Schorndorf

Frauen kreiden sexuelle Belästigung an

catcallsofschorndorf
Fälle verbaler Belästigung werden am Ort des Geschehens „angekreidet“. © Gabriel Habermann

„Hey Hübsche“, oder „Komm doch mal rüber“ – solche Sprüche gegenüber Frauen betrachtet mancher Mann als Kompliment. Frauen hingegen fühlen sich von dieser Art der Anmache in den allermeisten Fällen belästigt, und die genannten Beispiele sind vergleichsweise harmlos. „Catcalling“ ist englisch und heißt wörtlich übersetzt so viel wie Katzen-Rufen. Es bezeichnet sexuell anzügliches Verhalten, meist gegenüber Frauen, auf offener Straße. Die Gruppe „Catcalls of Schorndorf“ will auf diese Belästigungen aufmerksam machen und sie wortwörtlich ankreiden.

Erfahrungsberichte werden geteilt

Catcall-Initiativen gibt es auf der ganzen Welt. Ihren Ursprung haben sie in New York. „Ich habe einen Bericht darüber im Radio gehört. Meine Freundin Janny kannte das bereits und daraufhin haben wir kurzerhand unsere Gruppe gegründet“, sagt Gründerin Tania. Dazu mussten sie ein Bewerbungsvideo an einen Verband senden, der weltweit Initiativen gegen sexuelle Belästigung unter einem Dach vereint. Die Gruppe sammelt seitdem Geschichten von Erfahrungen solcher verbaler Übergriffe von Frauen aus Schorndorf und Umgebung oder bekommt diese zugeschickt. Am Ort des Geschehens schreiben sie dann mit bunter Kreide die Tathergänge oder Zitate auf den Boden.

Diese Ankreidungen teilen sie anonymisiert auf ihrer Instagram-Seite „catcallsofschorndorf“ im Internet. Zusätzlich wird alles in einem Buch dokumentiert. Ziel der Aktionen soll es sein, die Leute auf verbale Belästigungen aufmerksam zu machen. Janny sagt: „Ich hätte in meiner Jugend gerne gewusst, dass ich mir das nicht gefallen lassen muss. Deshalb wollen wir gerade bei jungen Menschen ein Bewusstsein dafür schaffen.“

Keine Komplimente

Wie Mitglied Lili schildert, war es selbst ganz am Anfang nicht schwer, an solche Erfahrungsberichte zu kommen. Allein im Bekanntenkreis hätten viele Frauen von Catcalling-Erfahrungen erzählt. Außerdem würden sich die Berichte von Frauen, die sich anonym an die Gruppe wenden, stetig häufen. Die Täter seien aus allen Alters- und Gesellschaftsschichten und im Übrigen nicht immer Männer. „Es gibt auch Fälle, in denen Frauen andere Frauen zum Objekt machen“, sagt Sally.

Viele Schorndorfer, die die Frauen beim Schreiben mit Kreide beobachten, würden Interesse und Verständnis zeigen. Trotzdem stoßen die Aktivistinnen immer wieder auf Kritik oder Relativierungen. „Es ist doch nicht schlimm, wenn ich einer Frau ein Kompliment mache“, heißt es dann oft. Einige Menschen würden jedoch nicht verstehen, dass es sich bei dieser Art der Belästigung nicht um Komplimente handle. „Bisher waren alle Fälle, die uns geschickt wurden, völlig indiskutabel“, sagt Janny. Denn Frauen, die sich anzügliche Kommentare anhören müssen, bekommen es in den meisten Fällen mit der Angst zu tun. Das habe zur Folge, dass sie bestimmte Routen und Wege meiden, und schränke im äußersten Fall ihre Bewegungsfreiheit ein.

Die Gruppe verwendet bei ihren Ankreidungen bewusst die vulgäre Sprache der Belästiger. Einige Kritiker halten ihnen deshalb immer wieder vor, nicht jugendfrei zu protestieren. „Die Probleme passieren auf der Straße, warum sollten wir das unter den Tisch kehren?“, begründet Lili und führt fort: „Wenn die Kinder die Worte verstehen, sind sie auch alt genug, um über sexuelle Belästigung zu reden.“ Der große Traum der Gruppe ist es, in ferner Zukunft Präventionsarbeit an Schulen zu leisten. Da das Catcalling in Deutschland, im Gegensatz zu anderen Ländern, nicht strafbar ist, sei es aktuell nur durch ein gesellschaftliches Umdenken zu bekämpfen. „Wir machen das zwar hauptsächlich für Mädels, aber auch für die nächste Generation Männer,“ sagt Tania.

„Hey Hübsche“, oder „Komm doch mal rüber“ – solche Sprüche gegenüber Frauen betrachtet mancher Mann als Kompliment. Frauen hingegen fühlen sich von dieser Art der Anmache in den allermeisten Fällen belästigt, und die genannten Beispiele sind vergleichsweise harmlos. „Catcalling“ ist englisch und heißt wörtlich übersetzt so viel wie Katzen-Rufen. Es bezeichnet sexuell anzügliches Verhalten, meist gegenüber Frauen, auf offener Straße. Die Gruppe „Catcalls of Schorndorf“ will auf diese

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