800 Strohballen in Beinstein angezündet
Stuttgart/Waiblingen. Ein 45-jähriger psychisch kranker Mann soll im Sommer ein Gewächshaus voller Strohballen in Beinstein angezündet haben. Seit Montag muss er sich vor dem Stuttgarter Landgericht verantworten.
Am späten Nachmittag des 7. September wird die Feuerwehr Waiblingen nach Beinstein gerufen. Dort brennt ein Gewächshaus, das als Lager für Strohballen genutzt wird. Rund 800 der mehr als 200 Kilogramm schweren Ballen stehen in Flammen. „Wenn Sie da ein Feuerzeug dranhalten, zieht das Feuer innerhalb von Sekunden nach oben“, sagt der Eigentümer der früheren Gärtnerei, ein Landwirt, der selbst lange Zeit bei der Feuerwehr war und genau beschreibt, wie der Brand abgelaufen ist. „Bis die Feuerwehr da war, hatte das Feuer bereits die letzte Reihe erreicht.“ Ein Sachschaden von rund 70 000 Euro entstand. Neben dem Stroh wurden mehrere Maschinen beschädigt. Der 49-jährige Landwirt hatte sofort den Sohn der früheren Eigentümer der Gärtnerei in Verdacht, der auf dem Gelände schon mehrmals Sachen verbrannt hatte. „Er hat es nicht akzeptiert, dass das Grundstück mir gehört. Er hat mich gefragt, was ich mit den Strohballen in seinem Gewächshaus vorhätte“, berichtet er der 18. Strafkammer, die zu entscheiden hat, ob der mutmaßliche Brandstifter dauerhaft in der Psychiatrie untergebracht werden soll.
Bereits drei Wochen vor dem Brand war der Landwirt zur Zielscheibe für den 45-Jährigen geworden, der zurzeit in der Psychiatrischen Klinik Weissenau untergebracht ist. Am 10. August war der Familienvater an einer Tankstelle in Beinstein damit beschäftigt gewesen, seinen Traktor zu betanken, als er den Beschuldigten daherkommen sah. Dieser war mehrmals beobachtet worden, wie er in den Gewächshäusern ein- und ausgegangen war.
Mehr als 100 000 Euro Kosten für die Beseitigung der Strohballenreste
„Ich habe zweimal gerufen, er solle mir den Schlüssel von einem Schlepper wiedergeben, den er dort mitgenommen hatte“, erzählt der 49-Jährige. „Darauf blies er mir und meinen Kindern völlig unvermittelt Reizgas ins Gesicht.“ Seine damals zweijährige Tochter bekam das Gas mitten ins Gesicht. „Sie hat geschrien wie am Spieß“, sagt ihr Vater, den das Reizgas „plattgemacht“ habe. Seine fünfjährige Tochter wurde am Kinn und am Oberkörper getroffen. Erst am nächsten Tag sei die Wirkung völlig abgeklungen. „Ich habe am selben Tag Anzeige bei der Polizei erstattet und gesagt, dass er mir noch das Haus anzünden wird, wenn niemand eingreift.“ Die Polizisten hätten ihm jedoch gesagt, sie könnten nichts machen. Zwar sagt die Vorsitzende Richterin, die Polizei habe getan, was sie konnte, doch fragt der Familienvater zu Recht, warum der Beschuldigte nach dem Vorfall nicht besser beaufsichtigt worden sei. Seine Kinder hätten bis heute Angst. Wegen des Brandes müsse er noch immer mit der Versicherung streiten. Die Beseitigung der Strohballenreste koste laut Berechnungen von Spezialfirmen mehr als 100 000 Euro. Die Versicherung wolle aber nur 20 000 Euro bezahlen.
Der Beschuldigte will vor dem Landgericht zu den Vorwürfen nichts sagen, nur zu seinem Lebenslauf. Doch die Schilderungen sprechen für sich: Er habe nach der Ausbildung zum Gärtner studiert, dabei diplomatische Immunität erhalten und als Botschafter gearbeitet. Er verstehe nicht, wie sich jemand anmaßen könne, ihm Handschellen anzulegen. Seine Eltern hätten für ihn gearbeitet, die Gärtnerei gehöre ihm. Tatsächlich war diese aber durch einen Grundstückstausch an den Landwirt übertragen worden.