Klein beobachten, wie Äpfel geraspelt und zu Saft gepresst werden.
Immerhin tritt die Lokale Agenda, die gemeinsam mit dem Arbeitskreis Faire Stadt die Faire Tafel veranstaltet hat, für den Erhalt der Streuobstwiesen ein. Dies, um die ökologische Vielfalt zu schützen. An Schulen können Kinder immer wieder mittels jener Handpresse erleben, wie die Äpfel zu Saft werden. Zusammen mit Migranten wird demnächst das entsprechende Obst aufgelesen.
Bewusstsein für den fairen Handel schaffen
Dieser Sonntagmittag jedenfalls soll, so Helmut Hess, Sprecher der Lokalen Agenda und Vorsitzender des Arbeitskreises Faire Stadt, der Information dienen. „Wir wollen auf Produkte aus dem fairen Handel und die Vielfalt der lokalen Angebote aufmerksam machen. Da war auch die Stadt Schorndorf mit im Boot: Vier Azubis, Erster Bürgermeister Edgar Hemmerich und Sigrid Maier-Rupp waren am Start, um stellvertretend fürs Rathaus ein Bewusstsein für den fairen Handel zu schaffen. Dafür sorgten im Übrigen auch rund 20 eindrückliche Videos, die nach dem Gottesdienst bis in den Nachmittag hinein in der Stadtkirche zu sehen waren.
Voller Erfolg
Helmut Hess, in dessen Person sich Lokale Agenda und Arbeitskreis Faire Stadt bündeln, erklärte tags drauf, dass alle Mitveranstalter sehr zufrieden waren. Etliche waren am Sonntagnachmittag sogar ausverkauft. Weder Gemüsesuppe noch Kuchen waren am Ende übrig.
„Der Vorteil des schlechten Wetters war, dass viele rund um die Stände stehen geblieben sind und man so viel besser ins Gespräch kam.“