Waiblingen

Belästigung im Freibad: Ermittlungen laufen

Freibad Waiblingen_0
© Alexander Roth

Murrhardt/Waiblingen. Eine 14-Jährige hat bei der Polizei einen Fall von sexueller Belästigung angezeigt. Ein Mann habe sie am Sonntag im Waiblinger Freibad mehrfach unsittlich berührt. Der Beschuldigte, ein 53-jähriger Afghane, konnte noch nicht gehört werden; er liegt im Krankenhaus. Es haben sich nach einem Aufruf der Polizei keine weiteren Betroffenen gemeldet.

Zum Aufenthaltsstatus des Beschuldigten, der nach dem Vorfall dem Vernehmen nach ins Krankenhaus gebracht werden musste, kann die Polizei momentan noch keine Auskunft geben.

Der Fall erinnert an eine ähnliche Meldung, die allerdings schon fast zwei Jahre alt ist: Im August 2016 wurde ein damals 23-jähriger afghanischer Asylbewerber angezeigt, weil er im Murrhardter Freibad ein zwölfjähriges Mädchen begrapscht haben soll. Nachfrage bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart, was aus der Anzeige geworden ist: Auf die Schnelle ist dort dazu keine Auskunft zu erhalten. Die zuständigen Abteilungen haben viele Fälle von Verstößen gegen die sexuelle Selbstbestimmung zu bearbeiten. Eine Recherche zu diesem Spezialfall nähme einiges an Zeit in Anspruch.

Fälle werden "nicht so häufig" angezeigt

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft zitiert eine leitende Juristin. Ihrer Einschätzung nach werden solche Fälle „nicht so häufig“ angezeigt. Die Staatsanwaltschaft kann sich in Fällen wie diesen nur dann um die Bestrafung von sexueller Belästigung kümmern, wenn das Opfer Anzeige erstattet. Vermutlich geschehen ungezählte Belästigungen, sei es im Freibad, in der Schule oder am Arbeitsplatz – und die Opfer, überwiegend sind das Frauen, nehmen das schweigend hin.

Seit September 2017 gilt sexuelle Belästigung als eigener Straftatbestand. Laut Polizeipressesprecher Rudolf Biehlmaier vom Polizeipräsidium Aalen, zu welchem der Rems-Murr-Kreis gehört, haben es die Beamten mit circa zwei Anzeigen im Monat wegen sexueller Belästigung zu tun.

Die Lage im Rems-Murr-Kreis

In ihrer Jahresstatistik erfasst die Polizei solche Fälle unter der Überschrift „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“. Bezogen aufs gesamte Präsidiumsgebiet, also den Rems-Murr- und den Ostalbkreis sowie Schwäbisch Hall, befasste sich die Polizei 2017 mit 96 Fällen sexueller Belästigung. Die Zahl aller Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung ist im vergangenen Jahr auf 522 (Vorjahr: 373) Fälle gestiegen. Der starke Anstieg hat auch damit zu tun, dass sexuelle Belästigung überhaupt erst seit 2017 in die Statistik einfließt, weil Grapschen vorher gar nicht strafbar war. Vor diesem Hintergrund bewertet Rudolf Biehlmaier die gestiegene Zahl als „leichte Zunahme“ der Straftaten in diesem Bereich. Im öffentlichen Raum von Fremden begrapscht zu werden, komme nach wie vor relativ selten vor. Der weitaus größere Teil sexueller Übergriffe geschieht innerhalb der Familie und im Bekanntenkreis.

Den Opfern nützt die Statistik rein gar nichts. Sexuelle Belästigung kann schwere Folgen nach sich ziehen, etwa wenn Betroffene sich nicht mehr ins Freibad trauen oder junge Mädchen sich nicht mehr unbefangen in der Öffentlichkeit bewegen können, aus Angst, ihnen widerfährt so etwas noch einmal.


Freiheitsstrafe oder Geldstrafe

Sexuelle Belästigung gilt noch nicht sehr lange als eigener Straftatbestand. Im November 2016 ist sexuelle Belästigung mit körperlicher Berührung strafbar geworden. Damals trat der Paragraf 184i des Strafgesetzbuches in Kraft. Dort heißt es unter anderem: „Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.“ – „In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.“

In den Medien ist die neue Regelung oft als „Paragraf gegen Grapscher“ bezeichnet worden. Die Vorschrift ist nach den Vorkommnissen in der Silvesternacht 2015/2016 in Köln entstanden. Damals war es zu massiven Übergriffen gegen Frauen gekommen.

Vor November 2016 war eine sexuelle Belästigung nur in besonderen Fällen als Beleidigung (mit sexuellem Hintergrund) strafbar. Die Rechtsgrundlage dazu ist der Paragraf 185 des Strafgesetzbuches.